Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
SASKIA
(getauft am 11.09.2020)
Bereits in der Nacht zum 10.09.2020 hatte sich über Neufundland im
Grenzbereich zwischen subtropischen und arktischen Luftmassen entlang der sich
wellenförmig deformierenden Front, des bei Island liegenden Tiefs RENATE, ein
neuer, eigenständiger Tiefdruckwirbel auszubilden begonnen, der anhand der
Prognosekarte für den 12.09. noch am 11.09. von den Meteorologen der Berliner
Wetterkarte auf den Namen SASKIA getauft wurde.
Unterhalb der starken westlichen Strömung des
Jetstreams verlagerte sich Tief SASKIA im Laufe des 11.09. über den Atlantik
nach Osten. Die Zyklone befand sich am 12.09. gegen 00 UTC, was 02 Uhr MESZ
entspricht, mit zwei nah beieinander liegenden Kernen und einem Druck von unter
1005 hPa zunächst südwestlich von Island, auf einem Breitengrad mit Paris. Vom
ersten der beiden Kerne erstreckten sich eine Warmfront nach Osten, die sich
über dem Ostatlantik mit der Kaltfront des Wirbels RENATE verband, und eine
Kaltfront nach Westen, die in die Warmfront des zweiten Kerns überging. Von
jenem zweiten Kern reichte eine weitere Kaltfront in südwestlicher Richtung
über den Nordwestatlantik nach Südwesten. Hebungsprozesse im Kernbereich des
Wirbels als auch entlang seines Frontensystems hatten die Ausprägung eines
markanten Niederschlagsfeldes zur Folge, welches sich mit dem Wirbel zunehmend
Richtung Europa verlagerte. Es traf in der zweiten Tageshälfte auf den Norden
der Britischen Inseln und brachte vor allem im Norden Irlands sowie in
Schottland ergiebigen Regen. Noch tags zuvor hatte Großbritannien im
Einflussbereich des umfangreichen Islandtiefs RENATE gelegen, wodurch sich mit
Annäherung des Tiefs SASKIA der vorherrschende wechselhafte sowie regenreiche
Wettercharakter fortsetzte und sich teils noch intensivierte. Bis 06 UTC des
Folgetages fielen binnen 24 Stunden durch anhaltenden und teils schauerartigen
Regen in Belmullet 16,0 mm, am Loch Glascarnoch 19,0 mm und am Malin Head, der Nordspitze
Irlands, 29,0 mm. An der Station Tulloch Bridge waren
es im selben Zeitraum 40,8 mm und in Glasgow bis zu 41,0 mm. Die Niederschläge
wurden zudem vielerorts von einem böigen Westwind begleitet, der mit
Windspitzen zwischen 60 und 70 km/h Stärke 7 bis 8 auf der Beaufortskala und an
besonders exponierten Lagen auch Stärke 12 und somit Orkanstärke erreichen
konnte: So beispielsweise auf dem Cairnwell mit 122,3
oder dem Cairngorm mit 142,7 Stundenkilometern. Auch
abseits der Hochlagen Schottlands, wie im walisischen Capel Curig,
konnte der Wind mit Spitzen von bis zu 94,7 km/h regional Sturmstärke
erreichen.
Gegen 00 UTC des 13.09. befand sich der Tiefdruckwirbel SASKIA mit
seinem Schwerpunkt über den Britischen Inseln. Von seinem ersten Kern, der zu
diesem Zeitpunkt mit einem Druck von weiterhin knapp 1005 hPa über dem
Seegebiet zwischen Irland und Schottland lag, zog sowohl eine Warmfront über
Edinburgh bis nach London als auch eine Warmfront über den Atlantik nach
Westen, die sich abermals mit der Kaltfront des zweiten Kerns westlich von
Irland verband. Von jenem zweiten, im Tagesverlauf eigenständig werdenden und
somit vom Tief SASKIA zunehmend unabhängig agierenden Kern reichte eine weitere
Kaltfront in südwestlicher Richtung über den Atlantik bis nach Washington.
Während sich der erste Kern und mit ihm der Schwerpunkt des Tiefs SASKIA im
Tagesverlauf rasch über die Nordsee nach Osten verlagerte und somit für
Südskandinavien wetterbestimmend wurde, gelangte der Norden Großbritanniens
nahtlos in den Einflussbereich das von Westen folgenden zweiten Kerns. Somit
hielten die teils ergiebigen Niederschläge vor allem über Schottland und den
umgebenen Inselgruppen weiter an. Innerhalb von 24 Stunden waren so am
Flughafen von Kirkwall (Orkney
Inseln) 9,6 mm, in Lerwick (Shetland Inseln) 15,8 mm
und bei Stornoway 18,4 mm gemessen worden. Am Loch
Glascarnoch waren es nochmals bis zu 19,2 mm, während
in Irland, Nord wie Süd, lediglich zwischen 0,1 und 0,8 mm fielen oder es auch
gänzlich trocken blieb. Der böige Südwestwind hielt hingegen zunächst noch an.
Mit Windgeschwindigkeiten zwischen 50 und 65 km/h erreichte dieser weiterhin
vielerorts Stärke 7 bis 8 und auf dem Cairnwell mit
Böen von bis zu 120,5 km/h und dem Cairngorm mit bis
zu 140,8 km/h auch Stärke 12. Zur gleichen Zeit verlagerte sich der zweite Kern
und somit das eigentliche Zentrum des Tiefs über die Nordsee rasch in Richtung
der Ostsee. Seine voranschreitende Warmfront streifte dabei auch den Norden
Deutschlands, zeigte sich jedoch von einigen Wolkenfeldern abgesehen kaum wetteraktiv.
Niederschläge wurden hier keine registriert. Diese konzentrierten sich im
Wesentlichen mit ihren höheren Intensitäten auf Südnorwegen und zogen, sich
zunehmend abschwächend, mit dem Tief über Schweden ins Baltikum ab. Teils
schauerartiger Regen brachten dabei innerhalb von 24 Stunden in Stavanger 9,6
mm, an der Station Røldalsfjellet 15,0 mm und am Liarvatn, einem See nahe Stavanger, noch bis zu 34,4 mm.
Obwohl sie auf ihrem Weg nach Osten allgemein an Intensität verloren, konnten
sie lokal dennoch weiterhin recht ergiebig ausfallen: Über Schweden führte der
einsetzende leichte Regen oder Sprühregen in Ullared zu
6,8 mm, an der Station Torpup zu 8,1 mm sowie in
Göteborg zu 11,0. In Riga waren es dagegen 1,4 mm, in Tallin 5,7 mm und bei Rūjiena (Lettland) noch bis zu 10,1 mm.
Mit einem auf 1015 hPa angestiegenem Kerndruck befand sich das
zunehmend an Intensität verlierende und sich allmählich auflösende Tief SASKIA
am 14.09. um 00 UTC nördlich von Gotland, mittig zwischen Stockholm und Riga
über der zentralen Ostsee. Von seinem nunmehr einzelnen Kern erstreckte sich
eine Warmfront über Litauen bis nach Warschau und eine Kaltfront über
Südschweden bis nach Oslo, wo sie sich mit der Kaltfront des nunmehr
eigenständigen, jedoch unbenannten ursprünglichen zweiten Kerns des Tiefs
verband. Dieser lag mit einem Druck von 1010 hPa westlich Schottland. Der
eigentliche Tiefdruckwirbel SASKIA schwächte sich im Tagesverlauf über dem
Baltikum zunehmend ab, sodass er nachfolgend nicht mehr auf der Berliner
Wetterkarte als eigenständiger Wirbel namentlich verzeichnet werden konnte. Ihm
folgte der sich von Schottland ebenfalls über die Nordsee in Richtung
Skandinavien verlagernde einst zweite Kern des Wirbels, in dessen Zirkulation
die Reste des Tiefs SASKIA aufgenommen wurden, ehe auch dieser begann sich
aufzulösen. Seine Reste gingen wiederum in das sich vor Norwegen entwickelnde
Tiefdruckgebiet TIMONA über, welches nachfolgend für Skandinavien und Finnland
wetterbestimmend wurde. Letzte, dem Tief SASKIA zuzuordnende Niederschläge
führten in Riga noch 0,1 mm, bei Rūjiena 0,4 mm
und im estnischen Valga 7,4 mm mit sich, wohingegen
im Einflussbereich des zweiten Kerns entlang der Küsten Südwestnorwegens
nochmals recht ergiebige Regenmengen gemessen werden konnten. Blieb es östlich
der norwegischen Gebirgsketten, wie in Oslo und fast im gesamten Schweden
bereits gänzlich niederschlagsfrei, wurden in Midtstova
19,0 mm, bei Bergen 23,5 mm und im Ort Furuneset noch
bis zu 28,9 mm registriert.