Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet TATIJANA

(getauft am 06.05.2012)

 

Am 06. Mai 2012 konnte im Bodenniveau entlang einer Frontalzone im nordatlantischen Raum unterhalb eines Höhentroges, also einem Vorstoß kalter Luft nach Süden, ein kleinräumiges Tiefdruckgebiet analysiert und auf den Namen TATIJANA getauft werden. Zum Zeitpunkt seines Entstehens wies dieses Tief einen Druck im Kern von ca. 1010 hPa auf und lag weit südlich von Island auf dem Breitengrad von Brüssel und hatte noch kein Frontensystem ausgebildet.

Zum Folgetag, dem 07. Mai, zog das Zentrum der Zyklone knapp 350 km nach Norden und lag damit etwa 300 km westlich vor Irland mit einem um 5 hPa gefallenen Kerndruck. Im gleichen Zeitrum bildete das Tief TATIJANA auch ein Frontensystem aus, welches im Laufe des Tages die Britischen Inseln überquerte. Gegen 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ, ging vom Zentrum des Wirbels eine Okklusionsfront, eine Mischfront mit Kalt– und Warmfronteigenschaften, aus. Sie beschrieb einen Bogen nach Südosten und spaltete sich nahe dem Ort Cannawee auf der südwestlichsten Spitze Irlands in eine Warm– und Kaltfront auf. Von dort verlief die Warmfront in Richtung Südost, an Brest vorbei und endete etwas westlich der Glenan Inseln vor Frankreich während die der Warmfront nachfolgende Kaltfront einem engen Bogen folgend nach Westen über den Nordatlantik reichte. Über den Britischen Inseln führte das herannahende Druckgebilde an diesem Tag zu lang anhaltenden, ergiebigen und zum Teil auch gewittrig ausfallenden Regenschauern. In Dublin zum Beispiel fielen im Laufe des Tages bei durchziehenden Gewittern 7 mm, in Glasgow 8 mm und im walisischen Chivenor sogar 27 mm Regen auf einem Quadratmeter. Im nördlich von Oxford gelegenen Kidlington wurden am Nachmittag stärkere Hagelfälle und ein entstehender Wolkentrichter gemeldet. Am gleichen Tag, gegen 15 Uhr, konnte nahe dem irländischen Rosses Point sogar das seltene Phänomen einer, in dem Fall harmlosen, Wasserhose beobachtet werden.

Zum 08. Mai zog das Tief TATIJANA weiter in Richtung Nordosten und lag mit einem Druck von weiterhin 1005 hPa mit seinem Kern über Nordirland. Von diesem Kern ging zum Zeitpunkt der Kartenerstellung nördlich weiter eine Okklusionsfront aus, die sich nach Überquerung von Nordschottland bei Edinburgh in eine Warm– und Kaltfront teilte. Die Warmfront zog sich weiter in Richtung Südosten und endete nach Überquerung der Nordsee bei Brüssel, wohingegen die Kaltfront von Edinburgh ausgehend einen Bogen in südwestlicher Richtung über Birmingham und Exeter beschrieb und bei St. Ives über dem Nordatlantischen Ozean endete. Das Hauptniederschlags­gebiet vom Vortag zog dabei von Großbritannien über die Nordsee in Richtung Skandinavien, wo es einen Tag später auf Land traf.

An diesem Tag befand sich das Zentrum des Wirbels TATIJANA mit einem Druck von  1000 hPa über der nördlichen Nordsee, mittig zwischen den schottischen Inseln und der norwegischen Ostküste. Die Okklusionsfront, die nördlich vom Zentrum ausging, spaltete sich schon kurz vor Trondheim in eine weiter östlich liegende Warmfront und eine nach Süden reichende Kaltfront auf. Diese Kaltfront erstreckte sich über Oslo hinweg bis nach Dänemark bevor sie entlang der ostfriesischen Inseln einen Bogen nach London beschrieb und sich über Cornwall als Warmfront mit einem anderen Tiefdruckgebilde verband. Über der Nordsee konnte sich die Zyklone TATIJANA mit zusätzlicher Feuchtigkeit anreichern, diese zusätzlichen Regenmengen trafen in der Nacht bei Norwegen auf Land, wo sie in den Höhenlagen zum Teil  noch als Schnee fielen. Im Laufe des Tages zog das Niederschlagsgebiet über Dänemark und Schweden in Richtung Finnland ab. In der norwegischen Stadt Bergen wurden im Zeitraum von 06 bis 12 Uhr 6 mm, im etwas nördlich davon gelegenem Takle bis 18 Uhr 8 mm und im schwedischen Uppsala bis 06 Uhr des Folgetages sogar 20 mm Regen pro Quadratmeter verzeichnet. Das ganze geschah bei Tageshöchstwerten von 10 bis 12°C.

Am Morgen des 10. Mai, dem fünften und letzten Tag des Bestehens des Wirbels TATIJANA, bildete das Tiefdruckgebiet zwei voneinander getrennte Zentren sowie ein weit verzweigtes Frontensystem aus. Das nördliche der beiden Zentren lag mit einem deutlich gestiegenem Druck von etwa 1010 hPa etwas westlich des Nordkaps während das zweite, südlicherer Zentrum mit einem Kerndruck von 1005 hPa an der norwegischen Ostküste, genauer vor dem Nordfjord lag. Das nördliche Zentrum war Ausgangspunkt eines weitreichenden Frontensystems. Eine von dort aus in südwestlicher Richtung verlaufende Okklusionsfront verband das nördliche mit dem südlichen Zentrum bevor sich die Front von dort in einem zunächst südlichen, dann westlichen Bogen über das schottische Dundee zog und vor der nordirischen Küste über dem Nordatlantik endete. Weiter gingen vom nördlichen Zentrum zwei weitere Fronten aus. Eine Warmfront verlief in nordöstlicher Richtung über die Barentssee und ging in einen über dem Karameer befindlichen Wirbel über. Außerdem existierte eine Okklusionsfront, die entlang der schwedisch-finnischen Grenze nach Süden über die nördliche Ostsee bis nach Stockholm verlief, wo sich eine nach Süden über Polen bis nach Wien reichende Warmfront abspaltete. Von Stockholm zog die Okklusionsfront weiter nach Südwesten über Kopenhagen hinweg, bis sie bei Flensburg in eine zum Tiefdruckwirbel UTE gehörende Warmfront überging. Das Niederschlagsband, welches am Vortag große Teile Skandinaviens überquerte zog unter Abschwächung über Finnland in Richtung Nordrussland ab, im finnischen Helsinki kamen dennoch innerhalb von 24 Stunden bis zu 10 mm Regen pro Quadratmeter zusammen.

Am nächsten Morgen hatte sich der Tiefdruckwirbel TATIJANA soweit abgeschwächt, dass er auf der Berliner Wetterkarte von 00 Uhr UTC nicht mehr als eigenständiges System analysiert werden konnte.

 


Geschrieben am 13.06.2012

Berliner Wetterkarte:  10.05.2012

Pate: Sascha Stranz