Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet SAM

(getauft am 25.04.2017)

 

Nördlich des Hochs ROSALIE entwickelten sich Ende April aus mehreren Fronten über Grönland Wellenstörungen, die bis zum 26.04.17 über dem südwestlichen Europäischen Nordmeer lagen. Der Begriff Wellenstörung bezeichnet dabei eine Deformation der Front, die zur Bildung von Zyklonen führen kann. Die östlichste dieser Zyklonen wurde anhand der Prognosekarte für 14 Uhr MESZ auf den Namen SAM getauft.

Am 26.04.17 um 02 Uhr MESZ befand sich das Zentrum des Tiefs SAM wenige Kilometer südlich von Jan Mayen mit einem Kerndruck von ungefähr 1009 hPa. Von dort verlief die kurze Okklusion in einem Bogen bis zum Okklusionspunkt, der rund 450 km nordöstlich von Island lag. Als eine Okklusion wird die Front bezeichnet, die entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront eingeholt hat. Der Punkt des Zusammentreffens ist dann der Okklusionspunkt. Die etwa 1000 km lange Warmfront erstreckte sich hauptsächlich über dem äußersten Nordosten des Atlantiks zwischen den Färöer-Inseln und Island. An der in einem engeren Bogen als die Warmfront verlaufenden und nur circa 300 km langen Kaltfront schloss sich eine Warmfront einer Wellenstörung über dem Osten Grönlands an. Durch das Anheben der Luftmassen im Bereich der Mischfront fielen im 24-stündigen Zeitraum bis 08 Uhr MESZ an der Station auf der Insel Jan Mayen 0,3 l/m² in Form von gefrierendem Sprühregen. In Island regnete es in 12 Stunden bis zur selben Uhrzeit 0,7 l/m² in Eskifjordur oder 1,8 l/m² in Kalfholl. Die Höchsttemperaturen lagen in einer maritimen Polarluftmasse bei 9,6°C in Torshavn oder 10,1°C in Reykjavik.

An der Nordostflanke des Hochdruckgebietes ROSALIE zog das Tief SAM bis zum nächsten Tag weiter Richtung Südskandinavien und lag um 02 Uhr MESZ westlich dessen Küste. Dabei wies es einen Druck im Zentrum von 1005 hPa auf. Die von Nordwest nach Südost verlaufende Okklusion hatte eine Länge von etwa 300 km. Vom Okklusionspunkt direkt im Kern erstreckte sich die Warmfront im Bogen bis zur Mitte Schottlands. Die Kaltfront verlief währenddessen in einem engeren Bogen vom Okklusionspunkt über die Shetland-Inseln bis in den Süden der Färöer. Daran schloss sich eine Warmfront, die mitunter über Ostisland lag, an. Im Einflussbereich der Warm- und Kaltfront regnete es auf den Shetland-Inseln und im Norden Schottlands am meisten. Beide Stationen auf den Inseln nordöstlich der Britischen Inseln registrierten jeweils 4 l/m² innerhalb von 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ. Am Loch Glascanoch fielen sogar 5 l/m² Regen in der gleichen Zeit. Die Höchsttemperaturen lagen zwischen 8,1°C und 11°C, wie beispielsweise in Inverbervie südlich von Aberdeen.

Bis zum nächsten Tag verlagerte sich Wirbel SAM etwas nach Südosten und bestand nur noch aus einer Okklusion, die sich vom Zentrum über der östlichen Nordsee spiralförmig über Dänemark und wiederholt über die Nordsee, wenige Kilometer von den Ost- und Westfriesischen Inseln entfernt, erstreckte. Sie zeigte dann einen Kaltfrontcharakter, der in einem Bogen bis nach Südwestschottland reichte. Der minimale Druck im Kern betrug um 02 Uhr MESZ knapp 1009 hPa. Die höchsten Niederschlagsmengen an der Okklusion wurden in Hattstedt in Schleswig-Holstein oder in Schleswig mit 6,8 l/m² bzw. 8 l/m² in 12 Stunden gemessen. Entlang der Kaltfront fielen vor allem in Mittelengland zwischen 3 l/m² in Wittering und 6 l/m² in Cranwell innerhalb der gleichen Zeit. Dazu stiegen die Temperaturen auf Werte von 8°C in Hvide Sande an der dänischen Westküste und 12,7°C in Carlisle ganz im Norden von England.

Unverändert zum Vortag lag das Tief SAM mit dem Zentrum ein paar Kilometer westlich von Dänemark. Die Zyklone SAM hatte sich aber mit einem Druck von knapp 1014 hPa deutlich abgeschwächt und war bereits vollokkludiert, was bedeutete, dass das Tiefdruckgebiet nur noch eine Mischfront aufwies. Diese halbkreisförmige Okklusion verlief vom Norden Dänemarks nach Südosten bis zur Mecklenburgischen Seenplatte und anschließend südwestwärts bis in die Ardennen. Dort ging diese in eine vorgelagerte Warmfront der Kaltfront des Wirbels bei Island über. Während in Dänemark die Okklusion für reichlich Niederschlag sorgte, beispielsweise kamen im am Vortag erwähnten Zeitraum in Kopenhagen oder Roskilde 15 l/m² zusammen, sorgte das Hoch ROSALIE für eine Abschwächung der Regenfälle. Bei Passau in Untergriesbach-Schaibing regnete es nur noch 4,1 l/m² oder 3,8 l/m² in Aschau-Stein südlich von Rosenheim. In der eingeflossenen maritimen Arktikluft erreichten die Temperaturen Werte zwischen 9°C in Bremerhaven und 13,1°C in Bad Hersfeld. Im Gegensatz dazu erreichten die Temperaturen vor der Okklusion noch beispielsweise 16,6°C an der Station Karlsruhe-Siemens.

In der Folgezeit wurde Tief SAM von zwei Seiten abgeschwächt, Hoch SONJA vom Norden aus und Hochdruckgebiet ROSALIE aus dem Süden. Aus diesem Grund löste es sich auf und war zum Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.


 

Geschrieben am 23.06.2017 von Matthias Janke

Berliner Wetterkarte: 27.04.2017

Pate: Sam Saminejad