Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet STEPHANIE

(getauft am 09.11.2014)

 

Eine Zone tiefen Luftdrucks zog mit seinem Zentrum am 7. und 8. November 2014 entlang der Ostküste Kanadas Richtung Norden und trat somit in den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte ein. Zum Nachttermin um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, am 9. November wurde das Tiefdruckgebiet, welches sich bis zu diesem Zeitpunkt zu einem Sturmtief entwickelt hatte, in der Analyse auf den Namen STEPHANIE getauft. Ein Sturmtief wird als solches bezeichnet, sobald es Bodenwinde der Stärke 9 auf der Beaufortskala, also etwa 21 m/s, hervorbringt.

Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Tiefdruckgebiet STEPHANIE mit einem Kerndruck von ungefähr 968 hPa etwa 500 km nördlich von Neufundland. Der gesamte Einflussbereich des tiefen Luftdrucks am Boden erstreckte sich in Westrichtung rund 900 km ins Landesinnere Quebecs, nach Norden bis Grönland und südöstlich des Kerns mehr als 2000 km über den Nordatlantik. Das Frontensystem von Tief STEPHANIE verlief zunächst als Okklusion mit angehobener Warmluft über heranrückender kühler Subpolarluft bis zum Okklusionspunkt rund 1000 km östlich der Kerns. Dort trennte es sich in eine vor- und eine nachlaufende Warmfront Richtung Südosten und eine Kaltfront in einem Bogen nach Süden über den Nordatlantik auf. Auch in einer Höhe von etwa 5,5 km war die Zyklone STEPHANIE in Form eines Troges deutlich ausgeprägt. Ein Trog bezeichnet hier einen Kaltluftvorstoß nach Süden, was eine geringere Höhe der 500-hPa-Druckfläche und dabei meist tiefen Druck am Boden repräsentiert. Der ausgeprägte Trog ließ somit auf eine erhöhte Stärke des darunter liegenden Sturmtiefs schließen. Stromabwärts der westlichen Windströmung, also Richtung Osten erstreckte sich ein Keil, das Gegenteil eine Troges, und anschließend über Westeuropa ein etwas schwächerer, langwelliger Trog.

In der Nacht zum 10. November bewegte sich das Tief STEPHANIE Richtung Westen über den Nordatlantik bis etwa 700 km südlich von Grönland und 1500 km westlich Schottlands. Dabei hob die Kaltfront immer weiter die warme Luft an, was zu einer zunehmenden Okkludierung führte. Die daraus entstandene Okklusion erstreckte sich um 00 Uhr UTC vom Tiefdruckkern in einem Bogen nördlich um diesen herum und wies schließlich nach Südosten bis zum Okklusionspunkt etwa 300 km westlich von Irland. Von dort trennte ein schmaler Warmluftsektor die Warmfront, welche in Richtung Südosten bis westlich von Portugal verlief, von der nachfolgenden Kaltfront, die in einem Bogen zunächst nach Süden, dann nach Westen über den Nordatlantik führte. Im Verlauf des Tages zog das Frontensystem über die Küsten Irlands, Großbritanniens und der Iberischen Halbinsel. Dabei fielen im Zeitraum von 24 Stunden bis zum Nachttermin des Folgetages im portugiesischen Cabo Carvoeiro 29 mm Regen. An der Station in Cork in Südirland waren es 14,5 mm im selben Zeitraum.

In der Nacht zum 11. November befand sich der Kern der Zyklone STEPHANIE mit ungefähr 980 hPa etwa 300 km westlich von Irland. Das fast komplett okkludierte Frontensystem verlief vom Kern zunächst bogenförmig nach Osten, bog sich dann über der Irischen See zwischen England und Irland nach Süden bis zum Okklusionspunkt über Portugal und erstreckte sich einerseits als Kaltfront nach Südwesten und andererseits als Warmfront nach Süden. Die stärksten Niederschläge gab es an diesem Tag unter dem ostwärts ziehenden Okklusionspunkt. So fielen beispielsweise in den südspanischen Städten Sevilla und Huelva 24-stündig 33 und 25 mm bis 18 Uhr UTC. Weiter nördlich blieb es währenddessen meist bei geringeren Niederschlagsmengen, wie 0,8 mm an der Londoner Wetterstation in Heathrow.

Bis zum Nachttermin des 12. Novembers bildete sich über den Balearen ein neuer Tiefdruckkern aus, welcher einen Kerndruck von etwa 1003 hPa besaß und auf den Namen STEPHANIE II getauft wurde. Währenddessen vereinigte sich der ursprüngliche Kern 800 km westlich von Irland, jetzt als STEPHANIE I, mit einer aus Osten kommenden Zone tiefen Luftdrucks. Auf der Vorderseite des dazugehörigen Troges wurden an diesem Tag mit südlicher Strömung milde subpolare Luftmassen nach Mitteleuropa geführt. So stiegen dort die maximal erreichten Temperaturen im Vergleich zum Vortag um ungefähr 2 Grad, wie zum Beispiel von 14,0°C auf für November sehr warme 16,1°C in Staubingen. Die abgeschwächte Okklusion über Großbritannien und Frankreich brachte kaum noch nennenswerte Niederschläge. Der neue Tiefdruckkern STEPHANIE II sorgte in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages verbreitet für mehr als 50 mm Niederschlag. In Italien wurden in Venedig mit 58 mm und in Mailand mit 75 mm nennenswerte Mengen erreicht. An der kroatischen Adriaküste waren Sibenik und Split/Marjan mit jeweils 67 mm sowie Pula mit 82 mm die niederschlagsreichsten Orte.

Am 13. November befand sich der Kern des Teiltiefs STEPHANIE I mit etwa 965 hPa weiterhin etwa 800 km westlich von Irland und die Zyklone STEPHANIE II mit 1000 hPa über Norditalien. Die Frontensysteme zogen im Laufe des Tages über Westeuropa, Italien und Südosteuropa. Die Ausläufer des Tiefdrucksystems STEPHANIE I brachten hauptsächlich im Nordwestteil der Iberischen Halbinsel stärkeren Regen. Dabei meldete Viana do Castelo-Chafe im Norden Portugals allein für den  Zeitraum von 24 Stunden bis 18 Uhr UTC eine Menge von 35 mm. Aufgrund stark labiler Luftmassen im Bereich der Zyklone STEPANIE II bildeten sich im südosteuropäischen Raum Schauer und Gewitter. So fielen zwischen 06 und 12 Uhr UTC beispielsweise in der Stadt Korfu auf der gleichnamigen griechischen Insel 27 mm Niederschlag.

Um 00 Uhr UTC des 14. Novembers wurde in der Bodenkarte der Berliner Wetterkarte ein neues Tiefdruckzentrum STEPHANIE III über Südirland analysiert. Der Kern des Tiefs STEPHANIE I befand sich weiterhin stationär westlich von Irland und der Wirbel STEPHANIE II, welcher sich bereits leicht abschwächte, über Griechenland. Die Teiltiefs STEPHANIE I und II wurden durch eine leicht nach Norden bis etwa 100 km südlich von Island gebogene Okklusion verbunden. Über Großbritannien setzte sich diese als Warmfront des Kerns STEPHANIE III fort und von dort dann als Kaltfront in einem Bogen Richtung Süden. Die dadurch an den westeuropäischen Küsten erzeugten Niederschläge fielen erneut über Irland und der Iberischen Halbinsel am stärksten aus. Der Flughafen von Connaught meldete 24-stündig 26,1 mm Regen bis 18 Uhr UTC des Folgetages. In Huelva waren es 26,6 mm im selben Zeitraum und in Viana do Castelo-Chafe wurden 33 mm in 24 Stunden bis 00 Uhr UTC des Tags darauf gemessen. Die Niederschläge im Bereich des abgeschwächten Kerns STEPHANIE II wurden zumeist durch die Hebung von labil geschichteter, feuchter Luft entlang des Frontensystems verursacht. Innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC fielen dadurch im türkischen Mugla 41 mm und in Finike 53 mm Niederschlag.

Bis zum 15. November zog Tiefdruckgebiet STEPHANIE III mit etwa 980 hPa Richtung Nordwesten über Irland in den Bereich des Tiefs STEPHANIE I.  Von dort zog sich eine kurze Okklusion nach Nordwesten, an die sich eine Warmfront ebenfalls in nordwestlicher Richtung anschloss, die bis Island verlief. Außerdem erstreckte sich eine Kaltfront in einem Bogen über die Färöer und anschließend mit eingelagerten kleinen Tiefdruckzentren über Belgien und Andorra bis nach Marokko. Das Tief STEPHANIE II löste sich hingegen im Laufe des Tages vollständig auf und war nicht mehr wetterwirksam. Die Fronten der Tiefdruckgebiete STEPHANIE I und III verursachten jedoch besonders im Mittelmeerraum noch einmal hohe Niederschlagsmengen. In Genua fielen durch Schauer und Gewitter innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC 159 mm Regen, davon wurden allein bis 12 Uhr UTC 124 mm registriert.

Der Kern des Tiefs STEPHANIE III zog, der Windströmung auf der Trogvorderseite folgend, bis zum Morgen des 16. Novembers aus dem europäischen Raum Richtung Grönland. Dabei schwächte es sich genau so wie der Wirbel STEPHANIE I auf fast 1000 hPa Kerndruck ab. An diesem Tag wurde keine zum Tief STEPHANIE I gehörende Front analysiert. Allerdings kam es an den Küstenregionen Westeuropas zu Gewittern, welche beispielsweise in Congnac 29 mm Regen innerhalb von 24 Stunden bis 18 Uhr UTC hervorriefen.

Bis zum 17. November wurden die einzelnen Teiltiefs des Systems STEPHANIE von den sich verstärkenden Tiefdruckgebieten THEA und USCHI aufgenommen und konnten somit nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte namentlich verzeichnet werden.

Zusammenfassend zog das Tiefdrucksystem STEPHANIE an 8 Tagen vom 9. bis 16. November über den Nordatlantik und Europa. Dabei sorgte es besonders an den Küsten West- und Südeuropas im November bei sehr milden Temperaturen für Gewitter mit Starkniederschlägen.

 


Geschrieben am 06.12.2014 von Jannick Fischer

Berliner Wetterkarte: 13.11.2014

Pate: Nils Henning