Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet STEFAN

(getauft am  26.04.2013)

 

Am Morgen des 24.04. trat ein noch unbenanntes Tief erstmals am südlichsten, von der Berliner Wetterkarte analysierten Bereich in Erscheinung. Mit einem Druck von 1010 hPa lag das Zentrum gegen 00 Uhr UTC, d.h. 02 Uhr MESZ, über dem zentralen Algerien. Von dessen Kern ging in nordöstlicher Richtung eine Höhenwarmfront aus, die sich in einem Bogen nördlich an Tripolis vorbei übers Mittelmeer in Richtung Osten zog und nahe dem libyschen Adschdabiya endete. Dem Wirbel zugehörig war ein sich rasch verstärkendes Niederschlagsgebiet, welches sich im Laufe des Tages mit dem Zentrum nach Nordwesten zur algerisch-tunesischen Mittelmeerküste verlagerte. Besonders im nördlichen Algerien fiel der einsetzende Regen mitunter sehr ergiebig aus, innerhalb
von 24 Stunden kamen bis 06 Uhr UTC in Oran 43 Liter, in Mascara-Gheriss 47 Liter und in Béthioua 60 Liter pro Quadratmeter zusammen. Die höchste Niederschlagsmenge wurde jedoch in Bouzareah registriert, hier fielen innerhalb von 24 Stunden bis zu 66 Liter auf einen Quadratmeter. Weniger stark ausgeprägt waren die Niederschlagsmengen in Tunesien. Hier fielen je nach Region zwischen 5 und 8 Liter Regen pro Quadratmeter.

Gegen 00 Uhr UTC des 25.04. lag der Kern des Tiefdruckwirbels mit einem Druck von weiterhin knapp unter 1010 hPa unweit der algerischen Hauptstadt, Algier. Westlich des Kerns lag eine Okklusionsfront, die sich zunächst nach Nordosten in Richtung Mittelmeer zog. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront beschrieben, die sowohl Warm- als auch Kaltfronteigenschaften in sich vereint. Die Stelle, an dem die Warm- und Kaltfront ineinander übergehen wird Okklusionspunkt genannt. Ein solcher Punkt lag wenige Kilometer nördlich von Algier. Von diesem verlief die Warmfront östlich an den Balearen vorbei nach Nordosten, während die der Warmfront nachfolgende Kaltfront einen Bogen über Ost nach Süden beschrieb und bis weit über die Sahara reichte.

Zusätzlich dazu bildete sich in einer Höhe von ca. 5,5 km ein sogenannter Kaltlufttropfen aus, der sich weiter abschnürte und zu einer Verstärkung des Tiefs führte. Dadurch konnte sich auch das Regengebiet weiter ausprägen und sich teils erheblich intensivieren. Am frühen Abend reichte es in einer leichten Spirale dem sich bis dahin entwickelten Frontenverlauf folgend von Nordwestalgerien und Ostspanien entlang der Straße von Sizilien bis nach Libyen. Wie schon am Vortag kam es auch an diesem Tag in Teilen Algeriens zu ungewöhnlich starken Niederschlägen. In Béthioua wurden innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC 34 Liter, in Mascara-Gheriss 69 Liter und bei Oran 70 Liter pro Quadratmeter gemessen. Eine im Hafen von Oran gelegene Messstation meldete sogar bis zu 97 Liter je Quadratmeter. In den vergangenen zwei Tagen fiel somit in manchen Regionen Algeriens das anderthalb- bis dreifache der durchschnittlichen Regenmenge für den Monat April. Diese liegt beispielsweise in Oran bei knapp 40 Litern pro Quadratmeter. In Libyen konzentrierten sich die Niederschläge im Wesentlichen auf die Gegend um und westlich von Hun, jedoch sind die Wetteraufzeichnungen der Region teilweise unvollständig. Nach anfänglichen vom Wind herangeführten Sand beziehungsweise Schwebstaub wurden bei Hun innerhalb von 14 Stunden bis etwa 21 Uhr UTC 25 Liter Regen pro Quadratmeter registriert. In den Mittagsstunden wurden hier zudem Temperaturen von 37°C gemeldet. Auch in Spanien setzten im Laufe des Tages Niederschläge ein. Im selben Zeitraum wie in Algerien waren es auf Ibiza 16 Liter, in Alicante 24 Liter je Quadratmeter und bei Murcia, je nach Messstation, zwischen 14 und
30 Liter je Quadratmeter. Da sich der Einfluss des Tiefdruckwirbels nun auch über Mitteleuropa erstreckte, wurde es schließlich auf den Namen STEFAN getauft. Zum Tauftag verlagerte sich die Zyklone STEFAN nur wenig. Leicht abgeschwächt lag das Zentrum mit einem Druck von 1015 hPa etwa 100 Kilometer nördlich von Algier über dem Mittelmeer. Westlich des Kerns beginnend beschrieb eine nunmehr vollständig okkludierte Front einen Bogen über Südostspanien und Sardinien um das Zentrum des Wirbels herum an Tunis vorbei nach Süden. Das Niederschlagsgebiet hatte sich ebenfalls abgeschwächt. Bei Alicante fielen in den vorangegangenen 24 Stunden bis 06 Uhr UTC 4,4 Liter, in verschiedenen Stationen von Murcia je nach Lage zwischen 2,4 und 11 Liter und auf Ibiza 12 Liter pro Quadratmeter aus leichtem bis mäßigem Regen. Auf Sardinien kamen auf einen Quadratmeter durch zumeist leichten Regen oder Sprühregen zwischen 0,4 Litern in Olbia und 5 Litern bei Capo Carbonara zusammen, ganz im Norden der Insel blieb es bisweilen auch trocken.

Bis zum 27.04. hatte sich der Kaltlufttropfen einem weitreichendem Höhentrog, einem Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden angegliedert, wodurch die Intensität des Tiefs STEFAN deutlich nachließ. Somit schwächten sich auch die Niederschläge merklich ab, jedoch regnete es im Einflussgebiet der Zyklone weiterhin und so kamen in Olbia nochmal 3 Liter pro Quadratmeter aus Sprühregen zusammen. Im Laufe des Vormittages schwächte sich der Wirbel jedoch soweit ab, dass er am Folgetag, dem 28.04. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.

 


 

Geschrieben von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 26.04.2013

Pate: Stefan Voosen-Linnig