Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
SEBASTIAN
(getauft
am 06.12.2009)
Am Sonntag, den 6. Dezember 2009 zog, mit
einem Kerndruck unter 1000 hPa, ein Tiefdruckgebiet von der US-amerikanischen
Ostküste Richtung mittlerer Atlantik. Da sehr schnell abschätzbar wurde, dass
dieses auch Mitteleuropa beeinflussen würde, wurde das Tief auf den Namen
SEBASTIAN getauft.
Was nun folgte war eine extreme
Entwicklung. Innerhalb von 24 Stunden fiel der Luftdruck im Kern um etwa 35 hPa
auf Werte unter 965 hPa. In der Fachliteratur spricht man von einer
"rapiden Zyklogenese", wenn der Kerndruck pro Stunde um 1 hPa fällt.
In diesem Fall wurde dies deutlich übertroffen. So hatte SEBASTIAN Orkan-Status
erreicht. Auch in den nächsten 24 Stunden reduzierte seinen Kerndruck weiter. Dieser
sank, bis zum Morgen des 8.12., um etwa 21 hPa auf Werte unter 944 hPa. Statt
weiterzuziehen blieb der Wirbel SEBASTIAN bei 55°N, 30°W, also ungefähr 1000 km
südöstlich von Grönland, auf dem mittleren Atlantik stationär. Bis zum nächsten
Tag verlagerte sich SEBASTIAN nur noch ein wenig nach Norden, zu ungefähr 60°N,
30°W. Mit einem Kerndruck unter 952 hPa hatte er sich kaum abgeschwächt.
Dementsprechend windig war es auch auf Island und der Südspitze Grönlands.
Seine Ausläufer hingegen schafften es bis
auf den europäischen Kontinent. In der sehr milden Meeresluft stiegen die
Temperaturen in Cognac auf 16°C.
Im Laufe der Nacht zum 10. Dezember
entwickelte sich aus dem okkludierenden Frontensystem über der Deutschen Bucht
ein Teiltief namens SEBASTIAN II. Deshalb kam es über der Westhälfte
Deutschlands zu teilweise ergiebigem Regen. Bis zum Morgen des 10. fielen
beispielsweise in Düsseldorf und Essen jeweils 11 mm. In Bayern fiel der Regen
an der Donau am Vormittag noch auf gefrorenen Boden, so dass sich hier örtlich
Glatteis bildete. Dort hatte es in der Nacht leichten Frost zwischen 0 und -4°C
gegeben.
Tagsüber kam es zu lang anhaltenden und
ergiebigen Regenfällen. Am stärksten betroffen waren der Hamburger Raum über
das östliche Niedersachsen bis zum Harz, wo 24-stündig stellenweise über 40
Liter pro Quadratmeter fielen (z.B. Erfde 42 l/m², Quickborn 40 l/m², Springe
45 l/m²). Aber auch sonst fielen verbreitet 10 bis 20 Liter pro Quadratmeter,
nur im östlichen Vorpommern blieb es trocken. Auf dem Brocken, wo 45 l/m²
fielen, ging der Niederschlag am Nachmittag in Schnee über und bis zum Morgen
des 11. entstand dort eine 33 cm hohe Schneedecke.
Das ursprüngliche Tief SEBASTIAN I , zwischen Grönland und Island füllte sich langsam auf und
verschwand in der Versenkung. Auch SEBASTIAN II schaffte es nur noch bis
Rumänien und löste sich an Ort und Stelle auf.
Geschrieben am 07.01.2010 von Norbert Rupsch
Wetterkarte: 08.12.2009
Pate: Sebastian Appel