Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet STEFAN

(getauft am 20.02.2017)

 

Auf der Rückseite eines umfangreichen Troges in etwa 5,5 km Höhe zog ein Tief der Höhenströmung folgend auf Bodenniveau im Laufe des 19.02.2017 von der kanadischen Provinz Quebec nach Osten. Da dieses Tief Einfluss auf Mitteleuropa nehmen sollte, wurde es am 20.02. mit seiner Lage knapp östlich von Neufundland und einem Kerndruck um 01 Uhr MEZ von ca. 1000 hPa auf den Namen STEFAN getauft.

Zu diesem Zeitpunkt bestand das Frontensystem des Tiefs STEFAN aus einer vom Kern nach Osten ausgehenden kurzen Okklusion, also einer Front mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, die sich auf Länge der Südspitze Grönlands in eine nach Süden weisende Warmfront und in eine nach Südwesten verlaufende Kaltfront aufspaltete. Dieser Kaltfront folgte eine weitere Kaltfront, die sich ebenfalls vom Kern des Tiefs STEFAN nach Südwesten bis nach Pennsylvania erstreckte. Am Flughafen in Gander auf Neufundland konnte dabei in 6 Stunden bis 01 Uhr MEZ 1 l/m² Regen verzeichnet werden.

Der Wirbel STEFAN verlagerte sich bis zum 21.02. um 01 Uhr MEZ weiterhin der Höhenströmung folgend nach Nordosten bis über das Seegebiet südwestlich von Island. Dabei begann das Tief STEFAN mit einem Höhenwirbel westlich von Island zu korrespondieren, wodurch es sich auf einen Kerndruck von etwa 985 hPa verstärkte. Vom Tiefdruckkern führten eine kurze Warmfront nach Südosten und eine Kaltfront nach Südwesten, an welche sich auf Länge der Südspitze Grönlands die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs anschloss. Südlich des Tiefs STEFAN befand sich ein weiteres Frontensystem, welches sich keinem Tiefdruckkern klar zuordnen ließ. Mit diesem verband sich im Tagesverlauf die Warmfront des Wirbels STEFAN und nahm somit bis zum Morgen bereits Einfluss auf die Britischen Inseln. Bis 07 Uhr MEZ fielen in Irland und Großbritannien innerhalb von 12 Stunden 4 l/m² am Loch Glascarnoch sowie je 3 l/m² an der Station Oak Park im irischen Carlow und am Flughafen von Shannon. In Island traten aufgrund der Höhenkaltluft im Bereich des Troges Schauer auf, wodurch in Akurnes in 15 Stunden bis 10 Uhr MEZ 5 l/m² an Regen und Schnee gemessen werden konnten. Während die Britischen Inseln bis zum Abend in den Warmsektor des Tiefs STEFAN, d.h. dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront gerieten, wodurch dort subtropische Luftmassen einflossen, griff die Warmfront nun auch auf Belgien und den Westen Deutschlands über. Bis 19 Uhr MEZ wurden dabei innerhalb von 12 Stunden 7 l/m² in Bad Marienberg sowie 6 l/m² am Mont-Rigi im Osten Belgiens registriert. Auch in Island hielt der Niederschlag weiter an und führte in Akurnes zu weiteren 19 l/m² in 9 Stunden.

Um 01 Uhr MEZ des 22.02. konnte das Tief STEFAN mit einem sich weiter verstärkten Kerndruck von rund 965 hPa östlich der Färöer-Inseln analysiert werden. Westlich des Zentrums führte eine Okklusion nach Nordwesten bis nördlich von Island und eine andere bogenförmig Richtung Südosten, bis über Südwestnorwegen, wo sich ihr Okklusionspunkt befand. Daran anschließend reichte eine Warmfront nach Südosten über Niedersachsen und Bayern bis nach Slowenien. Des Weiteren verlief eine Kaltfront vom Okklusionspunkt aus nach Südwesten über die Britischen Inseln bis über den Atlantik, wo sich auf Länge Reykjaviks die Warmfront des nachfolgenden Tiefs THOMAS anschloss. Die mit den Fronten verbundenen Niederschlagsgebiete verstärkten sich ebenfalls und sorgten bis 07 Uhr MEZ für 12-stündige Werte von 15 l/m² in Göteborg, 18 l/m² am walisischen Lake Vyrnwy, 22 l/m² im norwegischen Evanger und 24 l/m² an der Station Bergen/Florida. In Deutschland konzentrierten sich die Niederschläge vor allem auf den Norden und die Gebirgsregionen. So wurden auf dem Feldberg im Schwarzwald 14 l/m², in Schleswig und Kiel jeweils 15 l/m² und in Itzehoe 17 l/m² gemessen. Bis zum Abend zog das Tief STEFAN mit seinem Frontensystem weiter nach Osten. Während das Tief THOMAS bereits Einfluss auf die Britischen Inseln nahm, führte der Wirbel STEFAN in Südskandinavien, den Benelux-Ländern, Deutschland, Polen, der Slowakei und Weißrussland erneut zu 12-stündigen Niederschlagssummen von verbreitet 4 bis 8 l/m². Vielerorts konnten jedoch größere Mengen beobachtet werden. Bis 19 Uhr MEZ fielen zum Beispiel in Zilina in der Slowakei 9 l/m², in Poznan 11 l/m², im schwedischen Vestmarkum 15 l/m² und an der norwegischen Station Eik Hove 17 l/m². Mit dem Durchzug der Kaltfront intensivierten sich Niederschläge in Deutschland vor allem im Stau der Gebirge sowie in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Dabei konnten 17 l/m² in Ummendorf bei Magdeburg, 23 l/m² auf dem Kahler Asten, 29 l/m² auf dem Brocken und 40 l/m² in Braunlage registriert werden. Selbst in der Gemeinde Pec pod Snezkou im tschechischen Teil des Riesengebirges am Fuße der Schneekoppe gelegen, wurden noch 25 l/m² verzeichnet. Gleichzeitig hatte sich das Tief STEFAN zu einem Sturmtief entwickelt, wodurch an der Grenzfläche zwischen dem Wirbel und dem Azorenhoch über Zentraleuropa hohe Windgeschwindigkeiten auftraten. In Deutschland wurden dadurch Spitzenböen der Stärken 8 bis 9 auf der Beaufortskala gemeldet. Im Gebirge nahm der Wind mitunter auch Orkanstärke an und wehte dann in Böen mit bis zu 108,1 km/h auf der Zugspitze, 115,3 km/h auf dem Fichtelberg und 136,9 km/h auf dem Brocken.

Am Folgetag um 01 Uhr MEZ befand sich das Zentrum des Tiefs STEFAN mit einem Druck von etwa 970 hPa über dem südlichen Bottnischen Meerbusen. Vom Kern führte eine Okklusion nach Südosten über Estland und Weißrussland bis zum Okklusionspunkt nördlich von Kiew. Daran anschließend erstreckte sich eine Warmfront nach Süden bis über den Norden der Türkei. Eine Kaltfront reichte nach Westen über Südpolen bis nach Mitteldeutschland, wo sich erneut die Warmfront des Tiefs THOMAS anschloss. Des Weiteren verlief eine zweite Kaltfront südlich des Zentrums des Wirbels STEFAN von der Ostsee über Südschweden bis zur nordwestlichen Nordsee. Im Zusammenspiel mit Tief THOMAS intensivierte sich das Windfeld über Deutschland und Skandinavien noch weiter, wodurch nun verbreitet maximale Windböen der Stärke 9 bis 10 gemeldet werden konnten. In Deutschland wurden nicht nur in den Gebirgen Orkanböen, sondern nun auch im Flachland orkanartige Böen gemeldet, wie beispielsweise in Oschatz mit 104,5 km/h oder in Geilenkirchen mit 111,7 km/h. Die Niederschläge zogen mit den Fronten nach Osteuropa ab. Dabei konnten innerhalb von 12 Stunden jeweils 7 l/m² in Zlobin in Weißrussland sowie in Vinnytsia in der Ukraine, 9 l/m² im rumänischen Ocna Sugatag, 13 l/m² im polnischen Wielun und 17 l/m² im finnischen Anjala registriert werden.

Mit nordöstlicher Zugbahn verlagerte sich das Tief STEFAN zum 24.02. bis über Zentralfinnland. Der Wirbel schwächte sich etwas auf rund 980 hPa ab. Eine Okklusion verlief vom Kern ausgehend nach Südosten und ging über Nordwestrussland auf Länge von Archangelsk in die Okklusion eines anderen Tiefs über. In diesem Bereich spaltete sich noch eine nach Osten bis über Westsibirien führende Warmfront ab. Bis 07 Uhr MEZ fielen erneut 12-stündig je 4 l/m² im schwedischen Haparanda und an der finnischen Station Paljakka, sowie jeweils 5 l/m² in Pudoz und in Kondopoga in Russland.

Das Tief STEFAN verblieb mit seinem Zentrum bis zum Folgetag fast stationär und verlagerte sich nur wenig weiter ostwärts über Karelien. Dem Tief mit einem Kerndruck von ca. 985 hPa konnte um 01 Uhr MEZ bereits kein Frontensystem mehr zugeordnet werden. Meist sorgte die Zyklone STEFAN nur noch für wenige Zehntel l/m² Niederschlag, lediglich vereinzelt wurde mehr als 1 l/m² gemessen, wie in Nyrud im Norden Norwegens mit 2 l/m² oder an der Station Kiutaköngäs nördlich von Kuusamo mit 3 l/m² in 12 Stunden.

Durch die fortschreitende Abschwächung des Tiefs STEFAN wurde dieses bis zum Morgen in die Zirkulation des von Westen heranziehenden Wirbels THOMAS aufgenommen und konnte somit nicht weiter namentlich auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.

 


Geschrieben am 25.04.2017 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 22.02.2017

Pate: Stefan Rosenow