Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet THERES
(getauft am
22.04.2016)
Am 22. April
beeinflussten die Tiefdruckgebiete ROSWITA und STEFANIE das Wettergeschehen in Mitteleuropa.
Die Zyklone STEFANIE befand sich um 01 Uhr MEZ knapp westlich von Riga,
währenddessen die Zyklone ROSWITA sich südwestlich von Irland positionierte. Im
Tagesverlauf verlagerte sich die Kaltfront von Tief STEFANIE nach Süden. Die
Wetteraktivität der Front war aber gering, sodass keine Niederschläge
verzeichnet wurden. Mithilfe dieser Front und der Okklusion von Tief ROSWITA
konnte sich über dem Alpenraum tiefer Luftdruck etablieren. Aus diesem lokalen
Luftdruckminimum entstand ein Tiefdruckgebiet, welches von den Meteorologen der
Berliner Wetterkarte in der Prognose für den Folgetag auf den Namen THERES
getauft wurde.
Am 23. April um 01
Uhr MEZ befand sich der Kern des Tiefs THERES über dem östlichen Alpenraum mit
einem Druck von ca. 1013 hPa. Ein Tiefdruckgebiet dreht sich gegen den
Uhrzeigersinn und besitzt bis zu drei Frontenarten. Die Kaltfront verläuft
meist südwestlich des Kerns, vorlaufend ist die Warmfront anzutreffen. Da die
Kaltfront eine höhere Zuggeschwindigkeit aufweist, holt diese die Warmfront
ein. Bei diesem Vorgang entsteht eine Mischfront, die als Okklusion bezeichnet
wird. Die Kaltfront von Tief THERES verlief in westliche Richtung über
Süddeutschland, Nordfrankreich bis über den Atlantik. Dort ging die Kaltfront
in die kurze Okklusion von Tief ROSWITA über. Die Warmfront erstreckte sich in
östliche Richtung und reichte bis zu den Karpaten. Dort ging sie in die
Kaltfront von Tief STEFANIE über. Dieses von Nordfrankreich bis zum Kern von
Tief STEFANIE über Westrussland befindliche Frontensystem trennte Subpolarluft
von den Luftmassen der mittleren Breiten. Nördlich dieser Luftmassengrenze
stellte sich für die Jahreszeit zu kühles und wechselhaftes Wetter ein. Bis zum
Tagesende verlagerte sich die Kaltfront nach Südfrankreich, die Warmfront
erreichte den Südosten von Polen. Die Kaltfront brachte Teilen Frankreichs,
Süddeutschlands, der Schweiz und Westösterreichs anhaltende Regenfälle. Die
24-stündigen Regenmengen beliefen sich dabei auf 1 bis 9 mm, in Alpennähe durch
Staueffekte auch 10 bis 30 mm. So fielen beispielsweise in Grenoble 6 mm, in Chambay 28 mm, in Zürich 18 mm, in München 8 mm und auf der
Zugspitze 14 mm. Etwa nördlich einer Linie Köln-Leipzig fiel kaum noch Regen.
In den genannten Regionen mit Niederschlägen blieb es ganztägig bedeckt. Die
Höchstwerte erreichten in der eingeflossenen Kaltluft kühle 10 bis 13°C, in der
Eifel und in Nordostfrankreich sogar nur 7 bis 9°C. Mit Verlagerung der
Warmfront in Richtung Polen konnte aus Süden milde Luft östlich des Kerns nach
Norden fließen. So konnten die Temperaturen in Südostbayern trotz fehlender
Sonneneinstrahlung auf 13 bis 16°C ansteigen. Auch in Tschechien wurden 13 bis
15°C und in Österreich 14 bis 18°C C gemessen, in Südösterreich stellenweise
bis 21°. Noch wärmer wurde es mit milder Südostströmung in Ungarn, Rumänien und
Bosnien/Herzegowina, wo verbreitet 20 bis 25°C registriert wurden. Auch in der
Nähe der Warmfront kam es zu länger anhaltenden Niederschlägen. Diese lagen in
Ostösterreich, Tschechien und Südpolen meist bei 2 bis 5 mm. Weiter nach Osten
fielen nur geringe Mengen von 0,1 bis 2 mm. Knapp südlich der Fronten konnten
sich in der Toskana und Adria-Region in der Warmluft kräftige Gewitter
ausbilden. In Arezzo wurden 46 mm und in Pula sogar
57 mm in 12 Stunden verzeichnet. Auch in Florenz konnten mit 60 mm in 24
Stunden hohe Regenmengen vermeldet werden. Nennenswerte Windböen gab es
aufgrund der geringen Luftdruckgegensätze keine.
Am 24. April um 01
Uhr MEZ verlagerte sich das Tief THERES nach Ost- Nordost und bildete einen
zweiten Kern aus. Der erste Kern konnte über dem östlichen Polen nahe Warschau
analysiert werden, der Zweite im Norden von Rumänien. Der Druck beider Kerne
lag um 1003 hPa. Der Okklusionspunkt, der Punkt an dem Warm- und Kaltfront
aufeinander treffen, befand sich zwischen den beiden Kernen. Die Kaltfront
erstreckte sich bogenförmig von diesem Punkt aus in südwestliche Richtung. Die
mit ca. 3300 km sehr lange Front reichte von Südostpolen über Ungarn, Kroatien,
Norditalien bis über die Pyrenäen und den östlichen Atlantik. Die Warmfront
verlief vom Okklusionspunkt nach Wolgograd im Westen Russlands. Im Tagesverlauf
bewegten sich die Kerne von Tief THERES nach Nordosten, die Warmfront und
Kaltfront verlagerten sich dabei nach Osten bzw. nach Südosten. Das sehr große
und komplexe Frontensystem trennte weiterhin Polarluft von Subtropikluft. Von Mittelspanien
über Italien, Rumänien, der Ukraine und dem Westen Russlands sowie südöstlich
davon konnten 16 bis 25°C, in Südspanien sogar bis 27°C erreicht werden. Hinter
der Kaltfront wurden im restlichen Europa nur 6 bis 12°C, in der Nähe der
Kaltfront noch bis 16°C gemessen. Im nördlichen Skandinavien war es mit maximal
1 bis 5°C spätwinterlich kalt. Entsprechend der großen Temperaturgegensätze
konnten erneut hohe Niederschlagsmengen in Frontennähe verzeichnet werden.
Meist wurden 2 bis 10 mm, besonders in Südosteuropa im Zusammenhang mit
Gewittern Mengen von 10 bis 30 mm registriert. Die höchste 24-stündige
Niederschlagsmenge wurde in Bar in Serbien gemessen, wo 61 mm Regen fielen.
Auch aus Italien, der Schweiz, Polen und Montenegro wurden stellenweise mehr
als 20 mm gemeldet. Bologna registrierte 33 mm, die Bergstation am polnischen Kasprowy Wierch 27 mm und Pisa 22
mm. Im südlichen Finnland, den Baltischen Staaten, dem Westen Russlands,
Weißrussland und der Westukraine konnten mit Aufzug der Fronten von Tief THERES
in der zweiten Tageshälfte gebietsweise 3 bis 17 mm Regen fallen. Helsinki
meldete 17 mm, Riga 15 mm, Nowgorod 5 mm, Minsk 4 mm und das westukrainische Przemysl 12 mm. Aber auch abseits der Fronten wurden
Niederschläge registriert. In der eingeflossenen labilen Kaltluft entwickelten sich
kräftige Schauer und einzelne Gewitter. In Deutschland blieb es bei meist
einstelligen Höchstwerten von 6 bis 9°C. Neben zeitweiligem Sonnenschein zogen
immer wieder Schauer in Form von Graupel und Schnee sowie kurze Gewitter durch.
Die Niederschlagsmengen blieben aber durchweg unter oder um 5 mm. Nach
Sonnenuntergang lösten sich die Schauer meist auf, vereinzelt konnte auch
nachts noch ein Schauer auftreten. Dies war beispielsweise in Warnemünde der
Fall, wo anschließend eine Schneedecke von 2 cm vermeldet werden konnte. In
Südfrankreich stellte sich der Mistral ein, wodurch hohe Windgeschwindigkeiten
gemessen wurden. Port-Vendres erreichte 135 km/h und Hyeres 102 km/h. Örtlich wurden auch in starken Gewittern
hohe Windgeschwindigkeiten beobachtet. Cap Pertusato
auf Sardinien erreichte 113 km/h und Cape Carbonara
auf Korsika 104 km/h. Auch bei dem wechselhaften Schauerwetter in Deutschland
wurden stürmische Böen von 50 bis 65 km/h registriert. Ansonsten wurden entlang
der Fronten von Tief THERES keine stärkeren Windböen registriert, da die
Luftdruckgegensätze und die Höhenwinde weiterhin schwach ausgeprägt waren.
Am 25. April um 01
Uhr MEZ befand sich das Tief THERES I über Nordwestestland nahe Tallinn mit
einem Druck von ca. 998 hPa. Das Tief THERES II positionierte sich mit
ähnlichem Druck über der Westküste des Schwarzen Meeres. Verbunden waren beide Wirbel
mit einer stellenweise rückläufigen Kaltfront, welche von Estland bis
Nordgriechenland reichte. Die langgestreckte Warmfront verlief vom
Okklusionspunkt bis zum Ural, die kurze Okklusion führte über den Norden
Estlands. Über dem Adriatischen Meer konnte sich zudem ein weiteres
kleinräumiges Tief ausbilden, welches besonders in Albanien für Gewitter mit
bis zu 55 mm Regen sorgte. Dieses unbenannte Tief wies eine Verbindung zur
Kaltfront des Tiefdrucksystems THERES auf. Bis zum Tagesende verlagerte sich
die Kaltfront nur sehr langsam ostwärts, sodass erneut hohe Regenmengen
auftraten. In einem breiten Streifen von Griechenland über Bulgarien, Rumänien,
die Ukraine, Weißrussland, Westrussland, den Baltischen Staaten bis Finnland
und Nordschweden wurden gebietsweise 5 bis 15 mm verzeichnet. Besonders nach
Süden konnten bei höheren Temperaturen stärkere Niederschläge aufgrund von
intensiveren Schauern und Gewittern registriert werden. Kardjali
in Bulgarien registrierte 44 mm und Edime im Westen
der Türkei 33 mm Regen in 24 Stunden. Vorderseitig dieses Tiefdrucksystems
konnte mit südlicher Strömung warme Luft nach Norden transportiert werden. So
konnten die Temperaturen im Westen Russlands, der Ukraine und am Schwarzen Meer
auf Werte von 17 bis 25°C ansteigen. Kiew registrierte beispielsweise 21°C und
Moskau 18°C. Entlang der Kaltfront stellten sich extreme Temperaturkontraste
ein, besonders in der Ukraine und in Weißrussland fielen diese Unterschiede
deutlich aus. So stieg die Temperatur im weißrussischen Mogilev
bei Sonnenschein auf 20°C. Im 175 km westlich gelegen Minsk fiel bei 5°C
leichter Regen. In Wilna konnte bei maximal 3°C sogar zeitweise Schneeregen
beobachtet werden. Ein ähnliches Bild zeigte sich in der Ukraine. Kiew
erreichte 21°C, im 300 km westlich gelegen Ort Rivne
wurden maximal 4°C gemessen. Sonst wurden rückseitig der Kaltfront kühle 6 bis
9°C gemessen. Im Bereich des Warmluftsektors, d.h. der Bereich zwischen Warm-
und Kaltfront, stellte sich im Westen Russland ein Gradient zum Hoch NORBERT
ein, sodass dort Windböen von 50 bis 70 km/h gemessen wurden. Ansonsten wurden
erneut keine stärkeren Windböen in Frontennähe verzeichnet.
Am 26. April um 01
Uhr zog der Kern der Zyklone THERES I nach Nordwesten und befand sich mit einem
Druck von ca. 1008 hPa über Mittelschweden. Der Wirbel THERES II verlagerte
sich nach Nordosten und konnte mit einem vertieften Druck von ca. 998 hPa über
der östlichen Ukraine analysiert werden. Der Okklusionspunkt befand sich knapp
südlich von Murmansk, die kurze Okklusionsfront verlief entlang der
schwedisch-norwegischen Grenze. Verbunden waren beide Kerne nun mit einer
Warmfront, da die tags zuvor analysierte Kaltfront komplett rückläufig wurde.
Südlich des Tiefs THERES II verlief bis Nordgriechenland eine ca. 1000 km lange
Kaltfront. Bis zum Tagesende verlagerten sich beide Tiefs und damit die Fronten
kaum, sodass erneut anhaltende Niederschläge auftraten. Vom Schwarzen Meer über
die Ostukraine, Weißrussland, Westrussland, Lettland, Estland, Finnland und
Nordschweden konnten 24-stündige Regenmengen von 5 bis 20 mm, vereinzelt über
30 mm gemessen werden. So vermeldete das ukrainische Chornomorske
34 mm, Malmö 22 mm, Tallinn 10 mm und Smolensk 9 mm. Erneut wurde vorderseitig
Warmluft bis zum Polarmeer transportiert. Im Westen Russlands stiegen die
Temperaturen verbreitet auf 17 bis 22°C, wie in Moskau mit 19°C. Selbst
nördlich des Polarkreises konnten in Murmansk 12°C gemessen werden. Dies lag
ca. 11 Grad über der durchschnittlichen Temperatur im April. Entlang der
Fronten konnten von Nordschweden über Südostfinnland, Estland, Lettland und
Weißrussland Höchstwerte von nur 1 bis 5°C verzeichnet werden. Besonders in
Schweden gingen die Niederschläge zeitweise in Schnee über. Erneut gab es auf
engstem Raum große Temperaturgegensätze. In Ostfinnland wurden maximal 13 bis
18°C, in Westfinnland nur 1 bis 5°C erreicht. Dazwischen gab es einen schmalen
Streifen mit Höchstwerten von 7 bis 11°C. Auch in der Westukraine, Ostrumänien
und Ostbulgarien blieb es im Bereich der Tiefdruckrinne mit 6 bis 9°C kalt.
Am 27. April um 01
Uhr MEZ änderte sich an der Lage des Tiefdrucksystems THERES nur wenig. Der
Kern des Tiefs THERES I verlagerte sich mit einem Druck von ca. 998 hPa nach
Südfinnland, jener des Tiefs THERES II füllte sich hingegen auf und lag über
der Krim mit ca. 1003 hPa. Im Tagesverlauf löste sich dieser Kern komplett auf.
Somit beschränkte sich das Einflussgebiet auf Skandinavien sowie auf den
Bereich der sich auflösenden Tiefdruckrinne, welche von Westrussland bis zum
Schwarzen Meer reichte. Meist wurden in diesem Bereich 3 bis 15 mm, vereinzelt
bis 25 mm in 24 Stunden gemessen. Im Westen Russlands konnten mit immer noch
südlicher Strömung bis zu 21°C verzeichnet werden, in Schweden und Norwegen
blieb es dagegen bei 5 bis 9°C. Besonders in Mittelschweden traten mit 2 bis
4°C winterliche Höchstwerte auf. So wurden in Östersund
bei zeitweilig leichtem Schneefall nur 3°C verzeichnet. Stärkere Windböen
konnten entlang der norwegischen Nordküste mit 70 bis 85 km/h registriert
werden.
Am 28. April um 01
Uhr MEZ befand sich der Kern von Tief THERES mit einem erhöhten Druck von ca.
1003 hPa vor der Norwegischen Westküste. Dabei zeigte sich eine eher
ungewöhnlich retrograde Verlagerung nach Westen. Südlich zogen die
Tiefdruckgebiete UTA und VIOLA von der Nordsee aus nach Osten. Im Tagesverlauf
bewegte sich die Zyklone UTA nach Norden in Richtung Südschweden. Bei dieser
Verlagerung stellte das Tief eine Verbindung zum Tief THERES her und nahm dabei
Teile der Okklusion auf. Die Wetteraktivität von Tief THERES blieb an diesem
Tag gering, da große Teile der Okklusion sich über dem Nordmeer befanden.
Einzig in Nordfinnland und Nordnorwegen reichte es für 0,1 bis 1 mm Regen.
Am 29. April um 01
Uhr MEZ wurde das Tief THERES letztmalig auf der Berliner Wetterkarte
verzeichnet. Der Kern befand sich dabei knapp östlich von Island mit einem
Druck von ca. 1008 hPa. Die bogenförmige Okklusion ging in die Warmfront von
Tief UTA über. Bis um 13 Uhr MEZ füllte sich das Tief THERES komplett auf und
verschwand somit von den Wetterkarten.
Geschrieben am
20.06.2016 von Dennis Schneider
Berliner
Wetterkarte: 25.04.2016
Pate: Dr. Theres Riechelmann