Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet SYLVESTER

(getauft am 22.11.2013)

 

Am 21.11. befand sich über dem Nordatlantik in der mittleren Troposphäre, was einer Höhe von etwa 5500 m entspricht, ein großräumiges Höhenhoch. Das Höhenhoch lenkte die üblicherweise von West nach Ost verlaufende Strömung weit nach Norden, sodass diese von Ostkanada über Grönland und dem Europäischen Nordmeer her West- und Mitteleuropa erreichte. Dabei waren in der Strömung zwei markante Höhentiefs mit den Zentren über Neufundland und den Beneluxstaaten eingelagert. Über dem Westen Grönlands bildete sich ein weiteres kräftiges Höhentief, sodass über dem Südwesten der Insel ein scharfer Temperaturgradient entstand. Dieser betrug 25 Grad auf einer Entfernung von etwa 800 km und es setzte eine rasche Zyklogenese ein. Das neu entstandene Bodentief wurde mit einem Kerndruck von knapp 990 hPa über dem zentralen Grönland analysiert. Die Fronten waren zu diesem Zeitpunkt noch in der Entstehungsphase und noch schwach ausgeprägt. Dennoch sorgte der Durchgang der Kaltfront in Nuuk auf Grönland für einen Temperaturrückgang innerhalb von 12 Stunden von 2,5°C auf -6,6°C.

Am 22.11. wurde das Tiefdruckgebiet auf den Namen SYLVESTER getauft. Es verlagerte sich mit seinem Zentrum von der Grönlandsee zum Europäischen Nordmeer und konnte sich dabei auf einen Kerndruck von unter 980 hPa verstärken. Während eine kurze Okklusionsfront, welche Eigenschaften von Warm- und Kaltfront in sich vereint, vom Zentrum aus ca. 500 km nach Norden reichte, waren bei Tief SYLVESTER sowohl die Warm- als auch die Kaltfront deutlich ausgebildet. Die Warmfront reichte vom Zentrum aus südwärts bis nach Schottland, die Kaltfront ebenfalls erst südlich und dann in einem Bogen südwestwärts an der Südküste Islands vorbei bis nach Südgrönland. Auf der Insel Jan Mayen, die sich im Bereich des Zentrums von Tief SYLVESTER befand, ging die Temperatur innerhalb von 12 Stunden von 1°C auf -9°C zurück. Die höchste Windböe wurde mit 97 km/h gemessen, was auf der Baufortskala der Windstärke 10 entspricht.

Das Tiefdruckgebiet SYLVESTER erreichte am 23.11. seinen tiefsten Kerndruck mit etwa 965 hPa. Es hatte sich nach Norden verlagert und befand sich zwischen Grönland und Spitzbergen. Die Warm- und die Kaltfront schlossen sich an diesem Tag zu einer langen und kräftig ausgebildeten Okklusionsfront zusammen, die vom Zentrum aus nach Südosten um die Kola-Halbinsel herum nach Finnland verlief. Am Flughafen von Svalbard auf Spitzbergen setzte beim Durchgang der Front kräftiger Wind ein, der in Böen mit 90 km/h ebenfalls die Windstärke 10 erreichte. Die Temperatur ging hier bei leichtem Schneefall von +2°C auf -1°C innerhalb von 12 Stunden zurück. Über dem Norden von Skandinavien fielen örtlich nur sehr geringe Niederschlagsmengen. Die Tiefstwerte erreichten im Küstenbereich trotz der arktischen Luftmasse nur leichten Frost. In Murmansk, das etwas weiter im Landesinneren lag, waren es bei einer Schneehöhe von 15 cm ‑9°C.

Am 24.11. begann sich das Höhentief über dem Europäischen Nordmeer abzuschwächen, was auch direkten Einfluss auf den Wirbel SYLVESTER hatte. Während das Zentrum an diesem Tag zwischen dem Nordkap und Spitzbergen analysiert wurde, betrug der Kerndruck nur noch knapp 980 hPa. Das Tief SYLVESTER war zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig okkludiert. Die Front verlief vom Zentrum aus  südwärts und dann spiralförmig über Westen nach Norden und drehte über Spitzbergen auf Südosten. Dort hatte sich die arktische Kaltluft durchgesetzt, sodass z.B. am Flughafen von Svalbard die Temperatur im Tagesverlauf von -1°C auf -5°C zurückging. Über Skandinavien wurde nun auch die Kaltluft wetterbestimmend. Haparanda und Murmansk meldeten eine Tiefsttemperatur von -10°C, Rovaniemi -14°C.

Während sich das Höhentief und das Tiefdruckgebiet SYLVESTER langsam weiter abschwächten, verlagerten sich beide am folgenden Tag zur Insel Nowaja Semlja. Auf der Rückseite von dem Wirbel SYLVESTER verschärfte sich der Zustrom arktischer Luft direkt vom Nordpol über Spitzbergen weiter, sodass am Flughafen in Svalbard eine Tageshöchsttemperatur von nur noch -9°C verzeichnet wurde. Dabei kam es immer wieder zu leichtem Schneefall.

Am 26.11. verließ Tiefdruckgebiet SYLVESTER von der Insel Nowaja Semlja aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte nach Osten.

 


Geschrieben am 23.01.2014 von Matthias Treinzen

Berliner Wetterkarte: 22.11.2013

Pate: Sylvester Graßl