Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet THILDA

(getauft am 26.12.2010)

 

Im Laufe des 25.12. bildete sich zwischen dem Hochdruckgebiet XAVER über Skandinavien und dem Hochdruckgebiet YANNICK über den Britischen Inseln ein neues Tiefdruckgebiet. Diese Entwicklung wurde durch einen Kaltlufttropfen, bei dem ein Gebiet kalter Luft von wärmerer Luft vollständig umgeben ist, der sich in der Höhe von 500 hPa (ca. 5,5 km) über Südskandinavien befand, initiiert und führte auf seiner Westseite eine kräftige Strömung aus Norden in Richtung Deutschland. Bereits in der folgenden Nacht erreichte das Tief in seinem noch jungen Entwicklungsstadium die deutsche Nordseeküste. Am 26.12. wurde dieses Tief auf den Namen THILDA getauft. Ihre Warmfront erstreckte sich von der Deutschen Bucht bis in den Nordosten Frankreichs. In ihrem schmalen Warmsektor stiegen die Höchsttemperaturen in den Benelux-Staaten mit bis zu 4°C deutlich in den Plusbereich. Dem Nordwesten Deutschlands verschaffte sie zwar auch eine vorübergehende Frostabschwächung, leicht positive Temperaturen wurden auch entlang des Niederrheins, z. B. in Essen mit 1,6°C und Köln mit 0,7°C erreicht. Auch die Tiefsttemperaturen in der Nacht zum 27.12. lagen mit Werten um -1°C in einem vergleichsweise warmen Niveau. Als Vergleich wurden zur gleichen Zeit in Süddeutschland, dem Mittelgebirgsraum und vor allem entlang der Oder Tiefsttemperaturen um oder deutlich unter -10°C gemessen. Die Schwerpunkte der Niederschlagstätigkeit lagen in dieser Nacht in einem Gebiet von der Lübecker Bucht bis zum nördlichen Havelland, wo bis zu zwei Liter pro Quadratmeter fielen, und in Hessen mit bis zu drei Liter pro Quadratmeter. Der Niederschlag fiel dabei ausschließlich als Schnee und erhöhte die vorhandene Schneedecke um bis zu acht Zentimeter.

Am 27.12. verlagerte sich die abgeschwächte Warmfront von THILDA in Richtung Sachsen, gleichzeitig schob sich von Norden her ihre Kaltfront mit neuer Kaltluft nach Deutschland. Sich verstärkende Hebungsprozesse über dem Osten Deutschlands führten dazu, dass sich länger anhaltende Schneefallgebiete bildeten. Im Westen schwächte sich der Niederschlag deutlich ab oder hörte sogar ganz auf. Aufgrund der dichten Hochnebeldecke blieb der Tag aber fast überall sonnenscheinlos. Dennoch erreichten die Höchstwerte von Bremen bis Köln wieder leicht den positiven Bereich, während es in den übrigen Gebieten zwar wärmer als in den Vortagen wurde, aber immer noch im leicht einstelligen Minusbereich lagen. Der Niederschlagsschwerpunkt in der Nacht zum 28.12. erstreckte sich von der Lüneburger Heide über Berlin und dem Fläming bis nach Sachsen. Hier fielen verbreitet erneut 10 cm Neuschnee, die z. B. an der Station Berlin-Dahlem zu einer Rekordschneehöhe von 43 cm führten. Diese ist die höchste an einem Dezembertag gemessene Schneedecke seit Messbeginn an dieser Station. Der bisherige Höchstwert im Dezember lag bei 36 cm im Jahr 1913. Tief THILDA setzte damit auch den Schlusspunkt in einem vom Schnee her gesehen beeindruckenden Monat Dezember. Dieser geht ebenfalls mit einer aufsummierten Neuschneemenge, also der Addition aller gemessenen Neuschneehöhen um 6 Uhr UTC im Dezember, von 88 cm in die Geschichte ein. Der bisherige Rekordwert der seit 1950 existierenden Reihe stammte aus dem Dezember 1981 mit 26 cm.

Nach den Schneefallgebieten von Tief THILDA riss die Wolkendecke insbesondere an den Küstenbereichen auf. Dabei verzeichnete die Station Barth in der Ostsee mit -18,6°C einen der tiefsten Werte in dieser Nacht.

Auch am 28.12. gestaltete sich das Wetter in Deutschland unterschiedlich. Im Westen herrschte vorwiegend Hochnebel bei Höchstwerten um 0°C, an der Küste und in der Mitte zeigte sich bei -2 bis -5°C die Sonne, vereinzelt sogar einige Stunden, der Osten blieb bei -5 bis -10°C ebenfalls unter einer Hochnebeldecke und weitgehend sonnenscheinlos.

Das Tiefdruckgebiet THILDA löste sich schließlich noch am gleichen Abend über Ungarn auf und verschwand somit von der Berliner Wetterkarte.

 

 


Geschrieben am 09.02.2011 von Matthias Treinzen

Wetterkarte: 27.12.2010

Pate: Ariane Pohl