Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
SUSANNE
(getauft
am 31.07.2014)
Am 31.07. begann sich ein über dem
Europäischen Nordmeer in der mittleren Troposphäre in etwa 5,5 km Höhe
liegender Trog und die von diesem mitgeführte Kaltluft nach Süden zu
verschieben. Die Hauptströmung entlang dieses Troges verlief vom Süden Grönland
südwestwärts über den Nordatlantik in Richtung Britische Inseln. Dort drehte
sie auf Ost und über der Nordsee und Südskandinavien schließlich auf Nord. Auf
der Rückseite des Troges südlich von Island entwickelte sich aus einer
Wellenstörung der Hauptströmung ein Tiefdruckgebiet, welches in der Prognose
für den Folgetag auf den Namen SUSANNE getauft wurde.
Am 01.08. um 02 Uhr MESZ besaß das Tief
SUSANNE mit einem Kerndruck von 1005 hPa vom Tiefdruckzentrum ca. 600 km
südlich von Island ausgehend eine 200 km lange Okklusionsfront, also einen
Frontabschnitt, an dem die schneller ziehende Kaltfront die davor liegende
Warmfront eingeholt und sich somit eine Mischfront ausgebildet hat. Vom
Okklusionspunkt, wo die Kalt- und die Warmfront aufeinandertreffen, verlief
Letztere nach Osten bis über Nordschottland. Die Kaltfront führte hingegen in
einem Bogen zunächst nach Südosten, später nach Südwesten und endete rund 500
km westlich von Irland. Der Wirbel verlagerte sich im Laufe des Tages nach
Osten über Schottland. Dabei wurden beim Durchzug der Ausläufer bis zum
nächsten Tag in Irland verbreitet 24-stündig Niederschlagswerte um 20 l/m²
gemessen. Maximalwerte traten bis 08 Uhr MESZ in 24 Stunden in Wales an der
Station Aberporth mit 44,6 l/m² und in Südwestengland an der Station Cardinham
mit 37 l/m² auf.
Bis zum 02.08. hatte sich der Höhentrog
weiter ostwärts verschoben, so dass seine Achse von den Britischen Inseln über
den Golf von Biskaya bis zur Iberischen Halbinsel reichte. Das nun auf der
Trogvorderseite liegende Mitteleuropa fiel deshalb unter eine nördlich bis
nordöstlich gerichtete Höhenströmung, welche in tieferen Niveaus subtropische
instabil geschichtete Luft mit sich führte. Diese subtropische Luft sorgte für
hohe Temperaturen in ganz Deutschland sowie erhöhte Schauer und
Gewitterbildung. In Südbrandenburg in Doberlug-Kirchheim wurden beispielsweise
31,4°C als Höchsttemperatur registriert. Aufgrund der Kleinräumigkeit der
Schauer- und Gewitterzellen traten teilweise entsprechend große regionale
Unterschiede auf. So wurden einerseits verbreitet kaum mehr als 1 l/m² als
Tagesmenge, andererseits unter anderem in Nürnberg aber 25 l/m² in nur 3
Stunden bis 20 Uhr MESZ gemessen. Das Zentrum des Wirbels SUSANNE befand sich
derweil mit unverändertem Kerndruck über dem Osten Irlands. Von dort erstreckte
sich eine Okklusion bogenförmig südlich von Irland nach Westen, bis sie auf
Länge von Reykjavik in die Okklusion eines unbenannten Tiefs südlich von Grönland
überging. Bis zum darauffolgenden Morgen kamen auf den Britischen Inseln
24-stündige Niederschlagsmengen von 17 l/m² in Edinburgh, 22 l/m² in Glasgow
und 43 l/m² in Dublin zusammen.
Im weiteren Verlauf teilte sich die Zyklone
SUSANNE in zwei Kerne auf. Das Tief SUSANNE I lag westlich von Norwegen mit
einem Kerndruck von 1013 hPa. Vom Kern reichte einerseits eine Warmfront bis
nach Lappland und andererseits eine Kaltfront nach Süden bis südwestlich von
Trondheim, wo sie in die Warmfront des Tiefs SUSANNE II überging. Dieses befand
sich mit etwa 1000 hPa über der Irischen See. Vom Kern verlief eine Okklusion
südlich um diesen über Nordirland bis zum Okklusionspunkt nahe der
westschottischen Küste herum, wo sie sich in Warm- und Kaltfront aufspaltete.
Der Kaltfront, die inzwischen bis über den Ärmelkanal, Westfrankreich und
Nordwestspanien reichte, waren einige Konvergenzlinien vorausgelagert. Diese
entstehen meist bei sommerlich warmen Wetter vor Kaltfronten, wenn Winde aus
unterschiedlichen Richtungen zusammenströmen. Wegen des Zusammenströmens der
Luftmassen kommt es zu Hebungsprozessen, was oft in unwetterartigen Gewittern
mündet. Mit der langsam vorrückenden Kaltfront und den voraus liegenden
Konvergenzlinien fiel die Gewitteraktivität in Deutschland an diesem Tag
entsprechend kräftiger aus als am Vortag. So wurden bis 20 Uhr MESZ in
Lieberose in Ostbrandenburg 69 l/m² innerhalb von 12 Stunden gemeldet und in
einem Cluster, also einem Zusammenschluss von einzelnen Gewitterzellen, wurden
über Pommern innerhalb von 30 Minuten über 8000 Blitze registriert. Auch die
Temperaturen erreichten wieder, vor allem östlich der Kaltfront, also im Osten
Deutschlands und Osteuropa, hochsommerliches Niveau. Unter anderem mit 30,8°C
in Angermünde, 31,5°C in Manschnow und 35°C in Kaliningrad.
Das Tiefdruckgebiet SUSANNE zog in den
folgenden beiden Tagen mit nun nur noch einem Kern, da sich das Teiltief
SUSANNE I bereits am 04.08. aufgelöst hatte, langsam über Schottland weiter
Richtung Norden über das Nordmeer. Dabei vertiefte es sich aber nicht weiter,
sondern schwächte sich bis auf etwa 1010 hPa ab. Vom Okklusionspunkt, der an
beiden Tagen vor der Westküste der Mitte Norwegens lag, verharrte die Warmfront
weitgehend stationär entlang dem nördlichen Teil der Norwegischen Küste, während
die Kaltfront über Südskandinavien und dem Mitteleuropäischen Raum nach
Osteuropa zog. Mit Durchzug der Kaltfront am 04.08. kam es erneut zu
gebietsweise schweren Schauern und Gewittern. So fielen z.B. in Cottbus in
einem Zeitraum von 08 bis 20 Uhr MESZ 101 l/m², davon allein 86 l/m² bis 14 Uhr
MESZ. Innerhalb von nur einer Stunde fielen in Magdeburg sogar 43 l/m². In der
Nacht zum 05.08. kam es noch vereinzelt über Hessen zu Gewittern, wobei in Warburg
48 l/m² und in Haunetal 40 l/m² Regen fielen. Danach beruhigte sich unter
Einfluss des Zwischenhochs CARLOS die Wetterlage über Deutschland zunehmend.
Am 06.08. verschob sich das Tiefdruckgebiet
SUSANNE, welches sich auf etwa 1013 hPa abschwächte, weiter nach Norden. Der
Tiefdruckkern zog dabei weiter bis über die Nordwestküste Norwegens und die
Okklusion verlief nach Südwesten bis zur Dänemarkstraße. Vom Okklusionspunkt
knapp östlich des Kerns erstreckte sich die Warmfront nach Südosten über die
Barentssee, um dort in die Kaltfront eines unbenannten Tiefs überzugehen.
Außerdem führte eine Kaltfront nach Süden, die über Schweden und Ostpolen bis
über Südungarn reichte. Wie schon in Mitteleuropa in den Tagen zuvor sorgte sie
auch hier für zum Teil kräftige Gewitter. In Budapest kamen dabei bis 20 Uhr
MESZ in nur 5 Stunden 68 l/m² Regen zusammen.
Das Tief SUSANNE verlagerte sich bei
gleichbleibendem Druck bis zum Folgetag nochmals leicht nach Nordwesten. Die
Okklusion verlief vom Kern des Tiefs über Nordwestisland bis zum Nordatlantik
und eine zweite in östliche Richtung bis etwa 200 km nördlich der
Skandinavischen Halbinsel. Vom dortigen Okklusionspunkt reichte eine Warmfront
bis über das russische Petschora und eine Kaltfront bis über die Region
Finnmark.
Der Wirbel SUSANNE schwächte sich im weiteren
Verlauf zusehends ab und konnte am 08.08. nicht mehr als eigenständiges
Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.
Geschrieben am 16.10.2014 von
Wilhelm Herz
Berliner
Wetterkarte: 02.08.2014
Pate: Susanne Pazdyka