Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet SOLVEIG

(getauft am 01.05.2018)

 

Am 01.05.2018 zog von Nordwestafrika ein Tiefdruckgebiet in nordöstlicher Richtung bis über Tunesien. Dieses sollte in den folgenden Tagen das Wetter über dem Mittelmeerraum maßgeblich beeinflussen und wurde daher in der Prognose für den 02.05.2018 auf den Namen SOLVEIG getauft.

Nach Nordosten ziehend lag das Tief SOLVEIG am 02.05.2018 um 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von minimal 996 hPa über Tunesien. UTC steht für Coordinated Universal Time, ist also eine Referenzzeit für alle Gebiete der Welt. 00 Uhr UTC entspricht 02 Uhr MESZ, was mitteleuropäischer Sommerzeit bedeutet. Mit seiner gegen den Uhrzeigersinn gerichteten Strömung lenkte der Wirbel SOLVEIG subtropische Luft aus dem Südosten Europas nach Nordwesten. Infolgedessen bildeten sich die für ein Tiefdruckgebiet typischen Fronten aus. Um 00 Uhr UTC erstreckte sich eine Warmfront vom Tiefzentrum aus nach Nordosten über das Tyrrhenische Meer bis vor die italienische Westküste nahe Rom. Dabei konnten vor allem im Norden Tunesiens sowie in Sizilien Gewitter beobachtet werden. Außerdem kam es entlang der Front zu mäßigen bis starken Regenfällen. So wurden beispielsweise in der tunesischen Küstenstadt Kelibia 33,2 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis zum Folgetag um 06 Uhr UTC gemessen. Im algerischen Souq Ahras waren es sogar 37,0 l/m² im gleichen Zeitraum. Auch auf Sardinien wurden ähnliche Regenmengen gemessen. Dazu erreichte der Wind im Tagesverlauf immer wieder Sturm- bis Orkanböen im Zentrum Tunesiens, so z.B. in den tunesischen Städten Kasserine und Thala mit Spitzenböen der Stärke 12 auf der Beaufort-Skala bis 15 Uhr UTC. Außer der Warmfront erstreckte sich zudem noch eine Kaltfront in der Höhe vom Kern nach Süden, war dabei allerdings nicht sonderlich wetterwirksam.

Zum 03.05.2018 hatte sich die Zyklone SOLVEIG weiter nach Nordosten verlagert, sodass sich ihr Kern um 00 Uhr UTC über Nordsizilien und dem Tyrrhenischen Meer befand. Dabei hatte es sich weiter vertieft, sodass ein Minimaldruck von 991 hPa gemessen werden konnte. An diesem Tag befand sich Tief SOLVEIG im Reifestadium einer Zyklone, zumal zu dieser Zeit das zugehörige Höhentief in einer Höhe von 500 hPa, also knapp 5,5 km, das Bodentief eingeholt hatte und sich nun genau über demselben befand. Bei dieser Konstellation wurden weiterhin südeuropäische, warme Luftmassen nach Westen transportiert. Die Warmfront zog sich um 00 Uhr UTC vom Zentrum aus nach Nordwesten über Sardinien und dann nach Norden über Korsika bis über die Alpen. Dort wechselte sie für einen kurzen Abschnitt ihren Charakter, erstreckte sich als Kaltfront über den süddeutschen Alpenrand und verlief dahinter weiter als Warmfront nach Nordosten, bis sie über Weißrussland in die Kaltfront der Zyklone QUITTA überging. Die eigene Kaltfront des Tiefs SOLVEIG erstreckte sich ebenfalls vom Kern aus zunächst nach Osten, um dann über dem Ionischen Meer nach Süden bis über die Libysche Küste zu verlaufen. Durch die warmen Luftmassen kam es in Nähe des Zentrums entlang der Fronten zu Konvektion und Niederschlägen. Zudem bildeten sich in Deutschland und Polen einige Gewitter. Bemerkenswerte Regenmengen wurden vor allem in Gewitternähe gemessen, z.B. an der tschechischen Station Ceske Budejovice mit 43,2 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis zum Folgetag um 06 Uhr UTC, sowie am Adriatischen Meer. In der italienischen Stadt Pescara fielen innerhalb von sechs Stunden bis 12 Uhr UTC 25 l/m², in Kroatien verbreitet über 30 l/m² innerhalb von 24 Stunden und im slowenischen Portoroz wurden sogar 36,8 l/m² im gleichen Zeitraum verzeichnet.

Am 04.05.2018 lag das Zentrum des Tiefdruckgebietes SOLVEIG mit knapp 1000 hPa um 00 Uhr UTC über dem Mittelmeer zwischen Mallorca und Sardinien. Es hatte sich damit etwas abgeschwächt und hatte sich wieder nach Westen verlagert. Inzwischen hatte sich bereits eine kurze Okklusionsfront ausgebildet, die um 00 Uhr UTC südlich des Kerns entlang der tunesischen und algerischen Küste verlief, mit ihrem Okklusionspunkt etwas westlich vonm Tiefdruckzentrum. Eine Okklusionsfront wird auch als Mischfront bezeichnet und entsteht, wenn eine Kaltfront eine in gleiche Richtung ziehende Warmfront einholt und sich die kalte Luft aufgrund ihrer höheren Dichte unter die wärmere schiebt. Der Punkt, an dem dies jeweils geschieht, heißt Okklusionspunkt. Da die wärmere Luft zum Aufsteigen gezwungen wird, kühlt sich diese ab und die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit kondensiert zu Wolken. Daher kommt es an Okklusionsfronten häufig zu Niederschlägen. Die Warmfront des Wirbels SOLVEIG erstreckte sich von dessen Kern aus nach Norden über Frankreich, dort weiter Richtung Nordosten bis über Süddeutschland, wo sie in die Kaltfront des Tiefs THORUN überging. Die Kaltfront des Tiefs SOLVEIG führte vom Okklusionspunkt bogenförmig über die Balearen und Korsika, dann nach Südosten die italienische Westküste entlang bis über Libyen. Im Tagesverlauf kam es entlang der okkludierenden Kaltfront und vor allem über den Dinarischen Alpen immer wieder zu Gewittern. Dabei wurden innerhalb von 24 Stunden bis zum Folgetag um 06 Uhr UTC verbreitet Regenmengen um 30 l/m² registriert, vereinzelt allerdings auch deutlich höhere Niederschlagsmengen verzeichnet, wie z.B. auf Menorca mit 38,2 l/m² in Es Mercadal oder im Balkan mit sogar 48,8 l/m² in Gradačac, Bosnien und Herzegowina.

Ab diesem Tag blieb die Zyklone SOLVEIG relativ stationär. Sie lag am 05.05.2018 um 00 Uhr UTC mit ihrem Kern über Sardinien. Zudem hatte sie sich weiter abgeschwächt und im Zentrum einen Tiefstwert von 1008 hPa inne. Außerdem waren ihre Fronten nun vollkommen okkludiert und die resultierende Mischfront zog sich um 00 Uhr UTC vom Kern ausgehend bogenförmig nach Westen über Menorca, die Alpen entlang und von dort aus nach Südosten weiter über das Dinarische Gebirge, wo sie ab Griechenland in die Warmfront eines weiteren, unbenannten Tiefs überging. Dabei kam es vielerorts erneut zu Regenschauern mit sehr verschiedenen Regenmengen: Während im italienischen Campobasso innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC 54 l/m² erfasst wurden, regnete es in den umliegenden Orten allerdings nur meist 0-5 l/m². An Grenze zu sehr warmer, maritimer, subtropischer Luft über der Balkanhalbinsel entstanden zudem auch wiederum Gewitter mit örtlich sehr starken Schauern, wie z.B. in Bosnien und Herzegowina mit 61,1 l/m² in Banja Luka und 67,0 l/m² in Sanski Most, beide Male innerhalb von 24 Stunden bis zum nächsten Tag um 06 Uhr UTC. In allen weiteren Gebieten entlang der Front wurden meist nur rund 10 l/m² im selben Zeitraum verzeichnet. Mancherorts blieb es sogar komplett trocken.

Auch bis zum 06.05.2018 hatte sich das Tiefdruckgebiet SOLVEIG kaum weiter nach Westen bewegt. Dafür hatte es sich weiterhin stark abgeschwächt, zumal sein tiefster Druck nur noch knapp 1015 hPa betrug. So konnte auch kein Frontensystem mehr analysiert werden. Im Bereich des Tiefdruckgebietes kam es örtlich noch zu dichter Bewölkung und vereinzelten, selten auch noch gewittrigen Niederschlägen, die aber kaum nennenswerte Regenmengen mit sich brachten. Im Tagesverlauf löste sich die Zyklone vollständig auf und erschien ab dem Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte.