Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet TAVINIA

(getauft am 15.10.2012)

 

Entlang eines ausgeprägten Troges, d.h. eines Vorstoßes kalter Luft in einer Höhe von ca. 5,5 km, bildete sich im Bodenniveau ein zugehöriges Tief, das am 15.10. in der Prognose für den Folgetag auf den Namen TAVINIA getauft wurde. Um 0 UTC des 16.10. konnte Tief TAVINIA erstmalig auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden. Zu diesem Zeitpunkt lag das Zentrum mit einem Druck von ca. 1000 hPa über dem Atlantik, in etwa auf einer Schnittlinie von Reykjavik und Paris. Östlich vom Zentrum ausgehend konnte eine Okklusionsfront, also eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, analysiert werden. Diese Okklusionsfront ging bereits knapp südlich des Kerns in eine bis nördlich der Azoren reichende Kaltfront über. In den folgenden 24 Stunden verlagerte sich die Zyklone TAVINIA unter Verstärkung in Richtung Osten und lag am frühen Morgen des 17.10. nur noch knapp 250 Kilometer vor der irischen Südwestküste. Vom Kern, dessen Druck auf einen Wert von unter 975 hPa gefallen war, ging in östlicher Richtung eine Okklusionsfront aus, die sich über der Keltischen See in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Von diesem sogenannten Okklusionspunkt, der etwa auf einer Schnittlinie von London und Dublin lag, verlief die Warmfront in südwestlicher Richtung über weite Teile Frankreichs, bis sie nahe Bern in die Kaltfront des Tiefs STEFANIE überging. Die Kaltfront des Wirbels TAVINIA zog sich vom Okklusionspunkt ausgehend in Richtung der Iberischen Halbinsel und von dort in einem weiten Bogen nach Westen, bis knapp westlich der Azoren. Die Ausläufer des Wirbels brachten den Britischen Inseln teils ergiebige Niederschläge. Beispielsweise wurden im irischen Valentia 21 mm und im schottischen Glasgow 24 mm Regen innerhalb von 24 Stunden bis 06 UTC registriert. Auch auf der Iberischen Halbinsel kam es zu teils starken Schauern, in Lissabon wurde 33 l/mm und sogar 40 l/mm Regen, die innerhalb von 24 Stunden fielen, gemeldet.

Zum 18.10. lag das Zentrum des Wirbels TAVINIA mit einem um 10 hPa gestiegenen Druck zentral über dem südlichen Irland. Vom Kern gingen zwei Okklusionsfronten aus. Die erste reichte in südwestlicher Richtung über die Keltischen See auf den Atlantik hinaus und die zweite verlief nach Nordwesten, entlang der irischen Westküste, bevor sie sich knapp westlich von Schottland mit dem Frontensystem von Tief STEFANIE verband. In Großbritannien hielt das regnerische Herbstwetter weiter an, Stornoway registrierte 5 mm, Glasgow 8 mm und Edinburgh 14 mm Regen oder Sprühregen die innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages.

Sich weiter abschwächend blieb der Tiefdruckwirbel TAVINIA auch am 19.10. nahezu ortsfest. So lag das Zentrum von Tief TAVINIA mit einem
auf 1005 hPa gestiegenem Druck gegen 00 Uhr UTC über dem St.-Georgs-Kanal zwischen Irland und England. Wenig südwestlich vom Kern ausgehend verlief eine Okklusionsfront, die sich ähnlich wie am Vortag zunächst entlang der irischen Westküste und danach über Schottland zog und bei Oslo nahe
dem Kern von Tief STEFANIE endete. Es blieb weiter regnerisch trüb, auch wenn die Regenmengen etwas nachließen. In Glasgow wurden innerhalb von 24 Stunden 5 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen, der zumeist als mäßiger Regen, zum Teil auch als gefrierenden Sprühregen fiel. Im gleichen Zeitraum bis 06 Uhr UTC des folgenden Tages meldete London 8 mm Niederschlag, die am Abend auch als Schnee oder Schneeregen fielen.

Zum 20.10. verlagerte sich der Kern mit einem auf 1010 hPa gestiegenem Druck nach Norden in Richtung der Färöer und lag gegen 0 Uhr UTC auf einem Breitengrad mit Oslo. Nördlich des Kerns ausgehend verlief bogenförmig eine Okklusionsfront nach Osten, die sich  über Schweden mit dem Frontensystem von Tief STEFANIE verband. In Oslo fielen bei einer Höchsttemperatur von 6°C innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC 20 mm Regen, im etwas weiter südlich gelegenen Melsom waren es im selben Zeitraum sogar 23 mm. Im schwedischen Uppsala wurden bei einer Höchsttemperatur von 8°C bis 18 Uhr UTC Regenmengen von 9 mm, im westschwedischen Blomskog bei Temperaturen um 12°C 17 mm gemessen.

Bereits in der Nacht zum 21.10. befand sich Tief TAVINIA in allmählicher Auflösung. Mit einem Druck von 1015 hPa befand sich das Zentrum wie am Vortag über dem Nordatlantik zwischen den Färöern und Schottland. Der Wirbel war mit dem ehemaligen Tropensturm RAFAEL durch eine Okklusion verbunden. Im Laufe des Tages wurden auf den Färöern in Thorshavn Regenmengen von 0,2 mm, im Norwegischen Trondheim 1 mm und in
Oslo 2 mm registriert. Bis zum nächsten Tag löste sich die ehemals starke Zyklone TAVINIA auf und konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 

Geschrieben am 25.11.2012 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 17 oder 18.10.2012

Pate: Laura-Isabell Sedlak