Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ROLAND
(getauft am
13.09.2013)
Am
13.09. war in der mittleren Troposphäre, also einer Höhe von ca. 5,5 km, eine
kräftige Westströmung von Nordamerika bis zu den Britischen Inseln
vorherrschend. Diese trennte kalte Höhenluft über der nordkanadischen Provinz Nunavut und Grönland von der Warmluft der Azoren. Innerhalb
dieses breiten Strömungsbandes bildete sich im Laufe des Tages über
Neuschottland und Neufundland ein neues Tiefdruckgebiet im Bodenniveau, welches
noch am gleichen Tag in der Prognose für den Folgetag auf den Namen ROLAND
getauft wurde.
Tief
ROLAND verlagerte sich nachfolgend mit der Höhenströmung über den Nordatlantik.
Mit einem anfänglichen Kerndruck von etwa 1008 hPa war der Wirbel noch schwach
ausgeprägt und die Ausbildung der Fronten befand sich noch in der
Entstehungsphase. Allerdings setzte sich mit der Annäherung des Bodenzentrums
zum steuernden Höhentief, welches zwischen Grönland und Island lag, am 14.09.
eine beschleunigte Zyklogenese ein, sodass das Zentrum von Tief ROLAND bereits
am folgenden Tag Island mit einem Kerndruck von etwa 983 hPa erreichte. Dabei
hatte sich der Wirbel zu einem Sturmtief entwickelt. Während die Warmfront vom
Zentrum aus an der Westküste von Irland entlang nach Südwesten verlief, folgte
die Kaltfront dicht dahinter. Diese wurde vom Zentrum aus ebenfalls erst
südwestwärts und dann entlang des 50. nördlichen Breitenkreises westwärts bis
etwa 1000 km vor der Küste Neufundlands analysiert.
Im
Laufe des 15.09. überquerten die Warm- und Kaltfront dicht aufeinander folgend
die Britischen Inseln. Dabei holte die schneller ziehende Kaltfront die
Warmfront von Westen her ein, sodass sich eine Okklusionsfront bildete.
Innerhalb von 24 Stunden fielen in Irland und Großbritannien verbreitet
zwischen 3 und 5 l/m². In den näher am Tiefzentrum gelegenen Städten Edinburgh
und Glasgow gab es teils intensivere Niederschläge, die sich auf
8 l/m² bzw. 25 l/m² innerhalb von 24 Stunden summierten. In Glasgow wurde außerdem
mit dem Durchgang der Kaltfront zum 12 Uhr UTC-Termin, d.h.
14 Uhr MESZ, die stärkste Böe mit 37 Knoten gemessen, was etwa 69 km/h oder
Windstärke 8 entsprach. Aus Thorshavn, auf den Färöer-Inseln, und von
verschiedenen Nordseeplattformen wurden sogar Böen bis Stärke 10 gemeldet, was
eine maximale Windgeschwindigkeit von bis zu 100 km/h bedeutete. Nach
Höchstwerten von verbreitet 14 bis 17°C ging die Temperatur in der auf der
Rückseite von Tief ROLAND eingeflossenen arktischen Meeresluft in der folgenden
Nacht insbesondere in der Nordhälfte des Landes auf bis 5°C zurück, wie z.B. in
Glasgow und Manchester.
Am
16.09. wurde das Zentrum von Tiefdruckgebiet ROLAND zwischen Island und den
Färöer-Inseln mit einem Kerndruck von etwa 965 hPa analysiert. Die
Okklusionsfront verlief dabei vom Zentrum aus erst nordöstlich und dann in
südliche Richtung entlang der Südwestküste Norwegens und über Dänemark bis über
den Nordwesten Deutschlands. Über Nordfrankreich konnte dann noch, räumlich
knapp voneinander getrennt, jeweils eine Warm- und Kaltfront analysiert werden,
wobei die Warmfront bis Nordwestspanien verlief und sich die Kaltfront mit nur
wenig Abstand nördlich davon bis über den Nordatlantik zog. Besonders in den
Küstenbereichen der deutschen Nordseeküste machte sich der Luftmassenwechsel durch
intensive und ergiebige Niederschläge bemerkbar. Im Westen von
Schleswig-Holstein fielen bis zum Morgen 12-stündig in Leck 19 l/m², in St.
Peter-Ording 14 l/m² und in List auf Sylt 9 l/m². Aber auch in den
Benelux-Staaten wurden bis zum Morgen zweistellige Niederschlagsmengen
registriert, z.B. in Den Helder mit 25 l/m² innerhalb von 24 Stunden.
Im
Laufe des Tages überquerte die Okklusionsfront Deutschland. Dabei wurden in den
Mittelgebirgen und in der Südhälfte Deutschlands nennenswerte Mengen gemessen,
z.B. in Neuhaus am Rennweg mit 13 l/m² und in Bad Kissingen mit 10 l/m²
innerhalb von 12 Stunden. Am Alpennordrand kam es zu teils lang anhaltenden
Stauniederschlägen. So wurde z.B. auf dem Säntis in der Schweiz 51 l/m²
innerhalb von 24 Stunden gemessen, wobei mit der eingeflossenen Kaltluft der
Niederschlag von Regen in Schnee überging und sich bis zum folgenden Morgen
eine Schneedecke von 6 cm bildete. Aus Salzburg wurden für den gleichen
Zeitraum 38 l/m², aus Zürich 22 l/m² und aus Innsbruck 21 l/m² gemeldet. Auf
der Zugspitze erhöhte sich die Schneedecke bei andauerndem Schneefall und
Temperaturen um -1°C auf 40 cm. Im übrigen Deutschland lagen die Höchstwerte
meist einheitlich zwischen 13 und 17°C.
Am
17.09. lag der Scheitelpunkt des Troges, ein sogenannter Vorstoß kalter
Höhenluft nach Süden, mit Zentrum bei den Shetland-Inseln über den Alpen. Auf
der Westseite verlief die kräftige nordwestliche Höhenströmung bis zur Cote
d'Azur und von dort über die Alpen und Polen nach Südskandinavien. Tiefdruckgebiet
ROLAND befand sich mit dem Zentrum ebenfalls bei den Shetland-Inseln. Das
Frontensystem bestand nur noch aus einer lang gezogenen Okklusionsfront, die
vom Zentrum aus über das zentrale skandinavische Gebirge und weiter südwärts
über Polen bis zu den Ostalpen verlief. Der Kerndruck war inzwischen auf einen
Wert von etwa 974 hPa angestiegen. Auf der Rückseite der Okklusionsfront von
Tief ROLAND stellte sich über Deutschland wechselhaftes Wetter mit einigen
Schauern ein. Im Osten war die Schauertätigkeit geringer, sodass die Temperatur
hier mit Sonnenschein auf 13 bis 17°C stieg. Etwas kühler war es im Westen mit
10 bis 15°C. Starke und teils gewittrige Schauer bildeten sich über der noch
recht warmen Nordsee, dabei fielen in Wrixum auf Föhr
59 l/m² und in Leck in Schleswig-Holstein 40 l/m² innerhalb von 24 Stunden.
Aber auch auf dem Vogelsberg in Hessen mit 18 l/m², sowie in Freudenstadt und
auf dem Feldberg im Schwarzwald mit 30 bzw. 36 l/m² fielen hohe 12-stündige Niederschlagsmengen.
Am
18.09. erreichte die Okklusionsfront von Tief ROLAND den Westen Islands und Jan
Mayen. Vom Zentrum, welches sich mit unverändertem Druck über der Nordsee
zwischen den Färöern und den Shetland-Inseln befand, ausgehend verlief die
Okklusionsfront nun über Westisland und Jan Mayen ostwärts bis zur norwegischen
Westküste und von dort über Litauen bis Weißrussland. Die vormals arktische
Meeresluft hatte sich inzwischen zu einer etwas wärmeren polaren Meeresluft
umgewandelt. In Bergen an der norwegischen Westküste, wo häufig
teils kräftige Stauniederschläge auftreten, fielen innerhalb von 24 Stunden 20
l/m² und auf Jan Mayen wurden 10 l/m² registriert. Mit der Auflösung des
zugehörigen Höhentiefs des Wirbels ROLAND schwächte sich auch das Bodenzentrum
deutlich ab, sodass am 19.09. nur noch ein Kerndruck von 996 hPa registriert
wurde. Auch die Okklusionsfront löste sich an diesem Tag weitgehend auf und
verlief nur noch bis zu den Lofoten, einer Inselgruppe vor der Nordwestküste
Norwegens. In Bergen wurde auf der Rückseite der Okklusionsfront eine vergleichsweise
geringe Niederschlagssumme von 4 l/m² innerhalb von 24 Stunden gemessen. Bis
zum nächsten Tag löste sich das Tief ROLAND schließlich vollständig auf und
konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.
Geschrieben von Matthias Treinzen
Berliner Wetterkarte: 17.09.2013
Pate: Roland Schmidt