Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet SCHWIEDHARD
(getauft am 18.05.2011)
Am 17. Mai lag eine ausgeprägte Westwindzone über dem Nordatlantik,
die von Kanadas nördlichen Provinzen bis nach Nordeuropa reichte. Im Westen
dieser Zone war ein Tiefdruckgebiet in der Höhenkarte von 500 hPa, also in ca. 5
km Höhe, zu sehen. Dieses setzte sich bereits langsam zum Boden durch und lag
mit dem Zentrum über dem Südosten von Baffin-Island in Kanada nahe des Polarkreises. Bis zum
nächsten Morgen intensivierte sich dieses Tief und bildete ein Frontensystem
aus. Da es nun für Mitteleuropa wetterwirksam zu werden schien, wurde es auf
den Namen SCHWIEDHARD getauft.
Bis zum Morgen des 18. Mai (02 Uhr MESZ) zog der Wirbel
entlang der Höhenströmung nach Südosten, sodass das Zentrum mit einem Luftdruck
von etwa 1010 hPa südlich von Godthaab an der grönländischen Küste der
Labradorsee lag. Von dort verlief eine Okklusion, eine Mischform aus Warm- und
Kaltfront, in einem Bogen um den Kern bis zum Kap Farvel im Süden Grönlands und
wechselte dort in den Charakter einer Kaltfront. Als solche zog sie sich weiter
nach Westen über die Labradorsee, sowie die kanadische Provinz Labrador und
schloss im nördlichen Quebec an die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs an.
Am Folgetag änderte das Tiefdruckgebiet SCHWIEDHARD seine
Struktur kaum, zog jedoch rasch weiter nach Osten und verstärkte sich dabei.
Der Kern lag nun mit einem Druck von unter 995 hPa zwischen Island und der
Südspitze Grönlands. Das Frontensystem der Zyklone reichte weiterhin in einem
Bogen um den Kern nach Westen.
Das sich stabil über der Nordsee befindende Hoch YASMINA
behinderte das Tief SCHWIEDHARD nun vorerst am Ostwärtsziehen. So änderte der
Wirbel bis zum 20. Mai (02 Uhr MESZ) seine Struktur. Vom Kern, der südlich von
Island auf der Breite der Orkney-Inseln lag, zog sich eine Okklusion nach Osten
bis nahe der Faröer Inseln, wo sie sich aufspaltete. Ein Teil der Okklusion
verlief nach Nordosten und schloss über der Norwegischen See an ein
voranlaufendes Tief an. Der andere Teil erstreckte sich nach Süden über die
Hebriden westlich von Schottland über die Westküste Irlands bis südlich des Kap
Clear, wo sich diese Front erneut teilte. Eine Warmfront verlief nach Südwesten
bis östlich der Azoren, während sich eine Kaltfront nach Westen erstreckte und
zentral auf dem Nordatlantik an eine Warmfront des nachfolgenden Tiefs TRONJE
anschloss. Entlang des Systems war es meist dicht bewölkt und vor allem in
Schottland und Irland kam es zu Regenschauer.
Am 21. Mai lag das Zentrum der Zyklone mit einem
Kerndruck von ca. 995 hPa bei den Faröer Inseln. Von dort erstreckte sich eine
Okklusion nach Nordosten bis auf die zentrale Norwegische See südöstlich der
Insel Jan Mayen und spaltete sich dort in Warm- und Kaltfront auf. Die
Warmfront verlief weiterhin nach Nordosten bis zu den Vesteralen an der
norwegischen Küste und von dort nach Osten über Lappland bis zur Halbinsel
Kola, wo sie an das voran laufende Tief RICHARD anschloss. Die Kaltfront
verlief dagegen nach Südosten bis nach Trondheim in Norwegen und dann entlang
der Skanden nach Süden bis in die Nähe von Oslo. Dann reichte sie weiter in
einem Bogen nach Südwesten über die Nordsee und den Süden Englands bis zum
Ärmelkanal, wo sie weiterhin an das nachlaufende Tief TRONJE anschloss.
Besonders entlang der Kaltfront wurden mehrfach Schauer registriert, die in
Thorshavn in Norwegen bis zu 10 Liter Regen pro Quadratmeter fielen ließen. Im
südlichen England waren außerdem starke Temperaturgegensätze entlang der Front
festzustellen. Auf einer Distanz von
etwa 100 km wurden Unterschiede von bis zu 7°C gemessen.
Bis zum nächsten Tag zog das Frontensystem des Tiefs
SCHWIEDHARD entlang der Höhenströmung weiter nach Norden, während das Zentrum
fast konstant östlich von Island blieb. Vom Kern reichte eine Okklusion nach
Nordosten über die Norwegische See bis zum Nordkap und wechselte dort in den
Charakter einer Warmfront. Von dort erstreckte diese sich nach Südosten über
die Halbinsel Kola bis in die Nähe von Archangelsk, wo sie an die Kaltfront von
Tief RICHARD anschloss. In der Nähe des Weißen Meeres wurden dabei nochmals
Regenschauer gemeldet.
Am 23. Mai hatte das Tiefdruckgebiet SCHWIEDHARD ein
neues Frontensystem ausgebildet. Das Zentrum lag nun mit einem Kerndruck von
ca. 1010 hPa nördlich von Perm am westlichen Fuße des Urals. Von dort verlief
eine bereits okkludierte Front nach Süden bis nach Perm. Im Bereich des Zentrums
kam es dabei erneut zu mehreren Regenschauer, sodass die umliegenden
Stationen Niederschlagsmengen von bis zu
7 l/m² meldeten. Südlich des Kerns spaltete sich das Frontensystem erneut in
eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront verlief nach Südosten nahe des
Ural-Flusses bis zum südlichen Teil Westsibiriens. Die Kaltfront erstreckte
sich dagegen nach Südwesten über Zentralrussland bis nach Minsk, wo sie
weiterhin an Tief TRONJE anschloss.
Bis zum Morgen des 24. Mai (02 Uhr MESZ) verließ das
Tiefdruckgebiet SCHWIEDHARD den Vorhersageraum Richtung Osten und wurde nicht
mehr auf der Wetterkarte geführt.
Geschrieben am
14.06.2011 von Benjamin Siebert
Berliner
Wetterkarte: 21.05.2011
Wetterpate:
Schwiedhard Hoffstall