Lebensgeschichte

 

 Tiefdruckgebiet ROBERT

(getauft am 13.06.2021)

 

Am 13. Juni 2021 wurde ein Tiefdruckgebiet über dem Nordatlantik auf den Namen ROBERT getauft. Es befand sich zum Zeitpunkt der Taufe mit einem Kerndruck von unter 995 hPa südwestlich von Island und ostsüdöstlich der Südspitze von Grönland. Das Tiefdruckgebiet ROBERT entwickelte sich im Zusammenhang mit einem Höhentief, das an ähnlicher Stelle im 500-hPa-Niveau, was etwa 5,5 km Höhe entspricht, auf der Höhenwetterkarte der Berliner Wetterkarte gut zu erkennen war. Vom Zentrum des Wirbels ROBERT ging eine Okklusionsfront, also eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, in einem weiten Bogen zunächst nach Nordosten bis Osten aus, um vor der Südküste Islands mehr auf Südost zu schwenken und am Okklusionspunkt vor dem Nordwesten Schottlands zu enden. Dort trafen eine Warmfront und eine Kaltfront wie bei einem Reißverschluss zusammen. Die Warmfront verlief über den Osten Großbritanniens sowie die anschließende Nordseeküste bis nach Südostengland an den Ärmelkanal. Die Kaltfront folgte westlich der Britischen Inseln, tangierte fast den Nordwesten Irlands und verlief in südwestlicher bis westlicher Richtung bis etwa zum halbem Weg zwischen Irland und den zu Portugal gehörenden Azoren, wo sie in eine Warmfront eines unbenannten Tiefdruckgebietes überging, das sich zwischen den Azoren und der ostkanadischen Insel Neufundland befand. Auf Island brachte das Tiefdruckgebiet ROBERT vormittags gelegentlich Niederschlag, der im Nordosten teils bis in tiefe Lagen als Schnee fiel, während mitunter bei gleicher Temperatur weiter südlich Regen registriert wurde. Ein Beispiel für eine Wetterstation mit Schneefall war mittags Vopnafjörður in 48 m Höhe bei 3°C, wogegen es im knapp 80 km entfernten Dalatangi in 11 m Höhe bei ebenfalls 3°C regnete. Dies zeigt, dass bei einer Temperatur etwas über dem Gefrierpunkt sowohl fester als auch flüssiger Niederschlag fallen kann, was unter anderem auch von der Luftfeuchtigkeit abhängt. Zu beachten ist außerdem, dass die Intensität des Niederschlages und die Art der Messung oder Beobachtung einen Einfluss auf die Art des Niederschlages haben können. Auch kleinere Höhenunterschiede und andere lokale geographische Effekte spielen eine Rolle. Von Island aus weiter südöstlich gab es vormittags im Wesentlichen von den zu Schottland gehörenden Hebriden bis in den Süden Schottlands in die Region von Edinburgh sowie in Nordirland gelegentlich Regen. In Stornoway auf den Äußeren Hebriden und in Aultbea auf dem nordschottischen Festland kamen bis zum Mittag jeweils 3 l/m² zusammen, während auf den ebenfalls schottischen Shetland-Inseln 7 l/m² in Lerwick und 2 l/m² in Baltasound fielen. Nachmittags und abends änderte sich wenig am Wetter in diesen Regionen im Nordwesten Europas, außer, dass es in Island im Osten des Landes allgemein Schneefall gab, während im Westen und teils im Norden Regen fiel, und dass der Regen in Irland weiter nach Süden vorankam sowie, von Schottland kommend, in Nordengland einsetzte. Die 6-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Abend lagen meist im unteren einstelligen Bereich. In Leuchars im Osten Schottlands wurde in warmer Luft, die das Tiefdruckgebiet ROBERT mit seinem Warmsektor zwischen Warm- und Kaltfront heranführte, ein Sommertag nach meteorologischer Definition erreicht. Die Temperatur stieg auf 25,3°C und damit drei Zehntel Grad höher, als mindestens für das Erreichen eines offiziellen Sommertages nötig sind. Am Vortag verzeichnete Leuchars, wie viele andere Orte in der Umgebung, allenfalls mäßig warmes Wetter bei einer Höchsttemperatur von 19,4°C. Im Vergleich zum warmen Leuchars war es in South Uist Range auf den Äußeren Hebriden mit 13,1°C, in Lerwick und Baltasound mit jeweils 12,8°C und auf der Fair Isle, die zwischen den Shetland- und Orkney-Inseln liegt und zu Shetland gehört, mit 12,1°C ausgesprochen kühl. Im Falle von South Uist Range und Baltasound war es am Vortag sogar etwas weniger kühl, und zwar 14,2°C bzw. 13,4°C, so dass die kalte Luft auf der Rückseite des Tiefs ROBERT sich dort signifikant bemerkbar gemacht hat. Mit 9 l/m² wurde die höchste 6-stündige Niederschlagsmenge in der ersten Hälfte der Nacht zum 14. Juni auf den Britischen Inseln an der Wetterstation Malin Head am nördlichsten Punkt Irlands, zur Republik Irland gehörend, gemessen. Noch mehr Niederschlag kam im gleichen Zeitraum im Südwesten Norwegens zusammen, wo es zwar auch schon vorher geregnet hatte, als aber noch die Fronten des Tiefdruckgebietes QUINO aktiv oder in der Nähe waren und somit eine Zuordnung der Niederschlagsmengen zum Tiefdruckgebiet ROBERT schwierig bis unmöglich war. In der ersten Nachthälfte jedoch konnten bis zu 19 l/m² in Bergen im Bezirk Florida verzeichnet werden, was auf die von Westen heranziehenden frontalen Niederschläge des Tiefs ROBERT zurückzuführen war. Bis zum Morgen des 14. Juni kamen in Bergen / Florida 6-stündig 16 l/m² Niederschlag dazu. Die Wetterstation Kråkenes auf der norwegischen Insel Vågsøy registrierte Sturmböen bis 80 km/h. Auch in Schottland verstärkte sich der Regen gebietsweise. In Machrihanish auf der westschottischen Halbinsel Kintyre fielen 17 l/m².

 

Mittlerweile hatte sich das Tiefdruckgebiet ROBERT in zwei Teiltiefs aufgeteilt. ROBERT I lag mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa zwischen Island und den Färöer-Inseln. Etwas nördlich des Zentrums des Teiltiefs ROBERT I begann eine Okklusionsfront, die nach Ostnordosten vor der Südostküste Islands und bis etwa 500 km östlich von Island verlief. Dort ging sie in eine hauptsächlich in höheren Luftschichten aktive Okklusionsfront über, die zum ungefähr 250 km westlich von Norwegen knapp südlich des nördlichen Polarkreises gelegenen Teiltief ROBERT II mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa führte. Von dort ging eine weitere Bodenokklusion nach Osten bis Südosten aus, die bis zum Okklusionspunkt an der norwegischen Küste zwischen der Stadt Trondheim und dem Polarkreis führte. Von dort ging eine Warmfront aus, die über die Mitte und den Süden Skandinaviens bis etwa zur südschwedischen Stadt Malmö reichte. Außerdem erstreckte sich eine Kaltfront vom Okklusionspunkt bis an die südwestnorwegische Küste, wo sie ein eine Höhenwarmfront überging, die Teil einer nach Südwesten bis Westen weit über die Britischen Inseln hinaus auf den Nordatlantik reichende verwellte Luftmassengrenze war. Vom Teiltief ROBERT I ging zusätzlich eine Höhenokklusion nach Südsüdwesten aus, die bis zu einer geographischen Breite analysiert wurde, die in etwa der Nordspitze des schottischen Festlandes entsprach und etwa auf einer geographischen Länge wie das Zentrum Islands lag. In Island gab es unbeständiges Wetter mit Schauern, die besonders im Norden und Osten des Landes teils bis in tiefe Lagen als Schnee fielen, während es im Norden der Britischen Inseln sowie im Westen Skandinaviens regnete. Das südwestnorwegische Liarvatn kam bis zum Mittag 6-stündig auf 33 l/m² und aus dem südnorwegischen Mandal II wurden 40 l/m² gemeldet. Nun war auch auf dem Mitteleuropaausschnitt der Berliner Wetterkarte in der Mittagskarte ein Teil der Kaltfront des Tiefdruckgebietes ROBERT von der Nordsee vor Dänemark bis zur ostenglischen Bucht The Wash zu sehen. Nachmittags und abends machte sich die Annäherung der Fronten des Tiefdruckgebietes ROBERT in Form von leichtem Regen im Norden Schleswig-Holsteins vermehrt auch in Deutschland bemerkbar. Aus dem westschwedischen Klovsjohojden liegt eine 12-stündige Messung von 33 l/m² Niederschlag bis zum Abend vor. Neben Regen in Schweden und an der norwegischen Küste sowie im Stau des norwegischen Gebirges gab es abends im Südosten Norwegens und in Teilen des westlichen Schwedens Sonnenschein und teils sogar wolkenlosen Himmel. Dies ist dem sogenannten Skandinavienföhn zu verdanken, das bedeutet freundliches Wetter auf der Rückseite, also südöstlich, des skandinavischen Gebirges. In Olden-Vangberg am zum norwegischen Nordfjord gehörenden Innvikfjord lag die Temperatur bei wolkenreichem, feuchtem Wetter gerade einmal bei 4°C. Aus Ryyge südlich der Hauptstadt Oslo wurden 18°C bei heiterem und trockenem Wetter gemeldet. Das westschwedische Galleudde, unter Wolken und damit nicht im Einflussbereich des Skandinavienföhns, verzeichnete lediglich 12°C, auch, weil es sich auf der kühlen Rückseite des Tiefs ROBERT befand, während weiter östlich an der Sternwarte der Hauptstadt Stockholm, auf der warmen Seite des Tiefdruckgebietes ROBERT, abends 23°C gemessen wurden. Bis zum Morgen des Folgetages kamen 12-stündig im finnischen Rovaniemi knapp südlich des Polarkreises 27 l/m² Regen zusammen. Aus dem nordschwedischen Luleå-Kallax wurden 25 l/m² Niederschlag gemeldet und in Krångede nordwestlich der Mitte des Landes fielen 23 l/m². Im westnorwegischen Fossmork wurden ebenfalls 23 l/m² gemessen. Der letztgenannte Wert wurde in einem eher kleinen Gebiet höherer Niederschlagsaktivität verzeichnet, während die Regenfälle in Mittel- und Nordschweden sowie Nordfinnland eine größere Ausdehnung hatten.

 

Am 15. Juni wurde das Teiltief ROBERT I mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa vor der norwegischen Küste in Höhe des Polarkreises analysiert. Von dort verlief eine bogenförmige Okklusionsfront im Uhrzeigersinn über den Norden Skandinaviens bis zum Okklusionspunkt über dem nördlichen Bottnischen Meerbusen. Dies war, mit einem Kerndruck von unter 995 hPa, gleichzeitig das Zentrum des Teiltiefs ROBERT II. Von dort ging eine Kaltfront über Finnland bis in die Republik Karelien im äußersten Nordwesten Russlands aus. Außerdem verlief vom Zentrum des Teiltiefs ROBERT II eine Kaltfront über Finnland und große Teile der Ostsee bis nach Rügen und weiter über den Norden und Nordwesten Deutschlands bis in die Niederlande und weiter nach Südwesten bis Westen, um knapp nördlich der belgischen Hauptstadt Brüssel in eine Warmfront überzugehen, die Teil einer bis zur westlichen Biskaya reichenden verwellten Luftmassengrenze war. In Nordeuropa regnete es vielerorts vormittags, wobei vom Flugplatz Ylivieska und aus Suomussalmi Pesio, beides in Finnland gelegen, zwischendurch Schneeregen gemeldet wurde. Dies ist allerdings bei einer dazu gemessenen Temperatur von 12°C bzw. 11°C meteorologisch fraglich, denn Schneeregen tritt üblicherweise bei Werten um den Gefrierpunkt auf. Eher kommen Graupel- oder Hagelschauer in Frage, die möglicherweise von den Messgeräten falsch interpretiert wurden. Von der russischen Oblast Kaliningrad über den Norden Polens bis nach Norddeutschland gab es hin und wieder etwas Regen. In Nyrud in Nordnorwegen unweit des Dreiländereckes zu Finnland und Russland kamen bis zum Mittag 6-stündig 14 l/m² Niederschlag zusammen. Im nordfinnischen Sodankylä fielen 26 l/m². In Raznavolok am Weißen Meer im Nordwesten Russlands erreichte der Wind in Böen Sturmstärke bis 80 km/h. Auf der Mittagskarte der Berliner Wetterkarte im Mitteleuropaausschnitt war die Kaltfront des Tiefdruckgebietes ROBERT vom Nordosten Polens über den Osten, die Mitte und den Westen Deutschlands sowie Belgien bis in den Norden Frankreichs zu sehen. Nachmittags und abends gab es von Nordnorwegen über den Norden Schwedens und Finnlands bis in den Nordwesten Russlands weiteren Regen, der teils schauerartig verstärkt war. Die 6-stündigen Mengen bis zum Abend waren überwiegend einstellig. In Klein knapp 100 km nordwestlich der russischen Hauptstadt Moskau in der gleichnamigen Oblast stieg die Temperatur im Vorfeld des Tiefdruckgebietes ROBERT und seiner Kaltfront auf 28°C. Sankt Petersburg in der Oblast Leningrad kam dagegen hinter der Kaltfront des Tiefs ROBERT nur auf 21°C. Auch in Deutschland machte sich der Temperaturrückgang hinter der Kaltfront gebietsweise deutlich bemerkbar. So kam Hamburg-Neuwiedenthal nur noch auf 21°C als Höchsttemperatur gegenüber 27°C am Vortag. In Berlin-Dahlem, der Heimat der Berliner Wetterkarte, wurden 24°C gegenüber 27°C am Vortag verzeichnet. In der Nacht war es in Nordskandinavien im Einflussbereich des Tiefs ROBERT heiter bis wolkig mit gelegentlichen Schauern. Die Formulierung „heiter“ mag erstaunen, doch muss berücksichtigt werden, dass in den genannten Regionen weniger als eine Woche vor dem Beginn des astronomischen Sommers Polartag herrschte oder die Sonne allenfalls kurz, also wenige Stunden, unter den Horizont sank. In Nordwestrussland waren die Schauer von einigen Gewittern begleitet. Lovozero in der Oblast Murmansk kam auf eine 12-stündige Niederschlagsmenge von 11 l/m² bis zum Morgen des Folgetages.

 

Am 16. Juni war das Tiefdruckgebiet ROBERT zum letzten Mal als eigenständiges Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Es befand sich mit einem Kerndruck von unter 990 hPa über der südlichen Barentssee. Von dort zog sich zum einen eine Okklusionsfront nach Norden bis Nordosten zu einem unbenannten Tiefdruckgebiet über der nördlichen Barentssee. Zum zweiten verlief eine Kaltfront vom Zentrum des Tiefs ROBERT in einem engen Bogen nach Osten bis Süden zum nordrussischen Festland, um nach Süden bis Südwesten unter anderem in der Nähe von Moskau entlang und weiter über Weißrussland und Polen bis in den Norden Tschechiens zu führen, wo sie in eine Warmfront überging, die bis in den Norden von Frankreich reichte. Außerdem ging vom Zentrum des Tiefdruckgebietes ROBERT eine im Wesentlichen in höheren Luftschichten aktive Okklusionsfront nach Süden bis Südwesten aus, die den Osten der Kola-Halbinsel streifte und zum Ausgang des Weißen Meeres zur Barentssee führte. Im nordwestlichen Russland verschärften sich durch die Kaltfront des Tiefdruckgebietes ROBERT die Temperaturunterschiede. Waren diese am Vortag eher gering bei einer Höchsttemperatur zwischen beispielsweise 23°C in Abramovskij Majak in der Oblast Archangelsk am Mesenbusen, einem Teil des Weißen Meeres, und 29°C in Wjatskije Poljany in der Oblast Kirow auf einer ähnlichen geographischen Breite wie Moskau, erreichte die Temperatur am 16. Juni in Wjatskije Poljany 33°C, während sie in Abramovskij Majak lediglich auf 12°C stieg. Die Folge waren teils kräftige Schauer und Gewitter, und bis zum Abend kamen 12-stündig in Nikolsk in der Oblast Pensa 25 l/m² zusammen. In den Folgetagen nahm im Nordwesten Russlands der Einfluss des Hochs ZOE von Ostmitteleuropa aus zu, so dass sich dort das Wetter wieder von seiner freundlichen Seite zeigte.