Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet THOMAS

(getauft am 18.02.2015)

 

Am 18.02.2015 wurde in der Prognose für den Folgetag das Tiefdruckgebiet THOMAS getauft. Unterhalb einer wellenförmigen Deformierung der Höhenströmung im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von rund 5500m entspricht, wurde die Ausbildung des Wirbels über dem westlichen Nordatlantik vorhergesagt.

Am 19.02. um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, wurde das Tief THOMAS über dem zentralen Nordatlantik analysiert und wies dabei einen Kerndruck von knapp unter 1015 hPa auf. Sein Frontensystem bestand zu diesem Zeitpunkt aus einer Warmfront, die östlich der Kerns einen leichten Bogen beschrieb und sich nur über wenige hundert Kilometer erstreckte, sowie einer Kaltfront, welche in westlicher Richtung, mit einer ebenfalls nur geringen Ausdehnung, in die Warmfront eines ungetauften, nachfolgenden Tiefs südlich von Neufundland überging.

Sich ostwärts verlagernd hatte die Zyklone THOMAS am 20.02. die Biskaya erreicht. Während der Kerndruck unverändert blieb, erstreckte sich das noch immer kleinräumige Frontensystem in Form einer Warmfront bis an die Küste des westlichen Cornwalls. Die Kaltfront beschrieb derweil einen engen Bogen und verband sich weiterhin mit der Warmfront des nachfolgenden Tiefs, welches sich nun über dem zentralen Atlantik befand. Bei seiner Verlagerung in östlicher Richtung verursachte das Tief THOMAS am Militärflughafen Culdrose in Cornwall innerhalb von 24 Stunden bis zum 06 UTC-Termin des Folgetages 1,4 l/m² Niederschlag, in Herstmonceux in East Sussex waren es sogar 10,8 l/m².

Bis zum 21.02. hatte der Wirbel THOMAS mit seinem Zentrum die Nordsee direkt vor der deutschen Küste erreicht. Sein Frontensystem, das sich mit einer vormals zu Tief STEFFEN gehörenden Front vereinte, nahm nun eine deutlich ausgedehntere Form an und erstreckte sich im Osten als Warmfront von St. Petersburg über Tallinn und Gotland vorbei an Kopenhagen bis zum Kerngebiet, dessen Druck sich nun auf etwas unter 1005 hPa verstärkt hatte. Vom Kern ausgehend führte in westlicher Richtung die Kaltfront über Amsterdam, Brüssel, vorbei an Paris und Bordeaux über die Biskaya zum spanischen Santiago de Compostela, von wo sie hinaus über den Atlantik führte. Wie schon tags zuvor fielen die Niederschläge im Einflussgebiet der Zyklone schwach aus. 24-stündig konnten im spanischen Oviedo 11,4 l/m², in Bordeaux 2,4 l/m², in Brüssel 3 l/m², auf Helgoland  8,6 l/m² und im schwedischen Visby auf Gotland 4,1 l/m² an Niederschlag jeweils bis zum 06 Uhr UTC-Termin des Folgetages gemessen werden.

Bis zu den Morgenstunden des 22.02. hatte der Wirbel THOMAS schließlich Gotland erreicht. Der Kerndruck war deutlich gesunken und betrug nun unter 990 hPa. Eine kurze Okklusion erstreckte sich über Teile der Ostsee und endete auf Breite der finnischen Insel Hailuoto über dem Bottnischen Meerbusen. Unter einer Okklusion wird eine Front verstanden, die durch die Vereinigung von Warm- und Kaltfront entsteht und die Charakteristika beider Frontentypen in sich vereint. Die Kaltfront führte in südlicher Richtung westlich an Warschau vorbei und ging über Tschechien in die Warmfront einer bei Genua entstanden Zyklone über, welche durch die Verlagerung der Kaltfront bis zu den Westalpen in ihrer Entstehung unterstützt wurde. Im Einfluss Gebiet des Tiefs THOMAS fielen die Niederschläge abermals relativ schwach aus, auch wenn großräumig starke Bewölkung vorherrschte. So meldete St. Petersburg ganztägig eine geschlossene Wolkendecke bestehend aus schichtartiger Strato- und Altocumulusbewölkung ohne jeglichen Niederschlag. Dafür frischte der Wind in den Abendstunden merklich auf und stieg um 2 Skalenstufen der Beaufort-Skala von 2 auf 4 an, was einer Verdopplung der Windstärke von 10,8 km/h auf 21,2 km/h entspricht, wobei ebenfalls eine Spitzenböe von   54 km/h und damit Stärke 7 verzeichnet wurde. Die stärksten Niederschläge wurden in Finnland beobachtet, wobei an der Station Kuhmo Kalliojoki mit 7,3 l/m² oder an der Station Rautavaara Yla-Luosta mit 10 l/m² in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages die größten Niederschlagsmengen registriert wurden.

Im Laufe des Tages verlagerte sich der Kern des Wirbels THOMAS nach Nordosten und erreichte schließlich am 23.02. den Osten der Kola-Halbinsel. Sich weiter vertiefend war der Kerndruck abermals gesunken und erreichte nun einen Wert von unter 985 hPa. Das Frontensystem bestand nun vornehmlich aus einer Okklusionsfront, die zunächst nördlich um den Kern führte und dann in Richtung der Stadt Perm verlief, wobei sie bei Troitsko-Pechorsk in südwestlicher Richtung abgelenkt wurde und schließlich in die Warmfront der auf VOLKER getauften Zyklone bei Rom überging. Wie schon die Tage zuvor blieben die Niederschlagsereignisse weitestgehend schwach ausgeprägt. In Moskau wurden vereinzelte Schneeflocken registriert. Dabei fielen die Temperaturen mit Tiefstwerten von -1,7°C in Syktyvkar im Verhältnis recht hoch aus, etwa ein Jahr zuvor, am 21.02.2014, herrschten hier mit -31,1°C deutlich niedrigere Temperaturen vor.

In der Nacht zum 24.02. gelangte das Tiefdruckgebiet THOMAS schließlich in die Region zwischen Workuta und der Doppelinsel Nowaja Semlja. Sich leicht abschwächend stieg der Kerndruck auf etwas unter 995 hPa, wobei die Okklusionsfront des Vortages nur noch in der Höhe analysiert werden konnte und sich von der Polarregion bis zum Kern und von dort weiter östlich des Ural an Tobolsk vorbei in südlicher Richtung erstreckte. In Workuta führte dies zu leichtem Schneefall innerhalb von 24 Stunden bis um 06 Uhr UTC des folgenden Tages, was eine Niederschlagsmenge von 1,4 l/m² hervorrief und die Schneehöhe von 65 auf 69 cm ansteigen ließ. In Tobolsk verringerte sich die Lufttemperatur bei zumeist klarem bzw. nur leicht bewölktem Himmel nachts spürbar, so sank die um 03 Uhr UTC gemessene Temperatur von 0,1°C am Vortag auf -6,3°C herab.

Mit weiterer ostwärts gerichteter Verlagerung verließ das Tiefdruckgebiet THOMAS bis zum 25.02.2015 den Analysebereich der Berliner Wetterkarte und konnte somit auf dieser nicht weiter namentlich verzeichnet werden.

 


Geschrieben am 24.05.2015 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte: 21.02.2015

Pate: Thomas Riccardi