Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
SANNE
(getauft am
29.11.2016)
Am Abend des
28.11.2016 bildete sich auf der Südseite eines Tiefdruckgebiets über dem
europäischen Nordmeer östlich von Island eine Tiefdruckwelle. Diese entwickelte
sich schnell zu einem Tiefdruckwirbel, welche am Vormittag des 29.11. von den
Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen SANNE getauft wurde. Zu
diesem Zeitpunkt befand sich das Tief SANNE über dem nördlichen Atlantik
zwischen Island und Norwegen. Zudem hatte die Zyklone eine kurze nordostwärts
gerichtete Warmfront und eine nach Süden reichende und in Richtung Britische
Inseln ziehende Kaltfront ausgebildet. In den darauffolgenden Stunden zog das
Tief SANNE mit seinem Frontensystem zügig über die Nordsee hinweg, wobei an der
Westküste Norwegens und im Norden Schottlands Regen einsetzte. Bis zum Mittag
verstärkte sich das Tiefdruckgebiet sehr zügig, der Luftdruck im Zentrum des
Tiefs SANNE war schon auf unter 990 hPa gefallen. Am Nachmittag des 29.11.
begann das Frontensystem zu okkludieren, das heißt, dass sich eine Okklusion im
Bereich des Tiefdruckkerns ausbildete. In der Meteorologie bezeichnet eine
Okklusion oder Okklusionsfront eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront, die
entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront die
vorhergehende Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die Kalt- und Warmfront
zusammenlaufen, heißt Okklusionspunkt. Zudem entwickelte sich auf der Südseite
ein Sturmfeld und sorgte ab Mittag in Norwegen und ab Nachmittag in Schottland
für Sturm- und teils auch Orkanböen. So wurden bis zum Abend im norwegischen Sula Spitzenböen bis 108,1 km/h gemessen und auf der 1893 m
hohen Juvvasshoe sogar Orkanböen bis 144,1 km/h. Auch
in Schottland gab es in den Cairngorm Mountains Orkan, dort wurden von der auf
1245 m Höhe errichteten Wetterstation maximale Böen von 133,4 km/h registriert.
Vor allem auf der Luvseite des Norwegischen Gebirges stauten sich die
Niederschläge, sodass es dort über mehrere Stunden hinweg am Abend des 29.11.
kräftig regnete. Im Hochland trat der Niederschlag auch als Schneeregen und
Schneefall auf. In der kalten maritimen arktischen Luft, welche auf der
Rückseite der Kaltfront nach Südosten in Richtung Norwegen strömte,
entwickelten sich im Küstenumfeld auch vereinzelte Gewitter.
Bis 01 Uhr MEZ des
30.11. war das Zentrum des Tiefs SANNE bis vor die norwegische
Küsten weitergezogen, der Luftdruck war weiter stark bis auf unter 980 hPa
gesunken. Die nun kräftig ausgeprägte Okklusion reichte vom Kern nach Südosten
bis nördlich der finnischen Hauptstadt Helsinki und spaltete sich dort in die
bis Südpolen reichende Warmfront und die quer über die Ostsee bis
Norddeutschland liegende Kaltfront auf. Dort, im Umfeld der Kaltfront, regnete
es leicht, weiter östlich über dem Osten Polens trat auch Schneeregen auf.
Entlang der Okklusion und im norwegischen Hochland schneite es teils auch
kräftig. Im gesamten Umfeld der Ostsee kam es nun auch bis ins Flachland zu
Sturmböen. Am Kap Arkona auf Rügen wurden so beispielsweise Windgeschwindigkeiten
von 72,0 km/h gemessen. Im finnischen Hochland wurden sogar noch Sturm- und
Orkanböen gemessen, die stärkste Böe wurde im Nationalpark Stora Sjöfallet mit 122,5 km/h erreicht. In der zweiten
Nachthälfte ging vor allem im Baltikum und im Nordosten Polens der Regen und
Schneeregen immer mehr in reinen Schneefall über. Bis 06 Uhr MEZ wurden in den
Gegenden, über die das Frontensystem des Tiefs SANNE am Vortag und in der Nacht
hinweggezogen war, regional hohe 24-stündige Niederschlagssummen gemessen.
Besonders an den norwegischen Küsten und im Skandinavischen Gebirge wurden
Summen von mehr als 20 mm registriert, wie an der Storforshei
mit 60,0 mm, in Seljelia mit 42,8 mm oder in Takle
mit 22,9 mm. Von der zu den Shetlandinseln gehörenden Fair Isle wurden 9,2 mm
Niederschlag gemeldet, aus der polnischen Stadt Lebork
4,8 mm. Die Niederschläge in Deutschland hatten sich nur in direkter Küstennähe
ereignet, so wurden im schleswig-holsteinischen Hohn 1,5 mm und an der Station Glücksburg/Meierwik an der dänischen Grenze 2,4 mm
gemessen. In den Morgen- und Vormittagsstunden zogen die leichten Niederschläge
vom Norden in die Mitte Deutschlands weiter. Deutlich intensiver waren diese
jedoch von Polen übers Baltikum bis nach Finnland. Dort traten die weiter
ostwärts vorankommenden Niederschlagsgebiete auch immer häufiger in Form von
Schnee auf. Lediglich im Warmluftsektor, also dem Bereich zwischen Warm- und
Kaltfront, regnete es noch. Auf der Rückseite des Tiefs SANNE konnte sich jedoch
in der einfließenden, trocken-kalten Luft im Lee des Skandinavischen Gebirges
die Bewölkung auch auflösen, wodurch dort am 30.11. einige Stunden lang die
Sonne scheinen konnte. Das Zentrum der Zyklone SANNE zog unterdessen auf das
norwegische Festland und schwächte sich dabei leicht ab. Auch die sich weiter
nach Russland verlagernden Fronten okkludierten immer stärker. Am Nachmittag
schneite es vermehrt im Bereich der nun bis ins östliche Baltikum reichenden
Okklusion, nur im direkten Küstenumfeld der Ostsee sorgte die wärmere Luft noch
dafür, dass der Schnee wieder in Regen überging. Die Intensität der
Niederschläge ließ jedoch weiter nach.
Um 01 Uhr MEZ des
01.12. war der Kern des Tiefdruckgebiets SANNE mit einem nun wieder höherem zentrumsnahen Luftdruck von ca. 987 hPa bis auf Höhe
der norwegischen Stadt Tromsø weitergezogen. Von dort reichte das nun nur
noch als Okklusion vorhandene Frontensystem in einem Bogen über die russische
Halbinsel Kola und von dort nach Süden bis in die Westukraine. Insgesamt war
die Okklusion jedoch nur noch schwach ausgeprägt, weshalb die Niederschläge
zumeist in Form von leichtem Schneefall auftraten. Signifikante Sturmböen im
Zusammenhang mit dem Wirbel SANNE traten auch nur noch entlang der Küsten
Nordnorwegens auf und erreichten dort Geschwindigkeiten von 90 bis 100 km/h,
lokal auch etwas höher wie beispielsweise auf Værøy
mit 108,1 km/h. Bis 07 Uhr MEZ breiteten sich die Niederschläge über Moskau und
das westliche Russland hinweg weiter nach Osten aus, erreichten in der Summe
jedoch nicht mehr die Stärke des Vortages. So fielen im Norden Skandinaviens,
besonders in Küstennähe, 10 bis 20 mm Niederschlag, im lettischen Skriveri 12,0 mm, in der weißrussischen Hauptstadt Minsk
4,3 mm und in Sankt Petersburg 5,0 mm, wodurch hier die Schneedecke von 3 auf 6
cm anwuchs. In Deutschland brachte das Tief SANNE im Zusammenspiel mit dem
nachfolgenden Tief THERESA im brandenburgischen Doberlug-Kirchhain 12,6 mm und
in der Landeshauptstadt Schwerin
9,4 mm Niederschlag. In den darauffolgenden Stunden des 01.12. schwächte sich
die Okklusion, wie auch das gesamte Tiefdruckgebiet SANNE weiter stark ab. Der
Niederschlag fiel jedoch in der sich nun vollständig durchgesetzten kalten Luft
nur noch als Schnee leichter Intensität. Ein stärker gewordenes Hochdruckgebiet
über Zentralrussland sorgte nun auch dafür, dass sich die Okklusion und damit
auch die Schneefälle nur noch wenig weiter nach Osten verlagern konnte. Dies sorgte dafür, dass sich im Folgezeitraum der
Schneefall fast ausschließlich auf den Bereich des westlichen Russlands und der
östlichen Ukraine konzentrierte. Hier waren sie aber auch nur schwach
ausgeprägt und brachten daher nur geringe Neuschneemengen.
Bis zum
Tagesanbruch des 02.12. war das Tief SANNE bis nach Finnland weitergezogen.
Auch der Luftdruck im Kern des Tiefs hatte sich nochmals deutlich erhöht und
betrug nun etwas mehr als 994 hPa. Die nun nur noch sehr kurze und schwache
Okklusion verlief von dort nach Südwesten bis in die Ukraine, die Schneefälle
im Bereich der Okklusion nahmen auch immer mehr ab. Daher wurden am Morgen nur
noch geringe 24-stündige Niederschlagsmengen gemessen, im russischen Yarshevo waren 4,0 mm Niederschlag gefallen, in Onega 5,0 mm und in der Hauptstadt Moskau 1,8 mm. Diese
hatten zu 1 cm Neuschnee geführt, in Onega wurden am
Morgen sogar 5 cm Neuschnee gemeldet. Das Tiefdruckgebiet SANNE zog in den
folgenden Stunden kaum noch weiter nach Osten und verlor weiter an Intensität.
Auch die Niederschläge hatten so gut wie nachgelassen. Signifikante Windböen
traten im Umfeld des Tiefs SANNE auch nicht mehr auf.
Bis 01 Uhr MEZ des
03.12. war die Zyklone SANNE nur knapp 100 km weiter nach Osten gezogen und
befand sich nun mit seinem Zentrum an der Küste des weißen Meeres südlich der
Halbinsel Kola. Sein Druck im Zentrum war dabei weiter auf nun über 1000 hPa
angestiegen. Die kaum noch wetteraktive Okklusion verlief vom Kern des Tiefs
SANNE nach Südwesten bis ins nördliche Baltikum. Aufgrund des sogenannten Lake Effects konnten an der Ostseite der größeren Seen im Norden
Russlands nochmals größere Niederschlagssummen und demzufolge auch höhere
Neuschneemengen verzeichnet werden, wie in Archangelsk, wo 4,0 mm Niederschlag
4 cm Neuschnee brachten oder in Olonec, wo sogar
13,0 mm Niederschlag bzw. 11 cm Neuschnee fielen. Ein Lake Effect
entsteht wenn kalte Luft über das vergleichsweise warme Seewasser strömt und es
dabei infolge von Kondensation zu Wolken- und Niederschlagsbildung kommt. Am
03.12. schwächte sich das Tief SANNE soweit ab, dass sich die Okklusion
komplett auflöste und sich die letzten schwachen Schneefälle direkt auf die
Regionen um das Tiefdruckzentrum konzentrierten.
Am Morgen des
04.12. wurde das Tief SANNE mit seinem Zentrum südlich von Archangelsk, in dem
der Luftdruck nun auf knapp 1010 hPa angestiegen war, zuletzt auf den Analysekarten
der Berliner Wetterkarte namentlich erwähnt und löste sich in den
darauffolgenden Stunden komplett auf.
Bei seiner Zugbahn
über den Norden Europas hatte der Tiefdruckwirbel SANNE über insgesamt 6 Tage
das Wettergeschehen beeinflusst, hatte sich dabei nach seiner Entstehung rasch
zu einem Orkantief entwickelt und an der Küste Skandinaviens viel Niederschlag
und Orkanböen gebracht. Im weiteren Verlauf waren die Niederschläge verstärkt
in Schneefall übergegangen und hatten in Russland für einige Zentimeter
Neuschnee gesorgt.
Geschrieben am 15.02.2017 von
Maximilian Steinbach
Berliner Wetterkarte: 30.11.2016
Pate: Frau Sanne
Rehnig