Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ROLAND

(getauft am 09.04.2015)

 

Auf der Vorderseite eines Troges über dem Nordatlantik, also einem Kaltluftvorstoß nach Süden in einer Höhe von etwa 5,5 km, bildete sich am 09.04.2015 nördlich der Azoren entlang der Kaltfront eines kleinräumigen Tiefdruckwirbels ein Wellentief, welches in der Prognose für den Folgetag auf den Namen ROLAND getauft wurde.

Mit der in Richtung Nordmeer weisenden Höhenströmung zog das Tief ROLAND weiter nach Nordosten und befand sich am 10.03. um 01 Uhr MEZ mit seinem Zentrum und einem Druck von ca. 1000 hPa etwa auf Breite von Edinburgh rund 700 km nordwestlich von Irland über dem Nordostatlantik. Vom Kern verlief einerseits eine Warmfront nach Nordwesten bis zu den Färöer-Inseln, wo sie in die Kaltfront eines vorlaufenden Wirbels überging, und andererseits erstreckte sich eine Kaltfront zunächst nach Süden und schwenkte im weiteren Verlauf nordwestlich der Azoren nach Westen und schloss sich über dem zentralen Nordatlantik der Warmfront eines kleinen Wellentiefs südlich von Neufundland an. Des Weiteren führte eine Okklusion, ebenfalls vom Kern der Zyklone ROLAND aus, ungefähr 800 km nach Südwesten. Eine Okklusion ist dabei eine Mischform aus Warm- und Kaltfront, die bei deren Vereinigung am sogenannten Okklusionspunkt entsteht und daraufhin die Eigenschaften beider Frontentypen aufweist. Mit dem Tief ROLAND flossen gemäßigte sowie teilweise subtropische Luftmassen über den Britischen Inseln ein. Dadurch konnten an diesem Tag Höchsttemperaturen von über 20°C registriert werden, wie in Farnborough mit 20,8°C, in Northolt mit 21,5°C und im Londoner St. James Park mit 21,9°C. In Irland wurde es mit maximalen 17,9°C am Flughafen in Shannon nicht ganz so warm. Außerdem begannen am Abend bereits die ersten Niederschläge in Irland, Nordirland und Schottland einzusetzen. Dabei fielen innerhalb von 6 Stunden bis 01 Uhr MEZ des Folgetages 3 l/m² Regen im nordirischen Castlederg, 5 l/m² in Port Ellen auf der zu den inneren Hebriden gehörenden Insel Islay und 10 l/m² im südirischen Valentia.

Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Zyklone ROLAND mit ihrem Zentrum bereits südlich von Island und besaß einen verstärkten Kerndruck von knapp unter 965 hPa. Diese rasche Entwicklung wurde durch einen korrespondierenden Höhenwirbel begünstigt, welcher sich fast zentral über dem Bodentief ROLAND befand und dieses damit steuerte. Eine Okklusion erstreckte sich währenddessen im Bodenniveau bogenförmig über Island und spaltete sich über der Ostküste der Insel in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront verlief nach Südosten über das Nordmeer, Trondheim und Mittelschweden bis zur Ostseeküste Estlands, wo sie in die Kaltfront eines anderen Tiefs überging. Die Kaltfront des Wirbels ROLAND führte hingegen nach Süden über Schottland und die Irische See bis westlich der Iberischen Halbinsel. Die Kaltfront zog im Laufe des Tages vollends über die Britischen Inseln, Frankreich, die Benelux-Staaten, Deutschland und große Gebiete Skandinaviens. Dabei kam es aufgrund der rückseitig einfließenden Luftmassen polaren Ursprungs zu einem deutlichen Rückgang der Temperatur. In Paris und Amsterdam fiel das Maximum um jeweils 5 Grad herab und in London, Shannon und Rotterdam wurden 7 Grad weniger als am Vortag gemessen. In Glasgow und Edinburgh konnten mit 9°C bzw. 10°C nur 8 Grad weniger verzeichnet werden, als noch in den 24 Stunden zuvor. In Oslo waren es mit den nun gemeldeten 8°C ebenfalls 8 Grad weniger. Mit dem Vorrücken der Kaltfront gelangten Teile Skandinaviens in den als Warmsektor bezeichneten Bereich zwischen Warm- und Kaltfront. Dort strömten weiterhin schon zum Teil erwärmte gemäßigte Luftmassen ein, wodurch die Temperaturen mit Sonnenunterstützung mitunter deutlich anstiegen. So konnte man in Trondheim einen Höchstwert von 15°C verzeichnen, während am Vortag noch maximal 10°C gemessen wurden. Auf Bornholm stieg der Höchstwert derweil um 9 Grad an und im ebenfalls dänischen Thyboron wurden mit 16°C sogar insgesamt 10 Grad mehr als tags zuvor registriert. Auch in Göteborg erhöhte sich das Maximum um 10 Grad auf nun 18°C. In Deutschland profitierte vor allem der Nordosten von Sonnenscheindauern von bis zu 11 Stunden. Die daraus resultierten Höchstwerte der Temperatur lagen verbreitet über 20°C, wie in Potsdam mit 22,9°C oder in Cottbus mit 23,0°C. Im übrigen Teil des Landes sanken die Maxima um bis zu 5 Grad und lagen meist im Bereich zwischen   15 und 19°C. Der Frontendurchgang verursachte hinzukommend weitere Niederschläge sowie vereinzelt schwache Schauer und Gewitter über Deutschland, die bis zum Abend die Oder erreichten. So konnten 12-stündig bis zum 19 Uhr MEZ-Termin 6 l/m² in Thyboron, jeweils 7 l/m² in Westermarkelsdorf auf Fehmarn sowie in Dörnick bei Kiel, 17 l/m² in Bergen und 20 l/m² im ebenfalls norwegischen Takle registriert werden.

In der Höhe weitete sich der Trog bis zum 12.03. bis über den Nordosten Deutschlands aus. Gleichzeitig bildete sich entlang der Kaltfront über den Skanden ein zweiter Tiefdruckkern des Systems ROLAND aus. Dieser Wirbel wurde als ROLAND II bezeichnet und befand sich um 01 Uhr MEZ dieses Tages mit einem Kerndruck von ca. 1001 hPa nahe Lillehammer über dem norwegisch-schwedischen Grenzgebiet. Das ursprüngliche Tief ROLAND I verlagerte sich indes weiter nach Nordosten und konnte südlich von Jan Mayen mit einem Druck von etwa 975 hPa analysiert werden. Vom Kern wies eine Okklusion nach Südosten bis südlich von Island und eine weitere bogenförmig nach Osten bis zu ihrem Okklusionspunkt westlich von Tromso. Von dort führte die Warmfront über Mittelschweden, Finnland und St. Petersburg bis über den Süden Russlands, wo sie in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über dem Ural überging. Außerdem erstreckte sich eine kurze Kaltfront nach Süden und verband sich kurz darauf mit der Warmfront des Teiltiefs ROLAND II. Von dessen Kern verlief eine weitere Kaltfront über die Ostsee, Sachsen und Baden-Württemberg bis nach Zentralfrankreich. Nach Norddeutschland flossen nun feuchte Luftmassen polaren Ursprungs ein, wodurch dort nur noch Höchstwerte im Bereich zwischen 13 und 16°C erreicht wurden. Auch in Skandinavien, wo teilweise sogar arktische Luftmassen einströmten, konnte ein deutlicher Temperaturabfall beobachtet werden. In Trondheim fiel das Maximum auf 9°C und auch in Thyboron wurden nur 8°C gemessen. Gleichzeitig sanken die Höchsttemperaturen in Karop und auf Bornholm von jeweils 21°C am Vortag auf nun 11°C bzw. 8°C. Die Niederschläge hielten derweil weiter an und verursachten dabei bis 07 Uhr MEZ dieses Tages Regenmengen von jeweils 4 l/m² in Putbus und im dänischen Sjaelsmark, 7 l/m² im schwedischen Ullared, 14 l/m² an der norwegischen Station Afjord II und 16 l/m² im finnischen Fagerholm. In den darauf folgenden 12 Stunden wurden weiterhin in Fagerholm 12 l/m², in Reimegrend in Norwegen 14 l/m² und in Krangede in Mittelschweden 19 l/m² verzeichnet.

Am 13.03. um 01 Uhr MEZ befand sich das Tief ROLAND I nördlich von Jan Mayen und besaß einen Kerndruck von 985 hPa. Die Zyklone ROLAND II konnte indes mit einem zentrumsnahen Druck von rund 995 hPa nahe der schwedischen Stadt Lulea analysiert werden. Während das Frontensystem des Tiefs ROLAND mit den beiden Teiltiefs weiter nach Osten bzw. Nordosten zog und im Falle des Wirbels ROLAND II hinzukommend zunehmend okkludierte, bildete sich südöstlich des Tiefs ROLAND I eine weitere Luftmassengrenze, die über die Norwegische See, den Südwesten Norwegens und Schottland bis südlich von Island führte. Die Ausläufer schwächten sich jedoch weiter ab, sodass beim Frontendurchgang über Ost- und Südosteuropa nur geringe Niederschlagsmengen beobachtet wurden. Allerdings strömten nun verstärkt maritime Luftmassen polaren Ursprungs ein, wodurch sich die Temperaturen vor allem im Baltikum, Weißrussland, Russland und in der Ukraine vielerorts verringerten. In Riga und Tallinn wurden mit Maxima von nun jeweils 7°C im Vergleich zum Vortag 4 bzw. 8 Grad weniger registriert und die Station in St. Petersburg meldete eine um 12 Grad niedrigere Höchsttemperatur als noch tags zuvor. In Moskau und Minsk fiel jeweils der Höchstwert von 20°C auf 13°C. Die höchsten Niederschlagsmengen im Bereich des Systems ROLAND wurden derweil 12-stündig bis 07 Uhr MEZ im norwegischen Fiskabygd sowie an den schwedischen Stationen Latnivaara und Tjakaape mit jeweils 16 l/m² gemessen. In Fagerholm konnten noch 13 l/m², in Ventspils in Lettland 6 l/m² und in St. Petersburg 2 l/m² registriert werden.

Während das Tief ROLAND II bis zum Folgetag nahezu stationär blieb und nun über Finnland analysiert wurde, zog die Zyklone ROLAND I weiter nach Nordosten und befand sich zum 01 Uhr MEZ-Termin westlich von Spitzbergen. Beide Teiltiefs schwächten sich dabei jeweils um 5 hPa ab. Vom Kern des Tiefs ROLAND I ging eine Okklusion nach Südosten aus, die über Spitzbergen den Charakter einer Kaltfront annahm und nach Verlauf über Nordskandinavien in die Okklusion des Tiefs ROLAND II überging. Diese führte von dessen Kern über den Norden Finnlands und weiter nach Südosten über Nordrussland bis hin zum zentralen Uralgebirge, wo sich der Okklusionspunkt befand. Von dort verliefen eine Warmfront nach Südosten und eine Kaltfront nach Südwesten, bis diese sich über dem Asowschen Meer mit der Warmfront des Wirbels STEFAN verband. In Finnland fielen nochmals 12-stündige Niederschlagsmengen von 9 l/m² in Ylistaro und 8 l/m² in Vaasa. Im Bereich des Tiefs ROLAND I konnten währenddessen nur geringe Mengen von lediglich unter 1 l/m² beobachtet werden.

Unter weiterer Abschwächung wurde das Tief ROLAND II im Laufe des Tages in die Zirkulation des Wirbels STEFAN aufgenommen. Das Tief ROLAND I verließ währenddessen mit nordöstlicher Zugrichtung den Analysebereich der Berliner Wetterkarte, wodurch das Tiefdrucksystem ROLAND am 15.03.2015 nicht mehr auf dieser namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 15.06.2015 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 11.04.2015

Pate: Roland Ebner