Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet SUSANNE

(getauft am 25.07.2012)

 

Gegen Ende Juli entwickelte sich am Südrand eines Höhentiefs, welches sich in einer Höhe von ca. 5,5 km etwa zwischen Südgrönland und Island befand, ein zugehöriges Bodentief. Am 25. Juli 2012 wurde dieser Wirbel auf der Prognosekarte der Berliner Wetterkarte für den folgenden Tag ein auf den Namen SUSANNE getauft. Am nächsten Tag lag der Kern des Wirbels SUSANNE, in dem  ein Luftdruck von etwas unter 1015 hPa herrschte, knapp südlich von Island. Vom Tiefdruckzentrum ging eine im Uhrzeigersinn zunächst nach Süden und dann Südwesten verlaufende Mischfront mit Warm– und Kaltfronteigenschaften aus, eine sogenannte Okklusionsfront. Diese reichte bis ungefähr 600 km südwestlich von Island, wo am Okklusionspunkt eine Warmfront und eine Kaltfront zusammentrafen. Die kürzere Warmfront reichte vom Okklusionspunkt einige Hundert Kilometer nach Südwesten, während die längere Kaltfront bis etwa 500 km südöstlich von Grönland verlief und dann in eine Warmfront überging, die zu einem nordkanadischen Tief gehörte. Bis zum Morgen des Folgetages okkludierte das Tiefdruckgebiet SUSANNE vollständig, was bedeutet, dass die schnellere Kaltfront und die langsamere Warmfront sich wie bei einem Reißverschluss zusammenzogen und sich eine durchgehende Okklusionsfront bildete. Gleichzeitig war der Kern der Zyklone SUSANNE weiter nach Osten gezogen und hatte das Seegebiet zwischen Schottland und Island erreicht. Der Kerndruck war auf etwas unter 1010 hPa gesunken. Vom Tiefdruckzentrum ging westlich der Färöer–Inseln die Okklusionsfront zunächst nach Osten aus, schwenkte bei den Färöer–Inseln auf eine südliche Richtung, an Westschottland entlang und überquerte Irland. Anschließend reichte die Okklusion in einem Bogen nach Westen und Nordwesten über den Nordatlantik bis knapp 1000 km südlich von Island. Die nahe dem Tiefdruckzentrum gelegene Inselgruppe der Färöer wurde besonders intensiv von der Okklusionsfront beeinflusst. Dort brachte sie bis 7 Uhr Ortszeit eine 24–stündige Niederschlagsmenge von 11 l/m². Im Tagesverlauf verlagerte sich das Tiefdruckgebiet SUSANNE weiter nach Osten und brachte so auch einigen Wetterstationen auf den Britischen Inseln und in Teilen von Norwegen ergiebige Niederschläge. So fielen bis zum Morgen des 28. Juli in Stornoway auf den zu Schottland gehörenden Äußeren Hebriden 10 l/m² innerhalb von 24 Stunden, und im norwegischen Bergen kamen 16 l/m² zusammen. Auf den Färöern wurden weitere 24 l/m² registriert. Mittlerweile befand sich der zum Tiefdruckgebiet SUSANNE gehörende Kern im Dreieck der Färöer–, Shetland– und Orkney–Inseln und hatte sich auf knapp unter 1005 hPa verstärkt. Vom nördlichen Schottland verlief eine Okklusionsfront in einem Bogen bis zum Okklusionspunkt westlich von Norwegen etwa in Höhe des Sognefjords. Dort traf eine entlang der norwegischen Küste bis nach Lappland verlaufende Warmfront auf eine Kaltfront, die über Südnorwegen, die Nordsee, entlang des Ärmelkanals und über Nordfrankreich bis zur Biskaya reichte und schließlich etwa 800 km westlich der Nordwestspitze der Iberischen Halbinsel endete. Entlang der Fronten regnete es gebietsweise, wobei die Niederschläge zum Teil schauerartig verstärkt waren. Bis zum Morgen des 29. Juli kamen in Oslo 52 l/m² zusammen. In Brüssel, das von der Kaltfront des Tiefs SUSANNE überquert wurde, wurden 6 l/m² Regen gemessen. Auffällig ist der Rückgang der Höchsttemperatur vom 28. Juli in Oslo, wo mit 12°C ein deutlich niedrigerer Wert als am Tag zuvor mit 20°C gemeldet wurde, weil auf der Rückseite des Tiefs SUSANNE maritime Polarluft herangeführt wurde. Am 29. Juli hatte sich die Position des Tiefdruckzentrums des Wirbels SUSANNE kaum verändert. Es lag im Gebiet des nördlichen Schottland und der Shetland–Inseln. Dabei wurde weiterhin ein Luftdruck von etwas unter 1005 hPa gemessen. Von Schottland ging eine Okklusionsfront aus, die zwischen den Shetland–Inseln und den Färöern verlief und vor Norwegen ungefähr auf der Breite von Trondheim in die Ausläufer des skandinavischen Tiefs TINKE überging. Somit hielt das wechselhafte Wetter im Nordwesten Europas an und es regnete zeitweise, so wie im schottischen Edinburgh, wo bis zum Morgen des 30. Juli 5 l/m² Niederschlag fielen. Am 30. Juli war das Tiefdruckgebiet SUSANNE mit seinem Kern nördlich von Schottland und einem Luftdruck von knapp 1005 hPa zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Der Tiefdruckkern war isoliert und im angrenzenden Bereich befanden sich keine Fronten. Von der Deutschen Bucht ging jedoch eine Kaltfront aus, die man dem Tief SUSANNE zuordnen konnte. Sie überquerte die Niederlande, Belgien und den Norden Frankreichs, verlief weiter über die Biskaya und ging weiter westlich in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über. Wegen der großen Temperaturunterschiede zwischen der warmen Nordsee und der kalten Luft in der Höhe bildeten sich entlang der Kaltfront besonders an den Küsten teils starke Schauer und Gewitter. Bis zum Morgen des Folgetages gab es in Leck in Schleswig-Holstein eine Niederschlagsmenge von 62 l/m². Nachfolgend löste sich das Tiefdruckgebiet SUSANNE über dem Europäischen Nordmeer auf und konnte daher nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 27.09.2012 von Heiko Wiese

Berliner Wetterkarte: 31.07.2012

Pate: Susanne Gielen