Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
THILO
(getauft am
12.04.2015)
Das Tiefdruckgebiet THILO wurde am
12.04.2015 in der Prognose für den Folgetag getauft, nachdem sich südwestlich
von Grönland die Überquerung der Davis-Straße von Kanada aus durch das bis dahin
noch ungetaufte Tief abzeichnete.
Am 13.04., dem ersten Tag seiner
namentlichen Erwähnung, befand sich das Tief THILO rund 500 km südöstlich von
Grönland. Während sie sich von Kanada kommend an diese Position verlagerte,
intensivierte sich die Zyklone und wies nun einen Kerndruck von unter 975 hPa
auf. Das Frontensystem bestand zu großen Teilen aus einer Okklusion. Hierunter
versteht man die Mischform einer Warm- und Kaltfront, die sich im sogenannten
Okklusionspunkt ausbildet. Da diese zwei Frontentypen unterschiedliche
Verlagerungsgeschwindigkeiten aufweisen und so die Warm- von der Kaltfront
eingeholt wird, vereinen sie sich in diesem Punkt zur Okklusion. Eine solche
Okklusionsfront verlief vom Kern aus in südwestlicher Richtung, endete aber
schon nach etwa 1000 km, nachdem sich ihr Charakter in den einer Kaltfront
geändert hatte. Ebenfalls vom Kern ausgehend verlief in nordöstlicher Richtung
eine zweite Okklusion, die aber alsbald einen engen Bogen beschreibend in
südlicher Richtung vorbei an der isländischen Küste und Reykjavik führte, um sich
dann über den Zentralatlantik in südsüdwestlicher Richtung zu erstrecken, wo
sie sich zudem in eine Warm- und Kaltfront aufspaltete. Letztere reichte bis über
die Karibik, während die Warmfront ein Azorenhoch abschnürend sich mit der
Kaltfront eines anderen Tiefs verband. Bereits am Vorabend setzten über Island anhaltende
Niederschläge ein, die in Reykjavik bis um 09 Uhr UTC, also 10 Uhr MEZ, für 9
l/m² innerhalb der vorangegangenen 15 Stunden sorgten. Innerhalb der folgenden
24 Stunden bis um 09 Uhr UTC des Folgetages fielen dort hinzukommend 7 l/m²,
diese aber überwiegend in Form von stärkeren und deutlich von einander
getrennten Schauern.
Unter Ausbildung eines kurzlebigen zweiten
Kernes verlagerte sich das Tiefdruckgebilde THILO bis zum Folgetag über Island,
wobei es die Insel mit seinen zwei Kernen westlich und -nordöstlich einschloss.
Der Druck im Kern war um gut 5 hPa gestiegen und betrug nun nur noch etwa 980
hPa. Das Frontensystem bestand weiterhin aus einer langgestreckten Okklusion,
welche die zwei Kerne mit einander verband, und beim östlichen Kern in südliche
Richtung führte, von wo sie das Europäische Nordmeer überquerte und sich in
eine Warm- und Kaltfront aufspaltete. Während die Warmfront die Nordsee in
südlicher Richtung überquerte, bei Amsterdam auf das europäische Festland traf,
weiter in Richtung Rheingraben vorbei an Köln führte und schließlich
südwestlich von München in die Kaltfront des Tiefs STEFAN überging, verlief die
Kaltfront weiterhin quer über den gesamten Atlantik und verließ das
Analysegebiet der Berliner Wetterkarte bei den Bermudas. Während das
europäische Festland von Niederschlägen weitestgehend verschont blieb, wie beispielsweise
Berlin und Hamburg, wo vereinzelte Tropfen in beiden Städten Niederschläge in
nicht messbaren Mengen brachten, fielen in Trondheim 7,4 l/m² in 24 Stunden bis
zum 06 Uhr UTC-Termin des Folgetages. Zudem brachte das Erreichen der
Okklusion einen deutlichen Temperaturanstieg mit sich. In Trondheim wurde am Vortag
noch eine Tagestiefsttemperatur von –2,4°C gemessen. Mit Einfließen suptropische Luftmassen kühlte sich die Luft nun nur noch
auf minimal +2,6°C ab. Gleiches wurde auch in Oslo festgestellt. Vor dem
Durchzug der Okklusionsfront betrug die Temperatur um 03 Uhr UTC ‑2,9°C
und nach Frontendurchgang 24 Stunden später bei +1,7°C.
Die Zyklone THILO verlagerte sich in der
Folge mit unverändertem Kerndruck nach Nordosten und konnte am 15.04. um 00 Uhr
UTC über Jan Mayen analysiert werden. Weiterhin bestand das Frontensystem des
Tiefdruckgebietes THILO zu großen Teilen aus einer Okklusionsfront. Diese
verlief vom Kern aus nach Norden, beschrieb aber bald darauf einen engen, nach
Südosten führenden Bogen. Auf dem Scheitelpunkt dieses Bogens spaltete sich
eine Warmfront ab, die bis nach Spitzbergen reichte. Die Okklusion führte
weiter in Richtung Norwegen und Schweden, die sie von Bronnoysund
bis nach Sundsvall überquerte. Anschließend führte
sie weiter über die Ostsee in Richtung Riga. Nahe dem lettischen Ventspils befand sich ihr Okklusionspunkt, von wo aus sie
als Warm- und Kaltfront weiter verlief. Die Warmfront erstreckte sich
bogenförmig über Warschau und endete östlich von Prag. Die Kaltfront wies
währenddessen westwärts über die Ostseeküste Polens und verband sich südlich
von Bornholm mit der Warmfront des nachfolgenden Tiefs UDO. Auf Jan Mayen
brachte das Tief THILO ein Absinken der Tiefsttemperatur von -0,7°C auf -5,2°C am
Folgetag mit sich. Dabei fielen in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC dieses Tages 1,0
l/m² in Form von Schnee. In Riga stieg mit zunehmendem Einfluss der Warmfront
die Temperatur hingegen von 8°C auf 12°C an, zudem fielen bei kräftigen
Regenfällen in 12 Stunden bis um 06 Uhr UTC des Folgetages 15 l/m².
Der Wirbel THILO verlagerte sich von Jan
Mayen aus in südöstlicher Richtung auf Norwegen zu, dabei lösten sich
allerdings die ihm zugeordneten Fronten vollständig auf, so dass der Wirbel
THILO sich am 16.04. frontenlos vor der norwegischen Küste befand.
Bis zum darauffolgenden Tag löste sich das
Tief THILO vollständig auf und konnte somit nicht weiter auf der Berliner
Wetterkarte analysiert werden.
Geschrieben
am 05.08.2015 von Patrick Ilmer
Berliner
Wetterkarte: 14.04.2015
Pate: Thilo Rieg