Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet RENÉ

(getauft am 15.04.2019)

 

Im Bereich der Kaltfront eines Sturmtiefs zwischen Grönland und Island bildete sich Mitte April eine Wellenstörung bei den Azoren aus, die zu einem Tiefdruckgebiet heranreifte. Anhand der Prognosekarte vom 15.04.2019 um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, wurde diese Zyklone auf den Namen RENÉ getauft.

Zu diesem Zeitpunkt lag der Kern des Tiefs mit einem Druck von etwa 994 hPa über dem nordwestlichen Atlantik rund 700 km südwestlich von Irland. Die kurze Warmfront verlief vom Zentrum nordostwärts bis zur Südwestspitze Irlands. Die sehr lange bogenförmige Kaltfront lag über dem westlichen und nördlichen Atlantik in der Nähe der Kanaren und der Insel Madeira. Westlich der Kanaren war die Kaltfront nur in der Höhe ausgeprägt, was bedeutete, dass die kühlere Luftmasse nicht bis zum Boden reichte. Der meiste Regen entlang dieser Front fiel in der spanischen Region Galicien. Im 12-stündigen Zeitraum bis 08 Uhr MESZ regnete es in Lugo 3,6 l/m², 5,4 l/m² an der Station Vimianzo-Castrelo oder 6,3 l/m² in Santiago de Compostela. Vor der Passage der Kaltfront stieg die Lufttemperatur auf bis zu 26,7°C in Ciudad Real und 27,1°C in Córdoba. Mit dem Heranführen erwärmter subpolarer Luft waren es nur 18,8°C im portugiesischen Castelo Branco, 17,0°C in Porto oder 16,5°C in A Coruña.

Bis zum nächsten Tag zog der Kern, der nun den Namen RENÉ I trug und einem Kerndruck von circa 988 hPa aufwies, nordwärts und lag um 02 Uhr MESZ westlich von Schottland. Über der Normandie hatte sich entlang der Kaltfront ein weiterer Kern, RENÉ II, mit einem minimalen Druck von ungefähr 1013 hPa gebildet. Die beiden Tiefdrucksysteme verband eine Okklusion, die sich von Limoges nach Nordwesten bis nach Nordirland erstreckte und sich dann über dem Atlantik im Bereich des Zentrums des Tiefdruckgebietes RENÉ I eindrehte. Eine Okklusion beschreibt dabei eine Mischfront, welche die Eigenschaften von Warm-und Kaltfront vereint und durch die Vereinigung beider entsteht. Vom Okklusionspunkt, dem Punkt an dem sich Warm- und Kaltfront beginnen zu vereinigen, im Süden Frankreichs verlief die Warmfront über die Balearen bis über den Nordosten Algeriens, wo sich eine andere Kaltfront anschloss. Die bogenförmige Kaltfront lag über dem östlichen Teil der Pyrenäen, der Ostküste Spaniens und den nördlichen Ausläufern des Atlas-Gebirges. Dort ging sie in eine Warmfront über. An dieser Kaltfront schob sich die kalte Luftmasse unter die davorliegende Warmluft. Am heftigsten regnete es dabei im Zusammenhang mit der zusätzlichen Hebung an den Bergen am Südhang der Pyrenäen. In der bereits erwähnten Zeitspanne 12-stündig bis 08 Uhr MESZ kamen so 20 l/m² in Pamplona und 23,4 l/m² in Valcarlos zusammen. Entlang der Mischfront über Westeuropa regnete es zum Beispiel in der selben Zeit 6 l/m² in Nevers, Frankreich, 10 l/m² in Liscombe in Cornwall oder ebenfalls 6 l/m² im nordirischen Ballypatrick. Dazu lag die Maximaltemperatur dieses Tages zwischen 9,6°C in Dublin und 13,5°C in Paris in der kühleren Luftmasse östlich der Okklusion sowie zwischen 15,4°C in Brest und 20,3°C in Bordeaux, wo wärmere Luft einströmte.

Unter leichter Abschwächung verlagerte sich der Tiefdruckkomplex RENÉ I-RENÉ II bis zum 17.04.19 um 02 Uhr MESZ in nördlich bis nordöstlicher Richtung. Der Kern des Teiltiefs RENÉ I befand sich nun zwischen Island und Grönland mit einem Druck von rund 989 hPa. Das Zentrum der Zyklone RENÉ II lag unweit der Straße von Dover, wo ein Luftdruck von knapp 1019 hPa herrschte. Die verbindende Okklusion, an der die warme Luft komplett vom Boden gehoben wurde und es zu Niederschlagsprozessen kam, verlief von der Dänemarkstraße zwischen Grönland und Island über den Norden Islands und weiter südwärts bis nach Nordirland, dann nach Südosten über den Süden Englands bis nach Belgien und anschließend im Bogen über die Vogesen und die Westalpen bis zum Mittelmeer vor Südfrankreich. Den meisten Niederschlag produzierte diese Front zum einen in Island, wo beispielsweise 4,9 l/m² in Bíldudalur und 9,2 l/m² in Ölkelduháls bei Reykjavik in 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ gemessen wurden und zum anderen in Südwestdeutschland mit 6,2 l/m² in Andernach, 5,5 l/m² in Weiskirchen/Saar oder 5,7 l/m² in Todtmoos. Die Höchstwerte lagen zwischen 12,6°C in Cork, 16,1°C in Lille, 19,0°C in Straßburg und 22,7°C in Mailand.

Mit der Verstärkung des Hochdruckgebietes KATHARINA über Skandinavien verlor der Tiefdruckkomplex RENÉ in der folgenden Zeit weiter an Kraft, weshalb er nicht mehr mit Namen auf der Berliner Wetterkarte vermerkt wurde.