Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ROCCO

(getauft am 11.10.19)

 

Im Bereich eines Frontensystems nördlich des Hochdruckgebietes LISBETH I über dem nördlichen Atlantik bildete sich zu Beginn der zweiten Oktoberdekade 2019 eine Wellenstörung aus, die anhand der Prognosekarte für den 12.10.19 um 14 Uhr MESZ auf den Namen ROCCO getauft wurde.

Im Anschluss an der Kaltfront des Tiefs QUENTINO II verlief die Warmfront der jungen Zyklone ROCCO an diesem Tag um 02 Uhr MESZ rund 700 km über dem östlichen Nordatlantik bis zum Zentrum über den am östlichsten gelegenen Inseln der Azoren. Dort wurde zudem ein Minimaldruck von etwa 1011 hPa gemessen. Unmittelbar südwestlich des Kerns ging diese in die Kaltfront über, die sich in einem weiten Bogen über dem zentralen Nordatlantik erstreckte, bis sich wiederum an dieser Front eine Warmfront anschloss. Innerhalb von 6 Stunden regnete es in Ponta Delgada bis 02 Uhr MESZ 17 l/m² oder in Lajes auf Terceira 6 l/m² bei einer Höchsttemperatur von 20,4°C bzw. 19,0°C. In wärmerer maritimer Subtropikluft wurde auf Madeira in Funchal hingegen 26,0°C registriert.

Unter Verstärkung zog der Wirbel ROCCO bis zum nächsten Tag nach Nordosten bis zur westlichen Biskaya. Der Kern lag auf halber Strecke zwischen Galicien und der Bretagne mit einem minimalen Luftdruck von ungefähr 1003 hPa, von dem die Warmfront nordostwärts bis in den Norden Polens reichte. Ebenda stieg die warme Luft langsam über der kühleren Luftmasse auf und ging immer noch in die Kaltfront des Tiefdruckgebiet QUENTINO II über. Südwestlich des Zentrums schloss sich an der Warmfront die Kaltfront an, die sich in einem großen Bogen über dem Nordatlantik erstreckte, jedoch südwestlich von Madeira nur als Höhenkaltfront ausgebildet war. Dort reichte also die Kaltluft nicht bis zum Boden. Diese Höhenkaltfront ging in eine Warmfront eines Tiefs über Nova Scotia über. Das entlang der Warmfront verlaufende Regenband sorgte für 12-stündige Regenmengen bis 08 Uhr MESZ von 8 l/m² in Leeuwarden, 10 l/m² in Bournemouth sowie 15 l/m² in Yeovilton zwischen Exeter und Southampton. In der selben Zeit zogen im Einflussbereich der Kaltfront über Galicien kräftige Regenfälle mit beispielsweise 25,2 l/m² in Casas do Porto oder 59 l/m² an der Station Vimianzo-Castrelo auf. Im großflächigen Warmsektor zwischen Warm- und Kaltfront erwärmte sich die Luft in einer subtropischen Luftmasse auf 27,5°C in Straßburg, 31,6°C in Tarbes und 29,5°C in Miranda de Ebro. Nördlich der Warmfront und hinter der Kaltfront waren es aufgrund polarer Luft 13,6°C in Kopenhagen, 16,4°C auf Terschelling oder 15,7°C in La Coruña.

Nordwestlich des Hochdruckkomplexes LISBETH I und II über Südosteuropa verlagerte sich die Zyklone ROCCO bis zum 14.10.19 um 02 Uhr MESZ weiter nach Nordosten und lag mit dem Zentrum über dem Skagerrak, wo ein Druck von knapp 995 hPa herrschte. Durch die Drehbewegung des Tiefdruckgebildes holte die Kaltluft langsam die Warmluft ein und schob sich unter dieser. Die daraus resultierende Okklusion reichte vom Skagerrak bis in den Süden Schwedens. Dort trennten sich Warm- und Kaltfront wieder, wobei die Warmfront bis in den Osten der Ukraine verlief, wo sie in eine Kaltfront überging. Die Kaltfront des Wirbels ROCCO erstreckte sich vom Süden Schwedens in einem Bogen bis zum Rheinland. Dort schloss sich die Warmfront des Tiefdruckgebiet SÉBASTIEN an. Besonders bei Hebungsprozessen im Bereich der Mischfront regnete es lang anhaltend und intensiv. Im 12-stündigen Zeitraum bis 08 Uhr MESZ kamen so 23 l/m² in Ljungby und Landvik oder sogar bis zu 37 l/m² in Hästveda zusammen. Entlang der Kalt- und Warmfront wurden im gleichen Zeitraum geringere Regenmengen gemessen, wie beispielsweise auf der Insel Ruhnu im Rigaischen Meerbusen mit 12,1 l/m² und 8,4 l/m² in Rastede bei Oldenburg. Mit einer südwestlichen Strömung wurden vor der Kaltfront bis zu 26,4°C in Wrocław und 26,2°C in Jena erreicht. Mit Zustrom polarer Luftmassen hinter der Kaltfront bzw. vor der Warmfront lagen die Höchstwerte lediglich bei 13,4°C im estnischen Pärnu, 16,0°C in Kiel und 14,9°C auf Helgoland. Wegen der weiteren Verstärkung nahm auch der Druckgradient zu, was Sturmböen über Dänemark und Schleswig-Holstein hervorrief.

Infolge der starken Höhenströmung lag der Kern des Tiefdruckgebietes ROCCO bei einem minimalen Druck von rund 1006 hPa einen Tag später bereits 500 km östlich von Moskau, wo sich auch ungefähr der Okklusionspunkt befand. Die als Kaltfrontokklusion ausgeprägte Mischfront,

hinter der  die kälteren Luft herangeführt wurde, verlief von Lettland ausgehend in Richtung Nordosten bis hin zum Okklusionspunkt in Zentralrussland. Dort erstreckte sich dann weiter in den Südosten die Warmfront. Die Kaltfront, an der sich kalte Luft unter vorlaufende Warmluft schob, lag über dem Südwesten Russlands und dem äußersten Norden der Ukraine, wo sie immer noch in die Warmfront des Wirbels SÉBASTIEN überging. Mit der deutlichen Abschwächung des Tiefs ROCCO ließen auch die Niederschlagsereignisse nach. Während entlang der Warm- und Kaltfront nur noch sehr wenig Regen fiel, wo in Sysran bei Samara in 24 Stunden zum Beispiel 0,6 l/m² bis 08 Uhr MESZ gemessen wurden, waren es immerhin im Einflussbereich der Kaltfrontokklusion bis zu 6 l/m² in Kaschin oder 8 l/m² in Ostaschkow in nur 12 Stunden bis zum selben Zeitpunkt. Südlich der Kaltfront stieg die Temperatur dabei auf 20,8°C in Sluzk südlich von Minsk und auf 20,5°C in Kursk. In polarer Luft nördlich der Kaltfront waren es hingegen nur 11,4°C in Moskau oder 7,9°C in Opotschka.

Mit dem ausgeprägten Windband in 5,5 km Höhe zog im weiteren Verlauf der Wirbel ROCCO nach Osten aus dem Erfassungsgebiet der Berliner Wetterkarte heraus.