Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet TAREK
(getauft am 26.04.2017)
Am 25.04.2017 kam es bei der
Überquerung der Alpen durch die Kaltfront des sich von Südschweden über die
Ostsee verlagernden Wirbels REINER entlang der Luftmassengrenze über der
Schweiz zur Entstehung eines Tiefdruckgebiets. Die neu entstandene Zyklone
befand sich um 01 Uhr MEZ am 26.04. knapp südlich von Genf und wies einen
Kerndruck von etwa 1006 hPa auf. Da dieses Tief in der Folge Einfluss auf
Mitteleuropa nehmen sollte, wurde es noch am selben Tag auf den Namen TAREK
getauft.
Vom Zentrum des Tiefs TAREK führte zum
Tauftermin eine Warmfront nach Nordosten über die östlichen Alpen und die
Slowakei bis über den Südosten Polens, wo sie in die Kaltfront des
Tiefdrucksystems REINER überging. Ebenfalls vom Kern des Tiefs TAREK ausgehend
verlief eine Kaltfront nach Südwesten über die Côte d’Azur, die östlichen
Pyrenäen und den Norden Portugals bis über den östlichen Nordatlantik. Die
Fronten trennten dabei gemäßigte und subtropische Luftmassen auf deren Südseite
von kalter arktischer Luft im Norden. Dieser starke Kontrast führte bei den
Höchsttemperaturen mit Durchzug der Kaltfront zu einer teils deutlichen Abnahme
von über 10 Grad im Vergleich zum Vortag. An der spanischen Station
Burgos/Villafria wurden beispielsweise 6,7°C registriert, während es tags zuvor
noch 21,1°C waren. Auch in der Südhälfte Deutschlands sank die Temperatur stark
ab. In Regensburg konnten nur noch maximal 4,8°C gemessen werden, obwohl am
Vortag 18,8°C verzeichnet wurden. Das Aufeinandertreffen der verschieden
temperierten Luftmassen sorgte auch für starke Niederschläge, die in der
Alpenregion und an den Pyrenäen durch die erzwungene Hebung der Luft noch
verstärkt wurden. Bis 07 Uhr MEZ wurden dadurch innerhalb von 12 Stunden 20
l/m² im nordspanischen Avilés, 31 l/m² in Embrun, 32 l/m² in Salon und 38 l/m²
in Istres bei Marseille registriert. Auch im Süden Deutschlands kam es zu hohen
Niederschlagssummen, wie in Augsburg mit 21 l/m², in Ulm mit 24 l/m² und in
Konstanz mit 36 l/m². Der Niederschlagsschwerpunkt befand sich jedoch nahe dem
Zentrum über der Schweiz. Dort fielen extreme 55 l/m² am Lago di Robièi, 56
l/m² an der Station Magadino/Cadenazzo und 57 l/m² in San Bernardino, wobei
auch landesweit von den Stationen verbreitet über 20 l/m² vermeldet wurden. Bis
zum Abend verlagerte sich der Schwerpunkt des Regengebiets mit der Zugrichtung
des Tiefs TAREK weiter über den Norden Italiens, wodurch in 12 Stunden 25 l/m²
in Desenzano, 28 l/m² in Mailand, 35 l/m² in Trient und 52 l/m² in Aviano am
Fuße der Dolomiten verzeichnet werden konnten.
Am 27.04. um 01 Uhr MEZ wurde das
Zentrum des Tiefs TAREK mit einem Druck von knapp unter 1010 hPa über der
Lombardei analysiert. Eine Kaltfront verlief vom Kern ausgehend bogenförmig
nach Südwesten über das Ligurische und das Balearen-Meer bis nach Valencia, wo
sie den Anschluss an die Warmfront eines neu entstandenen, unbenannten Tiefs
mit Zentrum über Zentralspanien fand. Die kurze und vom Kern des Wirbels TAREK
nach Osten weisende Warmfront ging ebenfalls in das Frontensystem eines sich
neu gebildeten Tiefs über den Ostalpen über. Dessen Warmfront reichte
anschließend über die Slowakei und Südostpolen bis südlich von Minsk, wo sie
sich mit der Kaltfront der nach Finnland gezogenen Zyklone REINER verband. Bis
07 Uhr MEZ fielen in Norditalien erneut hohe 12-stündliche Regensummen von 28
l/m² in Trient, 30 l/m² in Venedig, 34 l/m² in Ronchi die Legionari und 44 l/m²
in Aviano. In Slowenien führte starker und lang anhaltender Regen, in höheren
Lagen auch überwiegend Schneefall, zu ebenfalls extremen Mengen von jeweils 50
l/m² an der Station Kredarica und in Ratece. Auch in Österreich sorgte das
Frontensystem nun für kräftige Niederschläge. So wurden in 12 Stunden 35 l/m²
in Dellach im Drautal und 42 l/m² in Gatschach am Weißensee registriert. Bis
zum Abend summierten sich die Niederschläge auf weitere 13 l/m² auf dem Chopok
in der Slowakei, 16 l/m² im kroatischen Mali Losinj, 32 l/m² in Gatschach, 33
l/m² in Aviano und 52 l/m² am Flughafen von Ljubljana.
Das Frontensystem des Tiefs TAREK begann
derweil bis zum Folgetag zu okkludieren. Das bedeutet, dass die schneller
ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt
einholt und die warme Luft anhebt. Die daraus entstehende Okklusionsfront
vereint dabei Eigenschaften beider Frontenarten und wird je nachdem, ob sie
relativ wärmere oder kältere Luftmassen heranführt, als Kalt- oder
Warmfrontokklusion unterschieden. Um 01 Uhr MEZ verlief eine solche Okklusion
westlich des nahezu stationär verbleibenden Kerns der Zyklone TAREK mit ca.
1005 hPa nach Osten bis Venedig. Dort teilte sie sich in eine Warm- und eine
Kaltfront auf. Die Warmfront führte nach Nordosten über die Ostalpen, die
nördlichen Karpaten und den Südwesten Weißrusslands bis zum Raum Moskau, wo sie
Anschluss an die Kaltfront des Wirbels REINER hatte. Die Kaltfront reichte über
Sardinien und Algerien nach Südwesten. Die kräftigsten Niederschläge befanden
sich erneut in der Nähe des Tiefdruckzentrums über der Alpenregion und
Norditalien. Die höchsten 12-stündlichen Niederschlagssummen bis 07 Uhr MEZ
betrugen dabei 47 l/m² am Grand St. Bernard, 49 l/m² in Villacheralpe, 50 l/m²
am Flughafen von Turin und 53 l/m² in Feldkirchen. In Slowenien fiel der
Niederschlag flächendeckend besonders kräftig aus. So konnten im selben
Zeitraum wie zuvor 38 l/m² in Ljubljana, 41 l/m² in Postojna und 54 l/m² in
Ratece gemessen werden. Innerhalb von 24 Stunden wurden sogar extreme Mengen
von 108,5 l/m² an der Station Katarina, 159,2 l/m² in Vojsko und 269,0 l/m² auf
dem Vogel in den Julischen Alpen registriert. Bis zum Abend konzentrierten sich
die Niederschläge zusehends auf einen Streifen von Kroatien und Österreich über
Ungarn, die Slowakei, dem Osten Tschechiens und Polens bis nach Weißrussland.
Während in Österreich noch meist 10 bis 20 l/m² zusammenkamen, wurden weiter
östlich vor allem an den Bergen aufgrund von Stauniederschlägen nochmals Summen
von über 30 l/m² verzeichnet, wie am Lomnicky Stit im slowakischen Teil der
Hohen Tatra mit 32 l/m² oder am etwas weiter westlich hinter der polnischen
Grenze gelegenen Kasprowy Wierch mit 35 l/m². Auch in der Schweiz
intensivierten sich die Niederschläge nochmals, wodurch vom Pilatus 45 l/m² und
am Ofenpass 61 l/m² gemeldet werden konnten.
Der Höhenströmung in der mittleren
Troposphäre folgend verlagerte sich das Tiefdruckgebiet TAREK bis zum 29.04.
rasch nach Nordosten. Der Bereich tiefsten Druckes von etwa 1007 hPa wurde
dabei um 01 Uhr MEZ über dem Westen Weißrusslands analysiert. Zu diesem Zeitpunkt
führten eine Warmfront nach Osten bis zum Südural und eine Kaltfront über die
Karpaten, Süditalien und Nordtunesien bis über den Nordwesten Algeriens.
Während die Kaltfront über Südosteuropa im Tagesverlauf kühlere Polarluft
heranführte und dadurch für deutliche Absenkungen in den Höchsttemperaturen von
beispielsweise 24,4°C am Vortag auf 9,0°C im serbischen Valjevo sorgte, erhöhten
sich die Tagesmaxima durch einfließende subtropische Luftmassen hinter der Warmfront
über West- und Zentralrussland. In Wjasma in der Oblast Smolensk südwestlich
von Moskau stieg der Tageshöchstwert zum Beispiel von 9,8°C tags zuvor um 13,3
Grad auf 23,1°C. Die Niederschläge entlang der Fronten wiesen währenddessen
ihre größte Intensität in Kroatien und Westbosnien sowie von Weißrussland bis
zum Westen Russlands auf. Bis zum Morgentermin um 07 Uhr MEZ wurden dabei
12-stündlich 15 l/m² im bosnischen Zenica, je 17 l/m² im weißrussischen
Baranovici sowie im südkroatischen Split, 20 l/m² im russischen Bologoje und 30
l/m² im ebenfalls kroatischen Sibenik verzeichnet. In den folgenden 12 Stunden konnten
anschließend 11 l/m² in Sankt Petersburg, 12 l/m² in Amendola in Italien und
jeweils 17 l/m² im serbischen Loznica und im montenegrinischen Niksic
registriert werden.
Das Tief TAREK verlagerte sich bis zum
Folgetag weiter nach Norden bis nach Estland. Vom Zentrum mit einem Druck von
knapp unter 1010 hPa reichte eine Okklusion nach Osten, die sich nach kurzem
Verlauf nahe Sankt Petersburg in eine bis zum Südural verlaufende Warmfront und
in eine nach Süden weisende Kaltfront aufteilte, wobei letztere teils verwellt
bis nach Bulgarien reichte. Mit der Kaltfront verlagerten sich auch die
Niederschläge weiter nach Osten und führten so bis zum Morgen im
nordwestukrainischen Riwne zu 12 l/m² und an den rumänischen Stationen in
Ramnicu Valcea und auf dem Omu zu je 16 l/m². Auch im russischen Teil Kareliens
in der Nähe des Tiefdruckzentrums konnten noch 12 l/m² in Medweschjegorsk
gemessen werden. Die höchsten Niederschlagsmengen bis zum Abend, die dem Wirbel
TAREK zuzuordnen sind, lagen bei 11 l/m² im türkischen Tekirdag sowie jeweils
15 l/m² an den russischen Stationen Kowda und Olonez. Währenddessen erwärmten
sich die subtropischen Luftmassen in Russland weiter und breiteten sich auch in
Richtung Norden aus. In Wjasma betrug die Tageshöchsttemperatur dadurch bereits
26,0°C und in Pudosch in Karelien stieg das Maximum von 5,4°C am Vortag auf
16,5°C an.
Der nach Norden weisenden Zugbahn
folgend befand sich das Tief TAREK am 01.05. um 01 Uhr MEZ bereits über dem
Norden Schwedens mit einem weiterhin unveränderten Kerndruck von knapp unter
1010 hPa. Die Okklusion verlief über den Norden Norwegens und die Halbinsel
Kola bis über das Weiße Meer, wo sich der Okklusionspunkt befand. Von dort
erstreckte sich die Warmfront nach Südosten bis nach Kasachstan. Die Kaltfront
führte verwellt nach Südwesten über den Westen Russlands, die Ostukraine und
die östlichen Karpaten bis über den Kosovo. Die Niederschläge erreichten zwar
im Vergleich mit den Vortagen nicht mehr flächendeckend dieselbe Intensität,
dennoch konnten an diesem Tag entlang der Fronten und im Bereich des
Tiefdruckzentrums nochmals zweistellige Niederschlagsmengen vermeldet werden,
wie 11 l/m² im norwegischen Vardo, 16 l/m² im russischen Kandalakscha und 19
l/m² im weißrussischen Borisov. Der Anstieg der Temperatur über Zentralrussland
hielt hingegen weiter an, wobei sich der Bereich mit den höchsten Maxima mit
der Frontenbewegung leicht nach Osten verschob. Somit wurden nun im Bereich
zwischen Warm- und Kaltfront von Westrussland bis knapp östlich des Urals
Tageshöchstwerte von 21 bis 28°C registriert.
Bis zum Folgetag bildete sich entlang
der Kaltfront des Tiefs TAREK ein weiteres Tiefdruckzentrum aus, welches in der
Folge als Tief TAREK II bezeichnet wurde. Dieses befand sich um 01 Uhr MEZ
nordwestlich von Moskau und besaß einen Kerndruck von rund 1020 hPa. Vom
Zentrum der Zyklone TAREK II führte eine Kaltfront über die Ostukraine bis zur
Schwarzmeerküste Rumäniens. Des Weiteren erstreckte sich eine Warmfront nach
Nordosten, welche westlich des Urals in die Kaltfront des ursprünglichen
Wirbels TAREK I überging. Der zugehörige Okklusionspunkt befand sich nahe der
Stadt Petschora, von wo aus die Warmfront bogenförmig über Westsibirien nach
Süden wies. Das Zentrum des Tiefs TAREK I mit einem Druck von ca. 1005 hPa
verlagerte sich im Vergleich zum Vortag nur wenig nach Norden bis über die südwestliche
Barentssee. Die Okklusion verlief nach Südosten und passierte dabei die
Doppelinsel Nowaja Semlja an dessen Südwestküste. Die Niederschläge
konzentrierten sich an diesem Tag hauptsächlich auf den Norden Norwegens und
den Nordwesten Russlands. Dabei wurden erneut 12-stündlich 21 l/m² in Staraja
Russa, 14 l/m² in Harstad und 15 l/m² in Kvaenangen gemessen.
Das Tief TAREK II zog bis zum 03.05.
rasch nach Nordosten und wurde um 01 Uhr MEZ mit etwa 1008 hPa, ähnlich der
Lage des Okklusionspunktes vom Vortag, über dem Raum Petschora analysiert. Die
zugehörige Kaltfront reichte vom Kern nach Südwesten, verband sich jedoch
bereits nach kurzem Verlauf mit der Warmfront eines weiteren, neu entstandenen
Tiefs mit Zentrum südöstlich von Moskau. Die Warmfront verlief derweil die
Stadt Tobolsk südlich passierend nach Südosten über Westsibirien. Rund 600 km
weiter nordwestlich befand sich das Zentrum des Tiefs TAREK I mit 1014 hPa über
der Kanin-Halbinsel. Die beiden Zentren des Systems TAREK waren dabei mit einer
bogenförmig über die Barentssee führenden Okklusionsfront verbunden. Weiterhin
konnten zweistellige Niederschlagsmengen innerhalb eines Beobachtungszeitraums
von 12 Stunden registriert werden. So fielen in Jarensk und Wesljana je 10
l/m², in Uchta 11 l/m², in Petschora 12 l/m² und in Tscherdyn 13 l/m².
Während sich das Tief TAREK I auflöste
bzw. sich die beiden Tiefdruckzentren zum Teil vereinigten, verlagerte sich das
ursprüngliche Tief TAREK II, welches nur noch als Tief TAREK bezeichnet wurde,
weiter nach Nordosten, bis zur Mündung des Ob auf Breite des Nördlichen
Polarkreises. Der Kerndruck verstärkte sich auf knapp unter 1000 hPa. Auch das
Frontensystem zog weiter nach Osten und sorgte nochmals für 6 l/m² in Biserovo
und 7 l/m² in Yuilsk.
In der Folge verlagerte sich das Tief
TAREK weiter nach Osten bis außerhalb des Analysebereichs der Berliner
Wetterkarte und konnte nicht weiter namentlich auf dieser verzeichnet werden.
Geschrieben am 12.07.2017 von Sebastian
Wölk
Berliner Wetterkarte: 28.04.2017
Pate: Tarek Bilecen