Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet THERESE

(getauft am 11.02.2016)

 

Zu Beginn der zweiten Februardekade befand sich der atlantisch-europäische Raum unter einer recht kräftigen, westlichen Höhenströmung, die vom nordamerikanischen Kontinent ausgehen zonal über den Nordatlantik bis zum Mittelmeerraum verlief, bevor sie über der Balkan-Halbinsel nach Norden in Richtung Osteuropa führte. Nord-, Nordwest- und Mitteleuropa befanden sich demzufolge nördlich davon im Bereich eines sehr breiten und hochreichenden Kaltlufttroges. Als Trog wird ein Gebiet niedrigen Drucks in höheren Luftschichten bezeichnet. Auch im Bodendruckfeld dominierte tiefer Luftdruck über weiten Teilen Europas und damit zwischen Mittelmeer und Skandinavien recht wechselhaftes Wetter. Hierfür sorgten nicht zuletzt Tiefdruckgebiete, die wiederholt mit den kräftigen Höhenwinden vom Atlantik über West- und Südwesteuropa hinweg in Richtung Mittelmeer zogen. Sie führten an ihrer Südflanke maritime Luftmassen teils tropischen Ursprungs mit sich, was sich in Form von kräftigen Niederschlägen in diesem Gebiet widerspiegelte. Ein weiteres Tief entwickelte sich um den 11. und 12. Februar im Bereich einer sogenannten Tiefdruckrinne, welche sich über dem nördlichen Nordatlantik zwischen dem Labradorbecken und dem westeuropäischen Becken ausbilden konnte. In diese Rinne war eine Okklusion eingelagert, an der es aufgrund dynamischer Prozesse westlich der britischen Inseln zur Zyklogenese kam. In der weiteren Entwicklung sollte dieses neu entstandene Tief mit der Höhenströmung in Richtung Frankreich ziehen und bald auch Einfluss auf unser Wetter nehmen, woraufhin der Wirbel am 11. Februar auf den Namen THERESE getauft wurde.

Erstmals analysiert werden konnte das Tief THERESE am frühen Morgen des 12. Februar knapp westlich von Irland. Die mit dem Tief verknüpften Fronten führten zu diesem Zeitpunkt als Okklusion bis zur Biskaya, die sich anschließende Warmfront weiter südwärts bis nach Portugal, die kurze Kaltfront hingegen westwärts bis zum nahen Ostatlantik, um dort in die Ausläufer eines nachfolgenden Tiefs überzugehen. Bis um 06 UTC, was 07 Uhr MEZ entspricht, hatte sich ein abgeschlossener Tiefdruckkern mit einem Luftdruck von knapp unter 980 hPa gebildet. Bereits in der Nacht  hatten im Zusammenhang mit dem Frontensystem von der Biskaya her kräftige Regenfälle Westfrankreich sowie den Nordwesten der Iberischen Halbinsel erfasst. Bis um 06 UTC wurden innerhalb eines 12-stündigen Zeitintervalls verbreitet zweistellige Niederschlagsmengen registriert, so wie im bretonischen La Roche-sur-Yon mit 16 l/m² oder in Brest bzw. Nantes mit jeweils 11 l/m². Auch zwischen Baskenland und Galizien bis in den Norden Portugals regnete es anhaltend, im Schnitt 5 bis 10 l/m², stellenweise auch 20 l/m² wie in A Coruña. Mitunter waren die Niederschläge schauerartig verstärkt, so dass es lokal zu erheblich großen Niederschlagsmengen kam, beispielsweise meldete die spanische Hafenstadt Vigo 59 l/m². Tagsüber dehnten sich die Niederschläge mit ähnlicher Intensität rasch weiter westwärts über Spanien und Frankreich bis zu den Westalpen aus. Den Niederschlagsschwerpunkt bildeten weiterhin die küstennahen Regionen auf der Pyrenäenhalbinsel. Bis zum Abend regnete es dort verbreitet weitere 20 bis 30 l/m², z.B. in Porto 25 l/m² oder in San Sebastian 32 l/m². Punktuell, direkt an den Küsten sowie im iberischen Bergland wurden deutlich höhere Regensummen gemessen. So fielen zwischen 06 und 18 UTC etwa in Vigo weitere 79 l/m². An der 1853 m hohen Bergstation Navacerrada bei Madrid wurden 76 l/m² und im nordportugisischen Penhas Douradas auf 1338 m Höhe 105 l/m² gemessen. Währenddessen verlagerte sich der Tiefdruckkern ohne wesentliche Druckänderung über die Bretagne, die Normandie und den Pariser Raum hinweg Richtung Ostfrankreich. Rückseitig gelangte feuchtere Meeresluft nach Westeuropa. Dabei konnte sich in Frankreich zumindest zeit- und gebietsweise die Sonne durchsetzen, so dass die Temperaturen auf Werte über 10°C, in Bordeaux auf bis zu 14°C stiegen. Dagegen wurden kaum Temperaturänderungen bei bedecktem Himmel im Norden und Osten des Landes in Nähe zum Tiefdruckkern bei Werten um die 5°C beobachtet, wie auch im Pariser Raum. Die Ausläufer von Tief THERESE blieben auch über weiten Teilen Spaniens und Portugals wetterbestimmend, so dass die Temperaturen in der etwas milderen Meeresluft tropischen Ursprungs meist nicht über 15°C stiegen. Lediglich entlang der spanischen Mittelmeerküste wurden vor dem Frontendurchzug noch Temperaturen von über 20°C erreicht, bis zu 24°C waren es sogar in Alicante und Malaga. Im Zusammenhang mit der Verlagerung des Tiefs THERESE und Durchzug der Ausläufer verstärkte sich der Wind vor allem südwestlich und südlich des Kerns. So wurden von West- über Südfrankreich bis nach Spanien und zum westlichen Mittelmeer verbreitet starke bis stürmische Windböen gemessen. Entlang der französischen und spanischen Atlantikküste kam es zu einzelnen Sturmböen, an exponierten Küstenabschnitten und im Gebirge vereinzelt auch zu schweren Sturmböen. In der sich anschließenden Nacht setzten sich die Niederschläge im Umfeld von Tief THERESE weiter fort. Dabei regnete es hauptsächlich in Ostfrankreich, der Schweiz und Süddeutschland, mit Mengen von durchschnittlich 5 bis 10 l/m² in 12 Stunden. In Leibstadt an der schweizerisch-deutschen Grenze regnete es etwa 12 l/m². In höheren Berglagen der Alpen fielen auch Mengen von um 15 l/m², wie etwa an der 1508 m hohen Station Crans Montana im Kanton Wallis. Die Schneefallgrenze lag zu Beginn der Nacht bei etwa 400 bis 450 m, stieg aber aufgrund der durch das Tief herangeführten milderen Meeresluft bis zum Morgen auf über 800 m an.

Währenddessen befand sich Tief THERESE am frühen Morgen des 13. Februars mit Zentrum über der Saar-Lor-Lux-Region, wobei der Kerndruck nur noch wenig unter 995 hPa betrug. Davon ausgehend erstreckte sich die Warmfront südwärts über die Schweiz bis zu den französischen Alpen. Dagegen reichte die Okklusion in nordwestliche Richtungen bis zum nördlichen Nordatlantik. Allerdings wurde das Tief THERESE im weiteren Verlauf von einem rasch vom Atlantik nachfolgenden Wirbel eingeholt, der sich in den folgenden Stunden über Nordfrankreich hinweg in Richtung Belgien und Westdeutschland verlagerte und Tief THERESE mitsamt ihrer Ausläufer in seine Zirkulation aufnahm.

Auch wenn das Tief THERESE nicht mehr direkt beteiligt war, so gestaltete sich das Wetter am 14. Februar über Deutschland gebietsweise recht wechselhaft, zumindest vom Ruhrgebiet über das Rheinland bis nach Bayern, wo schwache Fronten des Tiefs THERESE für leichten Regen oder Nieselregen sorgten. Die Temperaturen lagen dabei in der Westhälfte bei um oder knapp unter 5°C, in der Südhälfte immerhin bei bis zu 8°C und am Oberrhein auch bei knapp über 10°C, was durchaus den jahreszeitüblichen Temperaturen entsprach.

 


Geschrieben am 29.02.2016 von Gregor Pittke

Berliner Wetterkarte: 13.02.2016

Pate: Therese Pesch