Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet THEODOR
(getauft am 23.04.2019)
Bereits am 21. April trat das zukünftige Tiefdruckgebiet THEODOR in den
Analysebereich der Berliner Wetterkarte. Allerdings befand es sich noch ohne
Namen, mit Kern über der Ostküste der USA zwischen Washington und Boston und
einem Luftdruck von rund 1005 hPa. Zu diesem Zeitpunkt war das noch
verhältnismäßig schwach ausgebildete Tiefdruckgebilde über seine Warmfront mit
einem anderen Tief über dem Nordatlantik verbunden. Zudem war der
Warmluftsektor, also der Bereich zwischen Warmfront und Kaltfront, in dem mit
südwestlichem Wind milde Luft herangeführt wurde, noch relativ groß. In den
Folgetagen verlagerte sich das Bodentief, der Höhenströmung folgend, ostwärts
unter zunehmender Verstärkung über den Nordatlantik und verkleinerte dabei
seinen Warmluftsektor, was bedeutete, dass die Kaltfront die Warmfront mehr und
mehr einholte. Am 23. April konnte man sehr gut das Resultat, wenn eine
Kaltfront eine Warmfront eingeholt hat, auf der Analyse der Bodenwetterkarte
der Berliner Wetterkarte sehen. Die daraus resultierende Front nennt sich
Okklusionsfront und ist eine sogenannte Mischfront, die die Eigenschaften von
Kalt- und Warmfront in sich vereint. Die Okklusion ging vom Kern, welcher sich
mit einem Luftdruck von ca. 995 hPa südöstlich von der Südspitze Grönlands
befand, zum einen nach Nordwesten und verband sich mit einem anderen Tief nahe
Westgrönland und zum anderen nach Südwesten, wo sie in den Okklusionspunkt
mündete. Von diesen Punkt spalteten sich die Kaltfront und die vorderläufige
Warmfront ab. Mit Kurs auf Westeuropa wurde da noch unbenannte Tief am 23.
April in der Prognose für den Folgetag auf den Namen THEODOR getauft.
Wie von den Meteorologen prognostiziert zog die Zyklone bis zum Tag nach
der Taufe mit Kern etwa 500 km vor die Westküste Irlands und das dazugehörige
Frontensystem platzierte sich vor Portugals Westküste. Dass sich das Tief
nochmals verstärken konnte, sein Kerndruck befand sich bereits bei rund 985
hPa, lag auch daran, dass sich auch in der Höhe, im Druckniveau von 500 hPa
bzw. einer Höhe von etwa 5,5 km, ein kräftiger Höhentrog, welcher mit Kaltluft
aus Norden angefüllt war und vom Nordatlantik bis nach Spanien reichte,
ausprägte. Zu diesem Zeitpunkt, also um 00 Uhr UTC oder 02 Uhr MESZ, hatte die
Kaltfront die Warmfront fast schon vollständig eingeholt, so dass ein Großteil
des Frontensystems von Tief THEODOR bereits aus einer Okklusion bestand. Im
Tagesverlauf des 24. April überquerten die Fronten der Zyklone Portugal und
einen Großteil Spaniens, einzig die Region um das Mittelmeer blieb noch
niederschlagsfrei. Infolgedessen konnten dort auch die meisten Sonnenstunden
verzeichnet werden wie z.B. bis zu 13 Stunden rund um die Region Murcia.
Gebietsweise fielen beispielsweise in Madrid sehr unterschiedliche Mengen
an Niederschlag. So registrierten Stationen im Stadtzentrum 24-stündige
Niederschläge bis 35 mm, wohingegen man am nördlichen Stadtrand im gleichen
Zeitraum lediglich 6 mm messen konnte. Die höchsten Regensummen kamen jedoch in
und um die Pyrenäen zusammen. Dort verzeichnete das Dorf Búbal
in der Gemeinde Biescas, in einer Höhe von 1090 m
gelegen und seit 1970 unbewohnt, eine immense Menge von 104,8 mm im selben
Zeitraum. Diese Summen können dort aufgrund der Topographie zustande kommen. An
den höchsten Erhebungen bleiben die Wolken quasi „hängen“ und regnen sich ab.
Gegen Abend erreichte die Okklusionsfront von Tief THEODOR dann auch die
Westhälfte Frankreichs, wo sie bis zum Morgen des 25. April um 07 Uhr MEZ
innerhalb 12 Stunden 2 mm in Bordeaux und 19 mm im nur unweit entfernten
Bergerac brachte.
Zum Mitternachtstermin des 25. April befand sich der Kern von Tief
THEODOR über der nördlichen Biskaya und besaß einen Luftdruck von etwas unter
990 hPa. Die Okklusionsfront ging zum einen westlich vom Kern ab, wo sie im
Nordatlantik in einen weiteren Tiefdruckkern mündete und zum anderen verlief
sie ostwärts bogenförmig über die Mitte Frankreichs hinweg bis zu den Pyrenäen,
wo sie in eine Kaltfront überging, die sich von Spanien bis weit über den
Nordatlantik erstreckte. Im Tagesverlauf zog Tief THEODOR mitsamt seinem
Frontensystem, welches zur Wellenbildung neigte, nach Norden, so dass es das
Wettergeschehen mit Niederschlag über den Britischen Inseln und Frankreich
sowie erneut der Iberischen Halbinsel beeinflusste. Verbreitet traten
Regenfälle von 5 bis 15 mm auf. Besonders im Südosten Frankreichs, im Süden der
Schweiz sowie in Norditalien bildeten sich kräftige Schauer und Gewitter,
welche teils von Hagel begleitet waren. So konnte Lyon 24-stündig 45,7 mm,
Dijon 25,2 mm und Mosogno im Tessin sogar 112,8 mm
vermelden. Nachdem die Kaltfront des vorangegangenen Druckgebildes SANDER
bereits dem Westen Deutschlands teils kräftige Schauer und Gewitter mit
24-stündigen Niederschlagsmengen bis zu 25 mm gebracht hatte, griff auch das
Frontensystem von Tief THEODOR am späten Abend und in der Nacht auf den
äußersten Westen Deutschlands über. Vom Münsterland bis zum Bodensee und
westlich davon wurden bis zum Morgen des 26. Aprils 12-stündige Regenmengen von
1 bis 10 mm registriert, 10 mm kamen beispielsweise in dem kleinen Ort Geldern-Walbeck im Kreis Kleve zusammen. Mit der Annäherung der
Kaltfront schien dann in dem entsprechenden Gebiet auch nur 2 bis 7 Stunden die
Sonne und die Höchsttemperaturen lagen zwischen 15°C im Westen des Rheinlandes,
20°C in Essen und 24°C am Bodensee. Das restliche Deutschland wurde am 25.
April noch nicht von Tief THEODOR beeinflusst und konnte demzufolge 8 bis 13 Sonnenstunden
registrieren. Mit einer Höchsttemperatur von rund 25,4°C konnte in
Berlin-Dahlem der erste Sommertag, also ein Tag, an dem die Höchsttemperatur
über 25°C liegt, des Jahres verzeichnet werden. Im Durchschnitt wird die
25-Grad-Schwelle in Berlin am 10. Mai überschritten, Sommertage im April sind
jedoch keine Seltenheit. So liegt der Durchschnitt bei 0,4, das heißt, dass
etwa alle 2 Jahre im April ein Sommertag zu erwarten ist. Von 2014 bis 2017
wurde im April beispielsweise kein Sommertag verzeichnet. Deutschlandweit
gesehen erreichte die Temperatur am 25. April verbreitet über 20°C. Nur an den
Küsten sowie in den besagten von Tief THEODOR beeinflussten Gebieten blieb es
etwas kühler.
Weil das Tief
THEODOR genauso wie Tief SANDER der Höhenströmung weiterhin folgte und auf der
Vorderseite des immer noch stark ausgeprägten Höhentief verblieb, befand sich
der Kern von Tief THEODOR um 02 Uhr MESZ am 26. April über der schottischen
Westküste. Der Kerndruck schwächte sich nun zusehends ab und lag um diese
Uhrzeit bei knapp unter 1000 hPa. Die einzige Front, die das Tief noch besaß,
war die okkludierte Front, die vom Kern südostwärts abging und bis
Norddeutschland reichte, bevor sie dort in ein weiteres, allerdings unbenanntes
Wellentief überging. Im Tagesverlauf überquerte das Frontensystem von Tief
THEODOR samt dem oben erwähnten Wellentief langsam ganz Deutschland, in der
zweiten Tageshälfte erreichte sie die Osthälfte und leitete damit in weiten
Teilen eine deutliche Abkühlung ein. Derweil konnte sich in Ostdeutschland
kontinentale Subtropikluft südosteuropäischen Ursprungs halten und damit wurde
dort vielerorts nochmal ein Sommertag verzeichnet wie z.B. in Berlin-Schönefeld
mit 25,5°C oder an der Oder mit über 27°C mit teils über 10 Stunden Sonne in Teilen
Brandenburgs und Sachsen. Am wärmsten wurde es mit 27,8°C in Manschnow und Müncheberg. Die
FU-Station in Berlin-Dahlem verfehlte dagegen ganz knapp mit einer
Maximaltemperatur von 24°C einen weiteren Sommertag. Währenddessen erreichten
die restlichen Landesteile in Deutschland eine Temperaturspanne zwischen rund
7°C auf der Schwäbischen Alb und 20°C in der Lüneburger Heide und im Raum
Passau. Damit lag die Höchsttemperatur häufig unter den Werten vom Vortag,
teilweise war es mehr als 10 Kelvin kühler. So lag der Höchstwert in Frankfurt am Main bei 12,8°C, tags zuvor gab es
noch einen Sommertag.
Während in
den östlichen Gebieten Deutschlands der Niederschlag erst am Abend mit
Durchgang der Front von Tief THEODOR einsetzte, gab es in der Westhälfte bereits
ab den Morgenstunden Regen. Die größten Niederschlagssummen traten dabei in Unterfranken und Hessen
auf, wo 12-stündig bis 20 Uhr MESZ 16,1 mm im Ortsteil Modlos
in der Gemeinde Oberleichtersbach sowie 15,3 mm auf
dem knapp 764 m hohen Hoherodskopf, dem zweithöchsten
Gipfel des Mittelgebirges Vogelsberg, fielen. Auch entlang der Alpen gab es zum
Teil mehr als 10 mm an Niederschlag, so in Sigmarszell-Zeisertsweiler
am Bodensee mit 14,7 mm. In der Nacht zum 27. April lag der
Niederschlagsschwerpunkt dann in einem Gebiet vom nördlichen Sachsen-Anhalt
über Westbrandenburg bis nach Sachsen, wo bis zu 18 mm in Naundorf bei Seyda und 19,7 mm in Pulsnitz
innerhalb 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ fielen. In Berlin-Dahlem wurden 2,4 mm
registriert, wodurch sich die Monatssumme im April auf gerade einmal 4,1 mm
erhöhte, was lediglich 9,7% vom durchschnittlichen Aprilniederschlag an dieser
Station darstellte. Folglich wurde damit das Niederschlagsdefizit, welches sich
nach einem sonnigen und niederschlagsarmen Monat einstellte, bei weitem nicht
ausgeglichen.
Am 27. April
nahm dann das nächste Atlantiktief namens ULI den Platz von Tief THEODOR über
Mitteleuropa ein und beeinflusste mit dessen Fronten im Tagesverlauf ebenso
Deutschland. Derweil zog die bereits vollständige okkludierte Zyklone THEODOR
unter Ausbildung zweier Kerne weiter gen Norden und lag um 01 Uhr MEZ mit einem
Kern bei einem Luftdruck von ca. 1007 hPa über dem Nordosten Islands und mit dem
anderen Kern mit ungefähr 1010 hPa über Südnorwegen. Die beiden Kerne waren
durch eine Okklusionsfront miteinander verbunden und vom Kern II verlief die
Front weiter nach Süden, wo sie in Höhe des Skagerrak in die Warmfront eines
mit Kern bei Warschau gelegenen Tiefs überging. Bis zum Morgen brachte die
Okklusionsfront die größten Regenmengen an der Südküste Norwegens, wobei die
Summen gebietsweise mit 24 mm in Stavanger-Sola und
0,7 mm in Kristiansand recht unterschiedlich
ausfielen. Im Laufe des Tages kamen weitere Niederschläge im Süden Norwegens
zusammen, jedoch nicht mehr von der Okklusionsfront, sondern von der bereits
schon eben erwähnten Warmfront des anderen Tiefs. Dieses Tief nahm im weiteren
Verlauf die Okklusionsfront der Zyklone THEODOR auf, nachdem sich die beiden
Tiefdruckkerne auflösten. Daher konnte Tief THEODOR als eigenständiges
Tiefdruckgebilde das letzte Mal am 27. April auf dem Analysebereich der
Berliner Wetterkarte ausfindig gemacht werden.