Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet SEPP

(getauft am 16.07.2019)

 

In der zweiten Juliwoche verlagerte sich ein markanter Kaltlufttrog in der mittleren Troposphäre auf ca. 5,5 km Höhe entlang der westlichen Höhenströmung von Neufundland aus über den nördlichen Teil des Atlantiks. An dessen Ostflanke bildete sich entlang der Frontalzone, an der die kältere Polarluft auf die wärmeren Luftmassen der gemäßigten Breiten trifft, am 12.07. ein Höhentief mit einem korrespondierenden Tiefdruckwirbel am Boden aus, dessen Kern in den folgenden Tagen unter schwankender Intensität in Richtung Island zog.

Da die Zugrichtung der Zyklone eine Beeinflussung des mitteleuropäischen Wetters ankündigte, wurde das Tiefdruckgebiet am 16.07. in der Analysekarte der Berliner Wetterkarte auf den Namen SEPP getauft. Am Tag der Taufe lag das Zentrum der Zyklone SEPP über dem Nordatlantik, südwestlich von Island, mit einem Kerndruck von 1000 hPa. Vom zentralen Tiefdruckwirbel zog sich eine Kaltfront in einem weiten Bogen über den Süden Islands und die irische Westküste bis über die Biskaya. Im Tagesverlauf überquerte die Kaltfront die Britischen Inseln und brachte auf der Rückseite moderate schauerartige Niederschläge mit sich. Zum Haupttermin um 08 Uhr MESZ meldeten die meisten irischen Messstationen 0,1 mm bis 2 mm 12-stündigen Niederschlag. Am im Inneren der Insel gelegenen Gurteen College fielen in diesem Zeitraum 5 mm, im nordirischen Castlederg 8 mm. Auch in Großbritannien brachte der Frontdurchgang Regenschauer. In Bedford fielen bis 08 Uhr MESZ 12-stündig 12 mm Niederschlag. Der Kaltfront vorgelagert war eine kürzere Warmfront, die bis über die Nordsee reichte und über dem Süden Islands bereits von der Kaltfront eingeholt wurde. Die aus diesem Zusammenfluss entstandene Front wird als Okklusion bezeichnet. Im Bereich dieser, im Laufe des Tages nordwärts ziehender Okklusionsfront, kam es in den südlichen Landesteilen Islands zu kräftigen Regenschauern. In Reykjavik fielen bis 20 Uhr MESZ 12-stündig 12,5 mm Niederschlag, in Ölkelduháls 21,5 mm. Im Norden der Insel fielen in Blönduós in diesem Zeitraum 14,5 mm.

Am 17.07. verlagerte sich Tief SEPP der Hauptströmung folgend langsam ostwärts und lag um 02 Uhr MESZ mit dem Zentrum unmittelbar vor der Südküste Islands, mit einem zum Vortag gleichbleibenden Kerndruck. In den folgenden Stunden bewegte sich der Kern des Tiefdruckwirbels weiter in Richtung Osten und lag in den Abendstunden ca. 270 Kilometer westsüdwestlich der Färöer. Dabei vertiefte sich der Kerndruck auf 993 hPa. Vom zentralen Tiefdruckwirbel aus erstreckten sich zwei Frontensysteme. Das nordseitig verlaufende System ersteckte sich über Island hinweg bis über die Nordsee zwischen Norwegen und den Britischen Inseln und okkludierte im Tagesverlauf zunehmend. Im Einfluss dieses Frontengebiets hielten die Niederschläge in Island weiter an, in Ólafsvík wurden im Bezugszeitraum zwischen 20 Uhr MESZ und 08 Uhr MESZ 18,5 mm Niederschlag gemessen. In südliche Richtung ersteckte sich vom Kern der Zyklone ein stark okkludiertes Frontensystem, dessen Kaltfront über dem mittleren Atlantik in die Warmfront eines zu diesem Zeitpunkt noch nicht benannten Gebiets tieferen Luftdrucks überging. Die Okklusion überquerte in den Mittagsstunden Irland und brachte insbesondere dem Nordteil der Insel ergiebigen Niederschlag. Die 12-stündigen Höchstwerte zum Haupttermin um 20 Uhr MESZ registrierten Thomastown mit 12 mm und Portglenone mit 14 mm. In der zweiten Tageshälfte erreichte die Okklusionsfront Schottland, an dessen Westküste die Messstation der Insel Tiree im Frontbereich zwischen 08 Uhr MESZ und 20 Uhr MESZ 16,5 mm Niederschlag registrierte. Ähnliche Werte wurden im gleichen Zeitraum auch in der Hauptstadt der Färöer, Tórshavn, gemessen, wo sich die Regenmenge auf 13,5 mm summierte.

Die sich bereits stetig verringernde Zuggeschwindigkeit des zentralen Tiefdruckkerns kam am 18.07. völlig zum Erliegen. An diesem Tag verharrte die Zyklone zwischen Island und den Färöern. Dabei schwächte sich der Zentrumsdruck bis zum Tagesende auf 997 hPa ab. Bedingt durch die stationäre Lage des Tiefs fielen im Bereich der spiralförmig vom Kern über die Nordsee bis über Schottland verlaufenden Okklusion an der isländischen Ostküste große Niederschlagsmengen. Bereits in der Nacht fielen in der Messstation Dalatangi zwischen den Hauptterminen um 20 Uhr MESZ und 08 Uhr MESZ 27,5 mm Regen, in den darauffolgenden 12 Stunden wurden 47 mm Niederschlag gemessen. Auf den Shetlandinseln wurde an der Station Baltasound bis 08 Uhr MESZ 12-stündig 12 mm Niederschlag gemeldet, Aberdeen meldete 16 mm. Weiter südlich waren die Fronten noch nicht okkludiert. Die Kaltfront verlief in den frühen Morgenstunden des 18.07. in Nord-Süd Richtung vom Bereich der Verbindungsstelle mit der Warmfront über dem südlichen Schottland über Wales, den Südwesten Englands und die Bretagne bis über den Atlantik wo sie in die Warmfront des nun als THEO benannten Tiefdruckgebiets überging. Auf der Rückseite der Kaltfront fielen zumeist schauerartige Niederschläge, deren gemessene Menge an den meisten englischen Messtationen unter 2 mm blieb. Die höchste Niederschlagswerte wurden entlang der englischen Ostküste und in Wales gemessen. Shap in der der Grafschaft Cumbria meldete um 08 Uhr MESZ eine 12-stündige Niederschlagsmenge von 10 mm, im nordwalisischen Capel Curig fielen in diesem Zeitraum 12 mm. Auch die Spitze der Bretagne wurde am Morgen von den Niederschlägen erreicht, in Brest fielen 12-stündig 2 mm, in Quimper 4mm. Die vorgelagerte Warmfront verlief über der Nordsee bis über die Benelux-Staaten. Im sich zwischen den beide Fronten befindlichen Warmsektor sorgten vom Mittelatlantik einfließende maritime Luftmassen der mittleren Breiten für milde Temperaturen, wie sich an den nächtlichen Tiefstwerten ablesen lässt. Auf Thorney Island östlich von Portsmouth wurde ein Minimum von 16,4°C gemessen, am Vortag waren es nur 10,6°C gewesen. Auch im Norden Belgiens und den Niederlanden war die Nacht deutlich milder. In Stabroek in Flandern lag die Tiefsttemperatur mit 16,3°C um 8,8°C höher als noch am vorherigen Tag. Im weiteren Tagesverlauf des 18.07. bewegte sich das Frontensystem ostwärts und beeinflusste am späten Nachmittag auch erstmals den westlichen Teil Deutschlands. Eine rapide okkludierende Front bildete sich von Norwegen bis nach Westdeutschland reichend aus, brachte dort aber kaum messbaren Niederschlag. Die Station Wipperfürth-Gardeweg in Nordrhein-Westfalen maß 12-stündig mit 0,5 mm um 20 Uhr MESZ den höchsten Wert auf deutschem Boden. Im äußersten Süden Norwegens wurden in derselben Zeitspanne dagegen bereits 4 mm in Obrestad und 5 mm an der Station des Leuchtturms Lista Fyr gemessen.

In der Nacht zum 19.07. erreichte auch die nun zunehmend nach Norden hin okkludierende Kaltfront Deutschland. An diesem Tag lag der Kern des Tiefs SEPP unverändert über dem nördlichen Atlantik westlich der Färöer und südöstlich von Island. Nachdem es am Abend des Vortages noch einmal zu einer kurzzeitigen Intensivierung des Kerndruckes auf unter 995 hPa gekommen war, schwächte sich der Druck der Zyklone SEPP im Laufe des 19.07. zunehmend ab bis auf annähernd 1000 hPa am Tagesende. Vom Zentrum des Tiefdruckgebietes SEPP verlief die Okklusion weiterhin über die isländische Ostküste, bewegte sich allerdings nun auch ostwärts über das norwegische Landesinnere. So kam es sowohl in Island als auch im südlichen Teil Norwegens zu starken Niederschlagsereignissen. Dalatangi meldete um 08 Uhr MESZ 12-stündig 22,8 mm Niederschlag während in Høydalsmo in der südnorwegischen Provinz Telemark 32 mm gemessen wurden. In Saerheim südlich von Stavanger fielen 22 mm. Über Deutschland befand sich der okkludierenden Kaltfront vorausgehend ein dichtes Wolkenfeld mit erwärmten subpolaren Luftmassen. Unter diesem kühlte sich der Westteil Deutschlands in der Nacht vom 18.07. zum 19.07 nur unwesentlich ab. In Münster lagen die Tiefstwerte bei 17,9°C, in Karlsruhe wurde mit einem Tiefstwert von 19,5°C eine Tropennacht knapp verpasst. Als solche werden Nächte mit einer minimalen Temperatur von über 20°C bezeichnet. Der Durchgang der Kaltfront sorgte in den ersten Stunden des Tages in den westlichen Landesteilen für Niederschlagsmengen zwischen 1 und 10 mm. Ein Schwerpunkt lag entlang eines Streifens vom Sauerland bis in die Eifel, in dem am Flughafen Köln-Bonn bis 08 Uhr MESZ 12-stündig 3,2 mm und in Prüm nahe der belgischen Grenze 5,6 mm gemessen wurden. Ein weiterer Niederschlagsschwerpunkt lag an der Nordseeküste, wo auf Norderney bis 08 Uhr MESZ 10 mm fielen. Bis zum Abend erreichte das Niederschlagsband der Kaltfront Ostdeutschland und den Berliner Raum. Der Frontdurchgang brachte Regenschauer, die vereinzelt durch Gewitter begleitet wurden. Dementsprechend fielen die gemessenen Niederschlagswerte lokal sehr unterschiedlich aus. In Groß Lukow reichte der 12-stündige Niederschlag bis 20 Uhr MESZ nicht aus, um gemessen zu werden. Wenige Kilometer weiter östlich wurden in Trollenhagen bei Neubrandenburg hingegen im gleichen Zeitraum 35,5 mm gemessen. Im Norden Berlins sorgte ein Schauer für 21 mm Niederschlag.

Am 20.07. zeigte der Tiefdruckwirbel SEPP starke Auflösungserscheinungen. Der Kern der Zyklone bewegte sich leicht westwärts unter stetig abschwächendem Kerndruck um die 1000 hPa. Eine nun vollständig okkludierte Front zog sich von Island über das Nordmeer, Norwegen und Schweden bis über Polen, wurde im Tagesverlauf aber zunehmend durch die Fronten des rasch nordöstlich ziehenden Tiefs THEO verdrängt. Die Niederschläge innerhalb der Frontzone fielen moderat aus. In Island fielen bis zum Haupttermin um 8 Uhr MESZ 12-stündig zumeist weniger als 2 mm Niederschlag, die höchste Menge wurde mit 9 mm in der Station Jökulheimar im Landesinneren gemessen. In Norwegen sorgten einzelne Schauer auf der Rückseite der Front für signifikante Niederschlagswerte, in Nesbyen wurden 13 mm gemeldet. In der Nacht setzte sich die Abschwächung von Tief SEPP weiter fort, bis es sich schließlich über dem Nordatlantik zwischen Island und Schottland auflöste. Auf der Bodenkarte der Berliner Wetterkarte vom 21.07. war die Zyklone nicht mehr verzeichnet.