Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet SÜNJE

(getauft am 18.08.2018)

 

In der Nacht zum 17.08.2018 entwickelte sich vor der Küste Neufundlands über dem Nordatlantik ein Tiefdruckgebiet. Dieses bildete eine Warm- und Kaltfront aus und zog rückseitig des ehemaligen Tropensturm ERNESTO weiter ostwärts über den Nordatlantik. Im Umfeld der Fronten regnete es kräftig, da jedoch im offenen Ozean keine Wetterstationen installiert sind, konnten hiervon keine Niederschlagsmengen aufgezeichnet werden. Im weiteren Verlauf des 17.08. und bis zum Morgen des 18.08. zog das Tief langsam weiter nach Osten und begann zu okkludieren, es bildete sich also eine zusätzliche Okklusionsfront aus. In der Meteorologie bezeichnet diese eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront, welche entsteht, wenn die nachfolgende, schneller ziehende Kaltfront die vorhergehende Warmfront einholt. Der Punkt, an dem Kalt- und Warmfront zusammenlaufen, heißt Okklusionspunkt. Am Morgen des 18.08. wurde der Tiefdruckwirbel von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen SÜNJE getauft. Auch an diesem Tag zog das Tief SÜNJE mit seinen Fronten über den nördlichen Atlantik ostwärts in Richtung der Britischen Inseln.

Bis 01 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) des 19.08. war der Wirbel SÜNJE, in dessen Zentrum ein Luftdruck von knapp 1015 hPa herrschte, bis etwa 1000 km westlich der irischen Küste gezogen. Die Okklusion verlief dabei auf der Rückseite des Wirbels, die kurze Warmfront bis vor die irische Küste und die Kaltfront nach Südwesten über den Atlantik. Mit der weiteren Verlagerung der Zyklone SÜNJE mit ihren Fronten bis über Europa begann es am Vormittag des 19.08. an der Westküste Irlands leicht zu regnen. Diese Niederschläge breiteten sich im weiteren Tagesverlauf über die übrigen Regionen Irlands sowie die Irische und Schottische See aus. So wurde um 19 Uhr MEZ an der Messstation in der Ortschaft Claremorris eine zwölfstündige Niederschlagssumme von 2,0 mm gemessen und am Observatorium Valentia von 0,9 mm. Am Abend und bis zum Tagesbeginn des 20.08. verlagerte sich der Regen weiter nach England und Schottland. Zu dieser Zeit befand sich der Kern von Tief SÜNJE vor der Nordwestküste Irlands. Um das Zentrum herum verlief die Okklusion bis Nordirland und teilte sich dort am Okklusionspunkt in die bis zu den englischen Midlands reichende Warmfront und die quer über Irland verlaufende Kaltfront auf. In den Frühstunden zog dann auch das Tiefdruckzentrum über den Norden Irlands hinweg. Um 07 Uhr MEZ konnten im irischen Ballyhaise 3,1 mm Niederschlag gemessen werden, welche am vorangegangenen Tag innerhalb von 24 Stunden gefallen waren. In Rostherne südlich von Manchester maß man 3,4 mm Regen. Am Vor- und Nachmittag des 20.08. entwickelten sich über dem Küstenumfeld der Britischen Inseln sowie über der Keltischen See zahlreiche Regenschauer aus und auch über dem Norden Irlands regnete es zeitweise kräftiger. Das Tiefdruckgebiet SÜNJE zog unterdessen über die Irische See und lag am Abend mit seinem Zentrum, in dem ein Druck von knapp 1017 hPa herrschte, im Bereich der englischen Midlands. Die Niederschläge entlang der Warmfront verlagerten sich dabei ebenfalls ostwärts über die Nordsee und den Ärmelkanal, zudem trat leichter Regen im Umfeld der Kaltfront an der Küste der Bretagne auf, welche jedoch bei 24-stündigen Mengen von unter 1 mm blieben.

Um 01 Uhr MEZ des 21.08. befand sich der Kern des Wirbels SÜNJE auf Höhe der alten englischen Hafenstadt Kingston Upon Hull an der Mündung des Humber. Die Warmfront reichte von dort aus quer über die Nordsee bis über das deutsch-niederländische Grenzgebiet, die Kaltfront und Okklusion hatten sich hingegen nahezu vollständig aufgelöst. In der zweiten Nachthälfte regnete es besonders noch über der Nordsee stärker, insgesamt schwächte sich jedoch das Tief SÜNJE deutlich ab, denn auch der Kerndruck betrug nun über 1015 hPa. Innerhalb der vorangegangen 24 Stunden hatte es trotzdem nochmals für lokal höhere Niederschlagsmengen gesorgt. Die größte Summe wurde an der Station Topcliffe im Nordosten Englands mit 11,8 mm gemessen, an der Royal Air Force Basis Fylingdales 5,6 mm und im irischen Glenanne 7,6 mm. Im französischen Hafenort Ploumanac’h wurden 1,6 mm registriert. Am Vormittag kam es im Zusammenhang mit dem Tiefdruckgebiet SÜNJE noch zu einigen Niederschlägen im Norden Frankreichs, hier traten beispielsweise in Le Havre nochmals bis zu 3,0 mm binnen drei Stunden auf, doch der Wirbel SÜNJE schwächte sich immer weiter ab. Am Nachmittag des 21.08. ging das Tief dann in das nachfolgende Tiefdruckgebiet THEKLA über.

Insgesamt hatte die Zyklone SÜNJE drei Tage lang das Wettergeschehen über dem Westen Europas bestimmt, wobei der aufgetretene Regen etwas zur Linderung der in diesen Regionen vorherrschenden Trockenheit beigetragen hatte.


 

Geschrieben von: Maximilian Steinbach am 17.11.2018

Wetterkarte: 20.08.2018

Pate: Sünje Kapusta-Kaufmann