Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
STEFFAN
(getauft
am 13.10.2015)
Im Laufe des 12.10.2015 entwickelte sich
über dem Seegebiet zwischen dem Golf von Lyon und dem Ligurischen Meer eine
Zyklone, welche aufgrund ihres prognostizierten Einflusses auf Mitteleuropa am
darauffolgenden Tag auf den Namen STEFFAN getauft wurde.
Um 01 Uhr MEZ am 13.10. wurde das Tief
STEFFAN mit einem Kerndruck von rund 1013 hPa südlich von Nizza analysiert. Vom
Kern verlief eine Okklusion, d.h. eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften,
nach Südosten, änderte über dem Westen Korsikas ihren Charakter in den einer
Kaltfront und erstreckte sich anschließend über das westliche Mittelmeer nach
Südwesten bis nach Marokko. Hierbei konnten die Luftmassengrenzen jedoch nur in
der Höhe und nicht am Boden analysiert werden. Über den Schweizer Alpen befand
sich ein weiterer Tiefdruckkern mit einem geringfügig höheren Druck, von
welchem einerseits eine Warmfront nach Südosten entlang der östlichen
Adriaküste bis nach Griechenland und andererseits eine Kaltfront nach Südwesten
über den Südosten Frankreichs und dem Osten Spaniens führten, wo letztere in
die Warmfront des Ex-Tropensturms JOAQUIN mit Zentrum nahe Lissabon überging.
Unterstützt wurde das System durch einen Kaltluftvorstoß in der mittleren
Atmosphäre, also in einer Höhe von etwa 5,5 km. Dieser dehnte sich über Mittel-
sowie Teilen West- und Osteuropas aus und umfasste dabei auch die Iberische
Halbinsel. Bis 07 Uhr MEZ kam es unter dem Einfluss des Tiefs STEFFAN vor allem
in Frankreich und Norditalien zu ergiebigen Regenfällen. So wurden 12-stündige
Niederschlagsmengen von 9 l/m² in Carpentras, 23 l/m²
in Genua, 24 l/m² in Pau und 28 l/m² in Venedig
aufgezeichnet, wobei die Regensumme in letzterem sogar nur innerhalb von 3
Stunden fiel. Da der Niederschlag in Frankreich bereits am Tag zuvor einsetzte,
konnten bis zum selben Zeitpunkt in den vorangegangenen 24 Stunden sogar 47,1
l/m² in Avignon, 48,3 l/m² in Toulon, 49,0 l/m² in Montelimar,
51,7 l/m² in Orange und 76,9 l/m² an der Station Nimes/Courbessac
gemessen werden. In der Schweiz wurden derweil 12-stündige Werte von maximal 14
l/m² vom Monte Generoso und 17 l/m² aus Stabio gemeldet. In Österreich und im Süden Deutschlands
blieb der Niederschlag meist im Bereich unter 1 l/m². Während sich das
Regengebiet über Frankreich abschwächte, intensivierte es sich über der Alpenregion
und besonders über dem Norden Italiens nochmals. In den folgenden 12 Stunden
bis 19 Uhr MEZ wurden somit erneut 8 l/m² in Oberstdorf, 14 l/m² im österreichischen
Weißensee, 18 l/m² im schweizerischen Robiei sowie 33
l/m² in Venedig, 50 l/m² in Ronchi Dei Legionari und
63 l/m² in Frosinone registriert.
In der Folge entwickelte sich in der Höhe
ein ausgeprägter Wirbel über dem Elsass, welcher das Tief STEFFAN verstärkt
unterstützte. Dieses verlagerte sich im Vergleich zum Vortag nur wenig nach
Nordosten und befand sich um 01 Uhr MEZ des 14.10. mit seinem Zentrum und einem
leicht verstärkten Druck von ca. 1009 hPa nahe Bologna über Norditalien. Vom
Kern erstreckten sich eine Warmfront nach Südosten über die Adria und eine
Kaltfront nach Südwesten über Sardinien bis nach Algier. Des Weiteren verliefen
nordwestlich des Kerns eine weitere Warmfront über die österreichischen Alpen
und Ungarn bis über den Norden Serbiens sowie eine Kaltfront über Toulon und
das Balearen-Meer bis nach Ostspanien. Auch im Süden Deutschlands kam es nun zu
einer Intensivierung der Niederschlagsaktivität, wodurch innerhalb von 12
Stunden bis 07 Uhr MEZ dieses Tages 22 l/m² in Oberstdorf und 23 l/m² in Leutkirch-Herlazhofen fielen. Auch in Österreich, Italien
sowie den nun in den Einflussbereich des Wirbels STEFFAN gelangten Slowenien,
Ungarn und Kroatien konnten sich die Niederschläge etablieren bzw. nochmals
intensivieren. Im selben Zeitraum wie zuvor konnten dabei an den slowenischen
Stationen Kredarica 33 l/m², Crnomelj
39 l/m² und Nova Gorica 74 l/m² sowie in Kroatien 35 l/m² in Rijeka/Omisalj, 37 l/m² in Zadar Puntamika
und 44 l/m² in Gospic verzeichnet werden. An der
Station Rijeka/Kozala fielen anschließend sogar 35
l/m² Regen in nur 6 Stunden bis 13 Uhr MEZ. In den 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ wurden
außerdem aus Dellach im Drautal 27 l/m², aus Zavizan 51 l/m², aus Nova Gorica nochmals 53 l/m² und aus Gospic sogar 106 l/m² vermeldet. Italien befand sich
währenddessen im Bereich zwischen der Warm- und Kaltfront des Tiefs STEFFAN,
welcher als Warmsektor bezeichnet wird. Dadurch flossen subtropische Luftmassen
ein und es traten verbreitet Sommertage mit Höchsttemperauren von über 25,0°C
auf. So beispielsweise in Termoli mit 28,0°C oder in
Catania mit 29,8°C. In Palermo wurde mit 30,2°C sogar ein Heißer Tag erreicht,
für welchen das Maximum mindestens 30,0°C betragen muss. In der warmen
Luftmasse bildeten sich im Laufe des Tages Gewitter aus, wie sie beispielsweise
von den Stationen in Pisa, Frosinone und Guidonia
gemeldet wurden. Abermals kam es lokal zu hohen Regenmengen. Die höchsten
12-stündigen Niederschläge fielen dabei mit 45 l/m² in Tarvisio,
47 l/m² in Frosinone, 50 l/m² in Pisa und mit 82 l/m² in Venedig.
Unter weiterer Ausbreitung des Höhenwirbels
blieb das Bodentief STEFFAN bis zum Folgetag mit einem Kerndruck von rund 1006
hPa in seiner Lage nahezu stationär über dem Golf von Genua. Vom Zentrum führte
eine Okklusion nach Nordosten und spaltete sich am sogenannten Okklusionspunkt
in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Dieser befand sich nahe Bologna und
markiert den Punkt, an welchem die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront
einholt und diese anhebt, wodurch sich die Okklusion als Mischfront ausbildet.
Die Warmfront verlief von dort weiter bis zur kroatischen Adriaküste bei Zadar
und ging dort in die Kaltfront eines anderen Tiefs über. Die Kaltfront
erstreckte sich hingegen über Mittelitalien und südlich an Sardinien vorbei
nach Südwesten bis nach Algerien. Mit der Kaltfront strömten maritime
Luftmassen subpolaren Ursprungs heran, welche sich zwar bereits erwärmt hatten,
beim Auftreffen auf die vorherrschende Subtropikluft in Nordafrika dennoch zur
Bildung von Schauern und Gewittern führten. So meldeten bereits in der Nacht
zum 15.10. viele tunesische und algerische Stationen Gewitter und in Zaghouan im Nordosten Tunesiens wurden in nur 3 Stunden bis
22 Uhr MEZ am 14.10. 17 l/m² Niederschlag registriert, weiter im Landesinneren waren
es in Thala bis 19 Uhr MEZ am 15.10. ebenfalls
3-stündig 15 l/m². Die subpolaren Luftmassen sorgten in Italien für einen
leichten Temperaturfall, wodurch Cozzo Spadaro mit 25,0°C und Palermo/Punta Raisi
mit 26,3°C die einzigen beiden Stationen waren, welche noch einen Sommertag
verzeichnen konnten. Die Niederschläge hielten im Bereich des Tiefs STEFFAN
derweil an und es wurden abermals hohe Regenmengen gemeldet. Die höchsten
12-stündigen Werte wurden dabei in Bad Radkersburg in
Österreich mit 33 l/m², in Stabio mit 45 l/m², im
slowenischen Cerklje Ob Krki
mit 53 l/m² und in Prizzi mit 75 l/m² gemessen. Hinzu
kamen starke und oftmals gewittrige Niederschläge in Kroatien, wodurch
6-stündig 44 l/m² in Senj, 76 l/m² in
Dubrovnik/Gorica sowie 24-stündig bis 13 Uhr MEZ 99,6 l/m² in Ploce und 123,3 l/m² in Zavizan
registriert wurden.
Mit fortschreitender Okkludierung
bildeten sich bis zum Folgetag entlang des Frontensystems zwei weitere
Tiefdruckkerne aus. Das Frontensystem löste sich dabei vom ursprünglichen
Tiefdruckkern, welcher weiterhin über dem Golf von Genua lag, und verlagerte
sich der Höhenströmung folgend nach Norden. Der Höhenwirbel befand sich nun
fast zentral über dem Hauptzentrum des Tiefs STEFFAN, welches einen Kerndruck
von ca. 1008 hPa aufwies. Das westlichere der beiden Teiltiefs wurde um 01 Uhr
MEZ über Luxemburg analysiert. Dabei verlief je eine Okklusion nach Südwesten
bis über Zentralfrankreich und nach Nordosten bis nordöstlich von Prag, wo sich
am Okklusionspunkt das zweite Teiltief befand. Von dort erstreckte sich die
Warmfront über die Westkarpaten bis über Westrumänien und die Kaltfront zog
sich in südlicher Richtung über Österreich und Kroatien bis nach Süditalien, wo
sie an ein anderes System Anschluss fand. Die dazugehörigen Niederschläge fielen
in Deutschland im Norden und Nordosten des Landes am stärksten aus. In
Berlin-Dahlem konnten 7 l/m², in Marnitz 17 l/m², in Fassberg 22 l/m² und in
Soltau 23 l/m² in 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ gemessen werden. In Baruth wurden
sogar 17 l/m² Regen in nur 6 Stunden bis 13 Uhr MEZ beobachtet. Außerhalb
Deutschlands wurden des Weiteren 12-stündige Werte von zum Beispiel 22 l/m² auf
dem Bjelasnica südwestlich von Sarajevo, 25 l/m² im
ungarischen Kekesteto, 26 l/m² im slowakischen Sliac und 30 l/m² an der italienischen Station Torino/Caselle registriert. Die höchste Intensität zeigte
das Niederschlagsfeld jedoch in Montenegro auf. Bei anhaltenden Regen und
vereinzelten Gewittern wurden dort bis 19 Uhr MEZ innerhalb von 24 Stunden 58
l/m² in Podgorica/Golubovci, 149 l/m² in Niksic und 155 l/m² in Tivat
verzeichnet.
Da die beiden Teiltiefs sich auch bis zum
17.10. etablieren konnten, erhielten sie in der Folge die Namen STEFFAN II und
STEFFAN III. Das Tief STEFFAN I befand sich indes weiterhin ohne zuzuordnendes
Frontensystem mit 1016 hPa stationär über Genua. Der Wirbel STEFFAN II lag nun
über dem Grenzgebiet zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden und
besaß einen Kerndruck von 1019 hPa. Vom Zentrum des Tiefs STEFFAN II verlief
eine Okklusion nach Südosten bis über den Südwesten Frankreichs. Eine weitere
Okklusionsfront führte bogenförmig über Norddeutschland hinweg nach Osten bis zu
ihrem Okklusionspunkt über dem Westen Polens, wo auch der Kern der Zyklone
STEFFAN III analysiert wurde. Die Warmfront zog sich anschließend über Polen
und die westliche Ukraine bis zur Nordwestküste des Schwarzen Meeres und die
Kaltfront erstreckte sich nach Süden über Ungarn bis nach Südserbien. Außerdem
bildete sich zwischen den drei Tiefdruckzentren über Süddeutschland ein flaches
Hochdruckgebiet aus, welches sich aber bis zum Folgetag zur Adria verlagerte
und sich dort auflöste. Während sich das Tief STEFFAN I bis zu den
Mittagsstunden ebenfalls auflöste und in Italien bis 07 Uhr MEZ nochmals
12-stündig für 8 l/m² in Latina und 11 l/m² in Pisa sorgte, schwächten sich
auch die Niederschlagsfelder im Bereich der Tiefs STEFFAN II und III ab. Im
selben Zeitraum wie zuvor konnten somit noch 7 l/m² in Zinnwald-Georgenfeld, 17
l/m² im slowakischen Chopok, 20 l/m² in Podgorica/Golubovci, 30 l/m² im albanischen Tirana-La Praka und 37 l/m² in Kekesteto
gemessen werden. In den darauf folgenden 12 Stunden wurden des Weiteren im
tschechischen Milesovka 6 l/m², im polnischen Czestochowa 15 l/m², an der kroatischen Station Osijek/Cepin 17 l/m², im serbischen Smederevska
Palanka 18 l/m² und im albanischen Vlore 25 l/m² registriert.
Bis zum 18.10. schwächste sich der
Höhenwirbel aufgrund eines sich verstärkenden Warmluftvorstoßes über den
Britischen Inseln, welcher mit dem Bodenhoch QUINTA korrespondierte, zusehends
ab. Das Tief STEFFAN bestand um 01 Uhr MEZ aus den Wirbeln STEFFAN II und III
sowie einem sich neu formierten Tief STEFFAN IV. Dieses befand sich mit einem
Druck von 1016 hPa nordöstlich von Warschau. Dabei verlief vom Zentrum des
Tiefs STEFFAN IV eine Warmfront nach Südosten bis zur Nordwestküste des
Schwarzen Meeres. Die nachfolgende Kaltfront erstreckte sich nach Süden über
die Westkarpaten nach Ungarn. In nordwestlicher Richtung zog sich außerdem eine
rückläufige Warmfront, die südlich von Gdansk über der Weichsel in die
Kaltfront des Tiefs STEFFAN III mit Kern über Mecklenburg-Vorpommern überging.
Von dieser Zyklone führte außerdem eine Warmfront nach Südwesten bis nahe
Amsterdam, wo sie sich mit der Okklusion des Wirbels STEFFAN II über
Nordfrankreich verband. In Belgien und Frankreich fielen im Bereich des Tiefs
STEFFAN II zumeist nur geringe Niederschlagsmengen von unter 1 l/m². In den
Niederlanden konnten bis 5 l/m² Regen gemessen werden und in Dänemark sowie im
Norden und im äußersten Süden Deutschlands wurden auch zweistellige Werte
innerhalb von 12 Stunden registriert, wie zum Beispiel 9 l/m² in Kempten,
10 l/m² auf der Greifswalder Oie und 12 l/m² in Vindebaek Kyst. Ansonsten blieben
die Regensummen auch im Bereich des Wirbels STEFFAN IV in Ost- und Südosteuropa
im einstelligen Bereich. Lediglich in Polen intensivierten sich die
Niederschläge nochmals und führten 24-stündig bis 19 Uhr MEZ zu 36 l/m² am
Militärflugplatz Cewice, 38 l/m² in Ustka, 40 l/m² in Lebork und 62 l/m²
in Darlowek.
Mit voranschreitender Verstärkung des
Warmluftvorstoßes in der Höhe über den Britischen Inseln und Südskandinavien
sowie des Hochs QUINTA im Bodenniveau verringerten sich die Luftdruckgegensätze
soweit, dass sich das Tiefdrucksystem STEFFAN bis zum Folgetag vollständig
auflöste und dadurch nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte namentlich
verzeichnet werden konnte.
Geschrieben
am 24.11.2015 von Sebastian Wölk
Berliner
Wetterkarte: 16.10.2015
Pate:
Steffan Bunte