Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
RICHARD
(getauft
am 16.05.2011)
Am 14.05. befand sich über der
Labrador-Halbinsel Nordamerikas ein schwaches Tiefdruckgebiet, welches sich in
den folgenden Tagen entlang des Starkwindbandes in einer Höhe von rund 7000 m, dem
so genannten Jetstream, rasch über den Nordatlantik ostwärts bewegte. Als das
Tief am Morgen des 16.05. den Atlantik 100 km östlich von Neufundland
erreichte, wurde es auf den Namen RICHARD getauft.
Noch am selben Tag verstärkte sich das Tief
in seinem Zentrum von 1005 hPa auf 990 hPa und verwirbelte dabei so stark, dass
Warm- und Kaltfront bereits begannen zu okkludieren, also eine Mischfront auszubilden. Am 17.05.,
als der Wirbel RICHARD die Südküste Islands streifte, erreichten die noch nicht
okkludierten Teile der Fronten schließlich die Britischen Inseln und die
Nordsee. Dabei verstärkte sich auf der Vorderseite des Tiefs die Zufuhr von subtropischer
Warmluft nach Deutschland. Am französischen Mittelmeer wurden an diesem Tag
bereits 28°C gemessen (Orange, Carcassonne), in den Niederungen von
Rheinland-Pfalz 24°C (Bad Kreuznach). Bis zum 18.05. hatte sich das Tief RICHARD
kaum weiter nach Osten verlagert. Während der Kern, welcher noch immer einen
minimalen Druck von 990 hPa aufwies, nördlich der Shetlandinseln verharrte,
überquerten die Fronten nun den Süden Skandinaviens. Dabei erreichte die
Kaltfront am Morgen des 19.05. den Nordwesten Deutschlands mit Wolkenfeldern
und geringem Regen. Die anhaltende Zufuhr von Warmluft aus dem Südwesten führte
derweil im übrigen Deutschland zu einer weiteren Erwärmung, die am 18.05. von
Baden-Württemberg bis nach Sachsen-Anhalt Maxima von 25 bis 27°C mit sich
brachte. Im Laufedes 19.05 bewegte sich das Zentrum der Zyklone RICHARD rasch
über ganz Skandinavien bis zur Halbinsel Kola und schwächte sich dabei auf 1000
hPa ab. Die gut ausgeprägte Kaltfront reichte immer noch bis nach Nordwestdeutschland,
wo sie aber im Bereich des neu entstandenen Hochs YASMINA nur langsam nach
Südosten vorankam. Mit dieser Luftmassengrenze kam es auch zu einer erheblichen
Vergrößerung der thermischen Gegensätze. So wurden an der Nordsee bei Seewind
nur 12 bis 15°C gemessen, im Süden und Osten Deutschlands dagegen erneut
verbreitet über 25°C. Mit der anhaltenden Erwärmung war auch eine zunehmende
Instabilität der subtropischen Luftmasse verbunden, so dass sich mit Ausnahme
des Nordwestens über ganz Deutschland erste Schauer und Gewitter ausbilden
konnten. Diese waren jedoch lokal begrenzt und brachten meist nur geringen
Niederschlag, lediglich über Bayern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin gab
es an einigen Stationen Starkregen, so z.B. mit 27 mm in Berlin-Rudow. Am
20.05. verlagerte sich das Tief RICHARD entlang der russischen Eismeerküste
weiter in Richtung Nordural. Über Deutschland entwickelten sich an diesem Tag
wieder Gewitter, die örtlich mit Starkregen einhergingen. In
Trollenhagen/Vorpommern wurden z.B. 36 mm Niederschlag innerhalb weniger
Stunden registriert. Der inzwischen stark abgeschwächte Tiefdruckwirbel RICHARD
entfernte sich am 21.05. weiter nach Westsibirien und zog schließlich am 22.05.
Richtung Osten aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte ab, so dass über
Mitteleuropa kein weiteres Wettergeschehen mehr mit ihm in Verbindung gebracht
werden konnte.
Geschrieben am 21.06.2011 von R. Löwenherz
Wetterkarte: 18.05. 2011
Pate: Richard Wensing