Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ROSWITHA
(getauft am 04.11.2014)
Anfang November
verlagerte sich ein Tiefdruckgebiet von der Region nördlich Neufundlands auf
der Vorderseite eines Kurzwellentroges mit der Höhenströmung nach Nordosten. So
wurde der Wirbel, da er in den folgenden Tagen Einfluss auf das Wettergeschehen
in Mitteleuropa nehmen sollte, in der Prognose für den 05. November auf den
Namen ROSWITHA getauft.
Das Tief ROSWITHA
lag am 05. November mit einem Kerndruck von unter 990 hPa südöstlich der
Südspitze Grönlands über dem Nordatlantik. Eine Okklusionsfront verband den
Kern mit einem weiteren im System eingebetteten Zentrum über Neufundland. Vom
Kern der Zyklone ROSWITHA verlief die Okklusion nach Südosten bis zum
Okklusionspunkt auf der Breite von Dublin über den Atlantischen Ozean. Okklusionsfronten
entstehen, wenn die schnellere Kaltfront die vorlaufende langsamere Warmfront
einholt. Okklusionen weisen sowohl die Eigenschaften einer Warm-, als auch
einer Kaltfront auf. Im Okklusionspunkt spaltet sich diese wieder in eine Warm-
und Kaltfront auf. Die Kaltfront des Tiefs, welche auch Warmfrontcharakter
annahm, erstreckte sich weit über den Atlantik. Die Warmfront verlief nach
Südosten bis über Madeira, wo diese in die Kaltfront des über Westitalien
liegenden Tiefs QENDRESA überging.
Zum Folgetag
verlagerte sich der hochreichende Wirbel ROSWITHA mit dem dazugehörigen
Höhentrog weiter nach Ostsüdost. Der Kerndruck der kräftigen Zyklone lag bei
unter 970 hPa. Vom Zentrum verlief eine Okklusion nach Südwesten sowie in einem
Bogen nach Südosten bis zum Okklusionspunkt auf der Breite von Oslo. Die
Kaltfront erstreckte sich in einem weiten Bogen über den Atlantik bis außerhalb
des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte. Die weiter östlich gelegene
Warmfront verlief nach Südsüdwest bis auf die Breite von Bordeaux über dem
Nordatlantik. Im Tagesverlauf griffen die Ausläufer der Zyklone ROSWITHA auf
Großbritannien und Irland über. In Stornoway und Altnaharra fielen bis zum
Morgen des Folgetages 24-stündig 18 l/m², die Station West Freugh an der Westküste
Großbritanniens meldete 51 l/m² und Skye sogar 69 l/m². Besonders an der
Westküste wehte der Wind zeitweise bis Stärke 9, so dass auf der 1130 m hoch
gelegenen Station Aonach Mor bis zu 133 km/h registriert wurden.
Zum 07. November
verlagerte sich das Zentrum des nordatlantischen Tiefdruckwirbels nur
geringfügig und befand sich um 01 Uhr MEZ zwischen Schottland und Island. Die
Fronten zogen langsam weiter nach Osten und überquerten zunächst die Britischen
Inseln sowie im Laufe der zweiten Tageshälfte mit hoher Geschwindigkeit und
unter Abschwächung Deutschland. Der Kern wies im Zentrum einen Luftdruck von
unter 975 hPa auf. Die Okklusion erstreckte sich entlang der Südostküste
Islands, über Schottland bis zum Okklusionspunkt nördlich von Nordirland. Die
Kaltfront verlief über Irland, England, dem äußersten Westen Frankreichs,
Nordspanien und wellenförmig deformiert über Madeira hinaus über den Atlantik.
Die Warmfront reichte von Nordirland über den Ärmelkanal bis nach
Zentralfrankreich. Dabei fiel nur wenig Niederschlag in Deutschland, meist
lagen die Werte unter 1 l/m². Nur in Lindenberg fielen bis 19 Uhr MEZ
24-stündig 3 l/m² und in Zinnwald 2 l/m². In Großbritannien wurden im gleichen
Zeitraum größere Niederschlagsmengen gemessen. An der Station Tulloch Bridge
wurden 19 l/m², im walisischen Milford Haven 36 l/m² und in Thomastown 13 l/m²
registriert. Vor dem Durchgang der Fronten des Tiefs ROSWITHA schien vor allem
in der Nordhälfte Deutschlands längere Zeit die Sonne, so dass die Temperaturen
dort verbreitet über 10°C stiegen. In der Nacht zum 08. November klarte es nach
Durchzug der schwachen Okklusion verbreitet auf. Nur in Bayern ging die
Temperatur örtlich bis zum Gefrierpunkt zurück. Im äußersten Osten Deutschlands
lagen die Tiefsttemperaturen bei milden 6 bis 8°C, dort hielt sich die
nächtliche Bewölkung noch länger. Auf der Südseite des Sturmwirbels ROSWITHA
erwärmte sich die Luft über der Iberischen Halbinsel. So stiegen die
Temperaturen in Barcelona auf 22°C, in Valencia auf 23°C und in Murcia wurde
mit einer Höchsttemperatur von 25°C sogar noch ein Sommertag registriert.
Am 08. November war
die Okklusion bereits über Polen angelangt. Um 01 Uhr MEZ lag das Zentrum der
Zyklone ROSWITHA mit einem Kerndruck von unter 980 hPa über dem Seegebiet zwischen
Island und Großbritannien. Vom Kern erstreckte sich eine Okklusionsfront gen
Nordosten bis knapp nördlich Polarkreises, wo eine Warmfront weiter nach
Nordosten verlief und in die Kaltfront eines unbenannten über Spitzbergen
liegenden Tiefs überging, sowie eine weiter bogenförmig nach Süden reichende
Okklusion, die Skandinavien, Dänemark und Polen überquerte. Deutschland
verblieb in einer südlichen Strömung, so dass weiterhin milde Luftmassen
herangeführt wurden. Dabei schien verbreitet die Sonne. In den Donauniederungen
und im Raum Bodensee wurde örtlich eine astronomisch mögliche Sonnenscheindauer
von mehr als 8 Stunden registriert. Aus Augsburg wurden beispielsweise 8,6
Stunden Sonne gemeldet, so dass die Temperatur dort auf 13,4°C ansteigen konnte.
Auch im Berliner Raum konnten 8 Sonnenstunden verzeichnet werden. In Konstanz
wurde ein Temperaturmaximum von 14,7°C gemessen, im Gebiet des Kaiserstuhls
wurden bis zu 16°C erreicht. Im Norden Deutschlands stiegen die Temperaturen
verbreitet auf 12 bis 14°C. In Polen und Tschechien fielen an der Okklusion des
Tiefs ROSWITHA in einem Messzeitraum von 24 Stunden bis 19 Uhr MEZ in Polen bis
zu 19 l/m², wie in Kattowitz. In Warschau fielen 5 l/m², aus dem von Warschau
weiter östlich gelegenen Siedlce wurden 13 l/m² gemeldet. In Tschechien fielen
an der Station Lysa Hora sogar 29 l/m². In der Nacht zum Folgetag klarte es in
Deutschland verbreitet auf, wobei die Luftdruckgegensätze geringer wurden, so
dass es örtlich leichten Frost gab. In Erdbodennähe ging die Temperatur
verbreitet unter den Gefrierpunkt zurück. In Berlin-Dahlem wurden in 5 cm über
dem Erdboden -1,8°C als Tiefstwert gemessen.
Im weiteren Verlauf
schwächte der sich über Nordwesteuropa liegende Wirbel ROSWITHA erheblich ab.
Das Zentrum wurde um 01 Uhr MEZ des 9. Novembers über Nordirland und
Westschottland analysiert. Von Irland verlief die Okklusion in einem Bogen über
Schottland sowie die Nordsee und ging über England in die Warmfront eines
Tiefdruckzentrums über der Bretagne über. Von dort verlief eine Kaltfront bis
über die Pyrenäen, wo diese in die Warmfront eines weiteren Kernes nördlich von
Madrid überging. An der Rückseite des Tiefs ROSWITHA, das sich in den letzten
24 Stunden erheblich abgeschwächt hatte, weitete sich von dem Meeresgebiet südwestlich
Irlands über die Iberische Halbinsel hinweg kalte Luft subpolaren Ursprungs
weit nach Süden aus. Dabei wurde der Frontenzug nach Osten weitgehend
stationär. Im Westen und Süden Deutschlands kam es vereinzelt zu ergiebigen
Regenfällen, die auch schauerartig verstärkt waren. Bis zum Morgen des
darauffolgenden Tages fielen innerhalb von 24 Stunden in der Region Köln/Bonn 4
l/m² und in Düsseldorf 2 l/m². Starker, orographisch verstärkter Niederschlag
wurde von der südnorwegischen Station Nedere Vats mit 48 l/m² gemeldet.
Auf der Vorderseite
des Langwellentroges mit Achse über dem Ostatlantik bzw. Westeuropa befand sich
am 10. November das Zentrum der Zyklone ROSWITHA über dem Seegebiet westlich
der norwegischen Küste mit einem stark abgeschwächten Kerndruck von unter 1000
hPa. Die Okklusion erstreckte sich von einem Kern nordwestlich von Schottland
bis zum Zentrum in der Breite von Trondheim. Von dort verlief eine Warmfront
nach Nordosten und schloss sich über Nordskandinavien der Kaltfront eines mit
Kern über Nowaja Semlja liegenden Tiefs an. Die Kaltfront erstreckte sich über
Südnorwegen, Belgien und Frankreich, ging über den Pyrenäen in eine Warmfront
über, welche wellenförmig deformiert bis über die Breite von Madrid verlief.
Dort ging diese wieder in eine bis nach Marokko reichende Kaltfront über.
Mitteleuropa befand sich auf der Vorderseite dieses Langwellentroges, so dass
mit einer südlichen bis südwestlichen Höhenströmung sehr milde Luftmassen
herangeführt wurden. Die Kaltfront kam im Tagesverlauf nur langsam voran. Meist
fielen Mengen von unter 1 l/m². Nur in Stuttgart oder Öhringen konnten mit 2
l/m² etwas mehr Niederschlag registriert werden. Rückseitig lockerte vor allem
in Westdeutschland die Bewölkung etwas auf, so dass die Temperaturen wie in
Duisburg örtlich bis 14°C anstiegen. In Düsseldorf konnten sogar 5
Sonnenstunden registriert werden. Auch aus Brandenburg wurden bis zu 3 Stunden
Sonnenschein gemeldet. Sonst hielten sich meist dichte
Wolken oder Hochnebel und Nebel, so dass die Temperaturen um rund 10°C lagen.
Nachts klarte es gebietsweise auf, wobei in Gardelegen und Fassberg die
Temperatur auf -1°C sank. Auch in Lüchow und Bergen wurden Tiefstwerte um den
Gefrierpunkt gemessen.
Der Höhenströmung
folgend verlagerte sich der Kern der Zyklone ROSWITHA bis zum 11. November
unter Abschwächung weiter nach Nordosten. Vom Kern, der einen Luftdruck von
etwas unter 1005 hPa aufwies, verlief eine Kaltfront wellenförmig über den
Atlantik nach Westen, ging über der Länge von Dublin in eine Warmfront über und
endete südwestlich von Island. Eine weitere Kaltfront erstreckte sich
bogenförmig nach Südwesten über Skandinavien. Vom Kern aus erstreckte sich eine
Warmfront nach Nordosten über die Halbinsel Kola und von dort weiter als Kaltfront
entlang der russischen Küste. Dabei fielen vor allem in Nordskandinavien und
Nordrussland nennenswerte Schneemengen. Aus Murmansk wurden bis zum Folgetag um
07 Uhr MEZ 10 l/m² gemeldet, aus Kanevka 16 l/m² und aus Tromsö 2 l/m².
Am 12. November lag
das Zentrum des Tiefdruckgebietes ROSWITHA über Nordsibirien nordöstlich von
Archangelsk. Die Kaltfront zog sich gen Westen bis über Skandinavien, wo diese
in eine Warmfront überging, welche weiter über den Nordostatlantik verlief.
Eine Warmfront erstreckte sich nach Nordosten bis aus dem Analysebereich
hinaus.
Der 13. November
war der letzte Tag, an dem der Wirbel ROSWITHA auf der Berliner Wetterkarte
namentlich verzeichnet werden konnte. Der Kern befand sich über der
nordrussischen Stadt Workuta. Die Kaltfront überquerte Russland und endete
ihren Frontencharakter wechselnd als Warmfront über Skandinavien. Bis zum
Folgetag verlagerte sich die Zyklone weiter nach Osten und verließ dabei den
Analysebereich der Berliner Wetterkarte.
Geschrieben von
Natja Bublitz
Berliner
Wetterkarte: 07.11.2014
Pate: Roswitha
Hagemann