Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
THEO
(getauft
am 18.07.2019)
Ein Tief
bildete sich im Bereich des Jetstreams, dem
Starkwindband in rund 5,5 km Höhe, über Nordamerika und machte sich am Ende der
zweiten Julidekade auf den Weg nach Europa. Anhand der Analysekarte vom
18.07.19 um 02 Uhr MESZ wurde dieses nun bestehende Tiefdruckgebiet auf den
Namen THEO getauft.
Auf der
Berliner Wetterkarte von jenem Zeitpunkt befand sich das Zentrum der Zyklone
THEO etwa 950 km südlich von Grönland. Dort wurde im Kern ein Druck von knapp
1010 hPa gemessen. Sämtliche Fronten des Tiefdruckgebietes verliefen zwischen dem
Kern und den Azoren über den zentralen Nordatlantik. Über dem östlichen
Atlantik circa 700 km südwestlich von Irland ging die teilweise doppelt
ausgeprägte Warmfront in die Kaltfront des Tiefs SEPP über. An der Kaltfront
des Wirbels THEO schloss sich ungefähr 700 km nordwestlich der Azoren eine
Warmfront einer kleinen Wellenstörung an.
Bis zum
nächsten Tag zog das Tiefdruckgebiet THEO weiter ostwärts und lag mit dem
Zentrum um 02 Uhr MESZ rund 400 km westlich von Irland. Dort wurde ein Druck
von etwa 1004 hPa gemessen. Die Kaltfrontokklusion, hinter derer also kühlere
Luft einfließt, befand sich mit einer Länge von 700 km quer über dem
Nordatlantik. Sie erstreckte sich bis zum Okklusionspunkt, der in der Nähe des
Kerns lag. Der Okklusionspunkt bezeichnet in der Meteorologie den Punkt, an dem
die Kaltfront auf die Warmfront trifft, diese anhebt und sich die Okklusion als
Mischfront beider bildet. Die Warmfront verlief bogenförmig vom Kern aus bis
über die Biskaya. Die etwas kürzere Kaltfront war stärker gekrümmt und ging
circa 1000 km nordöstlich der Azoren in die Warmfront einer Wellenstörung über.
Bis 08 Uhr MESZ kamen in 12 Stunden an Frankreichs Westküste vereinzelt bis zu
1 l/m² in La Roche und 0,6 l/m² in Brest zusammen. In der Nähe des Zentrums, wo
Warm- und Kaltfront zusammentrafen und sich zur Mischfront vereinigten, waren
es im selben Zeitraum 11 l/m² in Plymouth, 9 l/m² auf Sherkin
Island und 8 l/m² in Cardinham in der Region
Cornwall. Dazu stieg die Temperatur auf 19,8°C in Quimper, 19,4°C in Cork oder 20,9°C
in Exeter.
Unter
weiterer Verstärkung lag der Kern mit einem Druck von rund 998 hPa einen Tag
später über Irland. Die Okklusion, die südwestlich der Britischen Inseln über
dem Atlantik als Kaltfrontokklusion ausgebildet war, verlief s-förmig von dort
über die Irische See und das nördliche Irland und über Schottland bis zum
nördlichen Teil der Nordsee. An dieser Mischfront wurde die warme Luft am Boden
komplett von der kühleren Luft verdrängt. Vom Okklusionspunkt über der Nordsee
erstreckte sich die kurze Warmfront bis zu den Ardennen. Die Kaltfront verlief
von der Nordsee über den Ärmelkanal bis auf den Atlantik 250 km westlich der
Küste Galiciens. Mit der Verstärkung des Tiefs THEO intensivierten sich auch
die Niederschläge vor allem im Bereich der Okklusion. In der zuvor erwähnten
Zeitspanne regnete es am Flughafen Shoreham an der
britischen Südküste zwischen Portsmouth und Brighton 38 l/m², 23 l/m² im
irischen Mullingar und im 112 km weiter westlich
gelegenen Claremorris sogar 45 l/m². In der Normandie
waren es bis zu 29 l/m², wie in La Hague. Hinter der Kaltluftokklusion wurde
maritime Polarluft angezapft, wodurch auf den westlichen Britischen Inseln
kühlere 18,5°C in Belfast und 18,7°C in Valentia
erreicht wurden. Ansonsten stieg die Temperatur auf 24,5°C in Andrewsfield bei London oder 23,9°C in Farnborough.
Am 21.07. um
02 Uhr MESZ befand sich das Zentrum des Wirbels THEO bei den Shetland-Inseln.
Mit einem minimalen Luftdruck von knapp 1004 hPa hatte er sich leicht
abgeschwächt. Die Okklusion verlief von den Färöer- und Shetland-Inseln und dem
Süden Skandinaviens bis zur polnischen Ostseeküste. Die kurze Warmfront erstreckte
sich vom dortigen Okklusionspunkt südostwärts bis zum Riesengebirge. Die viel
längere Kaltfront verlief über den Westen Polens, Tschechien und das
Alpenvorland weiter nach Südwesten bis in die französische Region Limousin. Dort schloss sich die Warmfront eines kleinen
Tiefs über Spanien an. Besonders im Bereich zusätzlicher Hebung durch Gebirge
regnete es trotz einer Abschwächung der Zyklone THEO in etwa so viel wie am
Vortag. In Melsom im Süden Norwegens und in
Bischofshofen kamen 33 l/m², 23 l/m² in Tveitsund, 15
l/m² in Besançon und 27,6 l/m² am Chiemsee zusammen. Doch auch im Flachland
waren es 12-stündig 25 l/m² in Demker südlich von
Stendal oder 20,1 l/m² in Wiesenburg. Nach der Passage der Kaltfront bildeten
sich teils kräftige Schauer und Gewitter mit örtlichem Hagelschlag und schweren
Sturmböen aus, wo es schon mal 11,1 l/m² in einer Stunde regnete. So geschah es
zum Beispiel am späten Nachmittag des 20.07. in Hattstedt
bei Husum. Hinter der Kaltfront und der einströmenden Polarluft betrug die
Differenz der Höchsttemperatur 7 bis 10 Grad in Bezug auf die vorlaufende
Warmluft, die nun verdrängt wurde. In der kühleren Luftmasse wurden 22,4°C in
Rotterdam, 21,7°C in Emden, 16,6°C in Stavanger und 19,1°C in St. Peter-Ording
gemessen.
Entlang der
langen Okklusion bildete sich neben dem Zentrum THEO I mit rund 1001 hPa, das
sich am 22.07. um 02 Uhr MESZ 250 km südöstlich von Island befand, ein zweiter
Kern THEO II bei Stockholm aus. Dort wurde ein Luftdruck von ungefähr 1013 hPa
gemessen. Beide Zentren waren durch die Okklusion miteinander verbunden, die
sich insgesamt vom Europäischen Nordmeer bei Island und Südskandinavien bis ins
südliche Baltikum erstreckte. Vom dortigen Okklusionspunkt verlief die
Warmfront über Weißrussland und den Osten der Ukraine. An diesem Frontensystem
glitt langsam warme Luft über einer vorlaufenden kühleren Luftmasse auf. So
bildeten sich Schichtwolkenfelder, die aber keinen Niederschlag produzierten.
Die Kaltfront erstreckte sich vom Okklusionspunkt im Bogen vom Südosten Polens
bis nach Baden-Württemberg. Bei einzelnen Schauern kamen an dieser Kaltfront in
12 Stunden bis 08 Uhr MESZ maximale 19 l/m² zusammen, wie in Baia Mare im
Norden Rumäniens. Entlang der Mischfront regnete es in der
selben Zeit 20 l/m² im schwedischen Orskar und
10 l/m² an der Station Hamar-Stavsberg nördlich von
Oslo. Im sogenannten Warmsektor zwischen Warm- und Kaltfront wurden bis zu
35,2°C in Bukarest, 31,5°C in Charkiv oder 30,6°C in Dubasari nördlich von Chisinau
gemessen. Hinter der Kaltfront waren es immerhin noch 25,4°C in Poznan und 26,8°C in Hoyerswerda in erwärmter Subpolarluft.
Das ehemals
steuernde Tief THEO I löste sich innerhalb der nächsten 24 Stunden aufgrund des
nachrückenden Wirbels UWE auf. Die im Vergleich zum Vortag viel kürzere Mischfront
des Tiefdruckgebietes THEO verlief vom Süden Finnlands nach Südosten bis zur
Ostukraine. Der Kern befand sich mit einem Druck von rund 1012 hPa im Osten
Weißrusslands. Vom Okklusionspunkt aus gut 150 km nordöstlich von Kiew
erstreckte sich die kurze Warmfront südwärts bis zum Asowschen Meer. Die Kaltfront,
wo sich kalte Luft unter die Warmluft des Warmsektors schiebt, verlief
bogenförmig vom Okklusionspunkt aus bis zum nördlichen Teil der Karpaten, wo
sich die Warmfront des Tiefdruckgebietes UWE anschloss. Die Schauer der
Kaltfront ließen nicht an Intensität nach; in Boita
im zentralen Rumänien waren es im genannten Zeitraum beispielsweise 16 l/m².
Der meiste Regen fiel im Bereich der Okklusion mit der 12-stündigen Menge bis
08 Uhr MESZ von 28 l/m² in Wizebsk und 25 l/m² in
Borisov. Die erwärmte Subpolarluft drang hinter der Kaltfront fast bis zum
Schwarzen Meer vor. So betrug die Höchsttemperatur in Lviv
21,5°C und 22,7°C in Lublin, während am Schwarzen Meer selbst 30,5°C in Odessa
oder 32,0°C in Simferopol gemessen wurden.
Bis zum
nächsten Tag verlagerte sich die Zyklone THEO leicht nach Südosten. Um 02 Uhr
MESZ lag der Kern mit einem Druck von knapp 1008 hPa rund 250 km südlich von
Moskau. Spiralförmig erstreckte sich die Okklusion um das Zentrum über den
Südwesten Russlands bis zum westlichen Kaukasus, wo sich gleich die Kaltfront
anschloss, die in einem Bogen bis nach Serbien reichte. Dort wiederum ging sie
in eine Warmfront über. In Schauern an der Mischfront wurden in der erwähnten
Zeitspanne bis zu 10 l/m² in Gagarin und 17 l/m² im Moskauer Vorort Klin registriert. Auch im Einflussgebiet der Kaltfront kam
es zu teils kräftigen Schauern und in der selben Zeit
wurden deswegen 15 l/m² in Kirklareli im europäischen
Teil der Türkei oder 30 l/m² in Lovetch erfasst. Die
Temperaturunterschiede hatten sich trotz der leichten Verstärkung des Tiefs
THEO abgebaut. Recht einheitlich lag die Temperatur zwischen 25,8°C in Sofia,
27,7°C in Eskişehir und 30,6°C in Odessa.
In den
darauffolgenden 24 Stunden hatte sich die Zyklone THEO weiter abgeschwächt,
weswegen auf der Berliner Wetterkarte vom 25.07.19 anstelle des Tiefs nur noch
eine Konvergenzlinie, also eine Zone zusammenströmender Luft, über dem
westlichen Russland eingezeichnet war.