Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet STEFFEN
(getauft am 17.02.2015)
Am 16. Februar
2015 konnte vor der Nordostamerikanischen Küste ein ausgedehnter
Tiefdruckwirbel beobachtet werden, dessen Zentrum sich mit einem Luftdruck von
knapp unter 965 hPa über Neuschottland befand. Das Tief war einige Tage zuvor
durch einen Kaltluftvorstoß aus dem arktisch-kanadischen Raum in Richtung des
Mittleren Westens der USA entstanden und hatte sich unter allmählicher
Verstärkung entlang der Großen Seen ostwärts zur amerikanischen Ostküste
verlagert. Dort traf die mit dem Wirbel herantransportierte höhenkalte Luft auf
das verhältnismäßig warme Wasser des Westatlantiks, sodass sich die Zyklone im
Laufe des 15. Februar zu einem kräftigen Sturmtief verstärken konnte.
Nach den Prognosen
der verschiedenen Wettermodelle sollte dieses rasch weiter ostwärts über den
Nordatlantik in Richtung Europa ziehen und die Ausläufer an den kommenden Tagen
auch bei uns das Wetter mit beeinflussen. Folglich wurde das Tief in der
Analyse am 17. Februar auf den Namen STEFFEN getauft.
Um 00 UTC, was
01 MEZ entspricht, befand sich die Zyklone mit einem Kerndruck von etwas unter
970 hPa mit Zentrum über Neufundland, so wurde in Daniel‘s
Habour im Norden der Insel zu diesem Zeitpunkt ein
Luftdruck von 965,9 hPa gemessen. Die Ausläufer des Tiefs spannten sich in
östliche Richtungen als Warmfront und nach Süden als Kaltfront über den
mittleren Atlantik, ohne jedoch auf Land zu treffen. Angetrieben von einer
kräftigen, westlichen Höhenströmung verlagerte sich das Tief zügig in Richtung des
grönländisch-isländischen Raumes. Mit ihm erreichte die Warmfrontbewölkung
bereits zum Nachmittag und Abend die Britischen Inseln. Allerdings streiften
die damit verbundenen leichten Niederschläge lediglich den Westen und Norden
Großbritanniens. So fielen in Glasgow in der sich anschließenden Nacht
beispielsweise nur 1,9 l/m².
Am 18. Februar
um 00 UTC befand sich das Zentrum von Tief STEFFEN circa 900 km südwestlich von
Island mit einem Kerndruck von ungefähr 960 hPa. Vom Zentrum ausgehend reichte eine
kurze Okklusion, also eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, bis über den
Raum Reykjavik, wo sie sich in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Während die
Warmfront in einem Bogen über die Färöer-Inseln, Schottland und Irland hinweg
verlief, erstreckte sich die Kaltfront von Island aus süd- bis südwestwärts
über den mittleren Atlantik bis knapp westlich der Azoren. Zusätzlich zu dieser
ersten Kaltfront folgte in einigen Hundert Kilometern Abstand noch eine zweite,
die wiederum mit dem Frontensystem eines Tiefs südlich von Neuschottland
verbunden war. Bereits in den Nachtstunden erfassten kräftige Niederschläge
Island, die im Zusammenhang mit dem okkludierenden
Frontensystem standen. Aufgrund der mit dem Tief herangeführten Warmluft,
fielen diese zunehmend als Regen und brachten beispielsweise bis 06 UTC in der
Umgebung von Reykjavik 15 bis 20 l/m² in 12 Stunden.
Beinahe
gleichzeitig erreichten die mit der Warmfront verknüpften Niederschläge auch
die norwegische Küste. Begünstigt durch Staueffekte entlang des Skandinavischen
Gebirges kam es zu beachtlichen Regenmengen, wobei der Schwerpunkt über
Südnorwegen lag. Hier wurden bereits in der Nacht 12-stündig bis zu 24 l/m² und
am Tage bis zu 48 l/m² im Raum Bergen gemessen. Betrachtet man den Zeitraum der
zurückliegenden 24 Stunden fielen hier bis zum Abend zwischen 60 und 80 l/m²
Regen. Weiter landeinwärts schwächten sich die frontalen Niederschläge jedoch
rasch ab und über Schweden und Dänemark fielen nur noch wenige zehntel Liter
pro Quadratmeter, stellenweise blieb es auch gänzlich trocken.
Am Morgen des
19. Februar, genauer um 06 UTC, befand sich der Kern von Tief STEFFEN zentral
über Island mit einem gemessenen Luftdruck von exakt 970 hPa in Reykjavik.
Während die Warmfront mit nur geringer Niederschlagsintensität über Finnland
und dem Baltikum weiter ostwärts Richtung Russland zog, kam es entlang der
Kaltfront, die die norwegische Küste und die Britischen Inseln erfasste, zu
weiteren kräftigen Niederschlägen. Gerade über Norwegen setzen sich die
intensiven Dauerniederschläge fort. Neben dem Südwesten des Landes, wo in Furuneset, knapp 90 km nördlich von Bergen, weitere 44 l/m²
in 24 Stunden bis 18 Uhr UTC fielen, war zunehmend auch Mittelnorwegen
betroffen. So wurde beispielsweise in Skamdal, 120 km
südlich von Bodø, 28 l/m² registriert. Auch über den
Britischen Inseln kam es zu beachtlichen Regenmengen. Hier hatte sich entlang
der Kaltfront ein kleines Wellentief gebildet, das für eine zusätzliche
Verstärkung der Niederschläge sorgte. Bis zum Abend wurden im Zusammenhang mit
der südostwärts ziehenden Kaltfront Regenmengen von durchschnittlich 5 bis 10
l/m² beobachtet, über Schottland und Wales aber auch deutlich mehr, wie z.B. 28
l/m² in Tulloch Bridge und 43 l/m² in Capel Curig.
Bis zum 20.
Februar um 00 UTC hatte sich die Zyklone auf nur noch knapp unter 980 hPa
abgeschwächt. Der Kernbereich lag mittlerweile recht ausgedehnt zwischen Island
und Nordnorwegen über dem Nordmeer und besaß zwei Schwerpunkte. Einer befand
sich ca. 400 km östlich von Island mit einem laut Schiffsmeldung gemessenen
Druck von 977,1 hPa. Hiervon ausgehend erstreckte sich die Okklusion in einem
weiten Bogen ostwärts über das nördliche Nordmeer bis zum Weißen Meer und die
sich anschließende Warmfront südwärts bis nach Weißrussland. Die Kaltfront
hingegen war mit dem zweiten Schwerpunkt westlich der Lofoten verknüpft, wobei
dessen Luftdruck 977,7 hPa betrug. Von diesem erstreckte sich eine Okklusion
nach Südosten und spaltete sich über dem Skandinavischen Gebirge in Warmfront,
die sich mit der Kaltfront des anderen Teiltiefs verband, und in eine Kaltfront
auf. Diese verlief in südlicher Richtung über Schweden, die Nordsee, den
Ärmelkanal und die Biskaya bis westlich von Portugal.
Bereits in der
folgenden Nacht hatten sich die Niederschläge entlang der ostwärts ziehenden
Warmfront über Nordwestrussland intensiviert, da hier die herantransportierte
feucht-milde Atlantikluft auf bodennahe trocken-kalte Kontinentalluft traf. Vor
und entlang der Front kam es zu zeitweilig mäßigem bis starkem Schneefall,
dahinter zu leichtem Regen oder Niesel. Das
dazugehörige großflächige Regen- bzw. Schneefallgebiet zog allerdings mit
moderaten Niederschlagsraten von weniger als 5 l/m² in 6 Stunden langsam weiter
ostwärts und erreichte am Abend bereits den Nordural. Auch entlang der
Kaltfront über Westeuropa kam es zu weiteren Niederschlägen, die bis zum Ende
des Tages einen breiten Streifen von Dänemark über Nordwestdeutschland und den Benelux-Ländern
bis nach Westfrankreich und Nordwestspanien erfasst hatten. Durchschnittlich
fielen um die 5 l/m² Regen in 6 Stunden, wobei sich die Niederschläge im
Tagesverlauf sogar noch etwas intensivierten. Grund hierfür war das vom
Atlantik in Richtung Frankreich ziehende Randtief THOMAS, welches Teile der
Kaltfront in seine Zirkulation mit aufnahm. Hinter der Kaltfront floss maritime
Polarluft nach Nordwesteuropa ein, sodass sich in der höhenkalten Luft
zahlreiche Schauer entwickeln konnten. Neben den Britischen Inseln war hiervon
einmal mehr die norwegische Küste betroffen, wobei im Raum Bergen weitere 10
bis 25 l/m² Niederschlag in 24 Stunden registriert wurden. Betrachtet man das
Zeitintervall der zurückliegenden 72 Stunden, dann summieren sich die
Dauerniederschläge zwischen dem 17. und 20. Februar zu 109 l/m² in Bergen, 118
l/m² in Fossmark und bis zu 142 l/m² in Furuneset auf.
Zum Nachttermin
des 21. Februar befand sich das Zentrum der Zyklone STEFFEN vor der Nordwestküste
Norwegens, nunmehr mit einem Druck von etwas unter 975 hPa. Die Ausläufer waren
insgesamt weiter nach Osten vorgedrungen, wobei sich die Warmfront mittlerweile
über Zentralrussland bis zum Schwarzen Meer und die Kaltfront von
Nordwestrussland bis zum Ostseeraum erstreckten. Eine weitere Kaltfront
markierte die Grenze der auf der Rückseite des Tiefs über das Nordmeer einströmenden
subpolaren Meereskaltluft. So kam es im Tagesverlauf zu weiteren
Stauniederschlägen im Luv des Skandinavischen Gebirges über Norwegen, im
Durchschnitt fielen noch 5 bis 10 l/m² in 12 Stunden. Zu leichten, teils auch
mäßigen Niederschlägen kam es aber auch noch über Nordwestrussland im Bereich
des weiter okkludierenden Frontensystems. Hier fielen
die Niederschläge durchweg als Schnee, wobei die Intensität dieser bei 1 bis 2
l/m² in 6 Stunden eher gering blieb. Bis zum Tagesende war das Frontensystem
schließlich vollständig okkludiert und hatte den Nordural erreicht.
Letztmalig
konnte das Tief STEFFEN am Morgen des 22. Februar zwischen Spitzbergen und dem Nordkap
mit einem Kerndruck von knapp unter 975
hPa analysiert werden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Ausläufer ohnehin kaum noch
Einfluss auf das Wettergeschehen in Nord- und Nordosteuropa. Letzte schwache
Schauer fielen im Tagesverlauf noch entlang der norwegischen Küste, wenngleich
die Mengen mit 1 bis 2 l/m² in 12 Stunden gering waren und bis zum Abend nahezu
vollständig abklangen.
Die Zyklone
verlagerte sich indes allmählich nordwärts Richtung Nordpolarmeer und verließ
damit bis zum Folgetag den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte.
Geschrieben
am 24.03.2015 von Gregor Pittke
Berliner Wetterkarte: 19.02.2015
Pate: Steffen Kleinmann