Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet TILL

(getauft am 03.07.2017)

 

In der Nacht zum 03.07.2017 entstand im Bodenniveau über Irland entlang einer wellenförmig deformierten Front des zu diesem Zeitpunkt westlich von Norwegen über der Nordsee liegenden Tiefs SAVERIO ein neuer Tiefdruckwirbel, der anhand der Analysekarte von 00 Uhr UTC, d.h. 02 Uhr MESZ, auf den Namen TILL getauft wurde.

Vom Kern des neu entstandenen Tiefdruckwirbels TILL, der mit seinem Kern und einem Druck von etwa 1010 hPa bei Sligo lag, erstreckte sich bereits eine kleinskalige Okklusionsfront nach Süden bis zu ihrem Okklusionspunkt unweit von Carnsore Point, der südöstlichen Spitze Irlands. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die sich aus dem Zusammenschluss von Kalt- und Warmfront bildet und somit Eigenschaften beider Systeme in sich vereint. Die Stelle, an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen und eine solche Okklusionsfront bilden, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Vom Okklusionspunkt erstreckte sich die Warmfront über Plymouth in Richtung der Bretagne und die Kaltfront über die Keltische See nach Westen, wo sie sich über dem Atlantik mit der Warmfront eines westlich von Irland liegenden, ebenfalls aus der sich wellenförmig deformierten Front des Tiefs SAVERIO hervorgegangenen, Wirbels verband. Einsetzende Hebungsprozesse entlang des nach Osten voranschreitenden Tiefdrucksystems TILL ließen im Laufe des 03.07. über der Nordsee ein Niederschlagsband entstehen, welches ab etwa 12 Uhr UTC Norwegen und Dänemark erreichte und sich im weiteren Tagesverlauf bis 06 Uhr UTC des Folgetages Richtung Schweden und über den Norden Polens verlagerte. Durch teils schauerartig verstärkten Regen wurden in Kopenhagen binnen 24 Stunden bis 06 Uhr UTC 11,3 mm, im norwegischen Stavanger 23,1 mm und im dänischen Skrydstrup Sogn, von Gewittern begleitet, bis zu 28,9 mm registriert. Über Schweden verloren die Niederschläge allgemein leicht an Intensität, konnten lokal begrenzt dennoch recht ergiebig ausfallen. Innerhalb von 24 Stunden brachten Regenschauer in Stockholm 9 mm, bei Malmö 15,8 mm und auf der Insel Örskär bis zu 32,9 mm mit sich, wobei das Gros der Niederschläge auf Örskär, knapp 30 mm, in nur 6 Stunden fiel. Ähnlich intensive Schauer wurden auch aus einigen Regionen Nordpolens, wie beispielsweise aus Darłowo, gemeldet. Hier fielen binnen 6 Stunden bis zu 25 mm.

Bis zum 04.07. zog das Tief TILL nach Osten und befand sich gegen 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von weiterhin knapp unter 1010 hPa südwestlich von Stockholm über Südschweden. Die Okklusionsfront hatte sich weiter ausprägen können und reichte vom Kern ausgehend über Danzig und Magdeburg bis nach Köln. Bei Köln ging diese anschließend in eine Kaltfront über, welche sich westlich von Amsterdam mit der Warmfront des im Verbund mit Tief TILL entstandenen und vom Atlantik in Richtung Irland gezogenen Tiefs verband. Das Niederschlagsband verlagerte sich von Südskandinavien über das Baltikum in den russischen Raum, nachdem es über der Ostsee zwischenzeitlich nochmals leicht an Intensität gewinnen konnte. Am stärksten fielen die Niederschläge, wenn auch lokal begrenzt, über Estland aus, wo bis 06 Uhr UTC innerhalb von 24 Stunden in Jõhvi 22,6 mm und in Viljandi 26 mm gemessen wurden. Im gleichen Zeitraum fielen durch anhaltenden Regen im litauischen Laukuva 8,6 mm, im weißrussischen Lepel 11 mm und im lettischen Zoseni 12 mm.

Von Schweden weiter nach Osten ziehend befand sich das Zentrum des sich allmählich abschwächenden Wirbels TILL um 00 Uhr UTC am 05.07. mit einem nur geringfügig veränderten Druck nahe Minsk über Weißrussland. Seine zugehörige Okklusionsfront beschrieb einen Bogen über Kiew nach Westen und ging über Moldawien erneut in eine Kaltfront über, welche sich nördlich von Budapest mit dem Frontensystem des sich bereits in Auflösung befindlichen, von Irland nach Ostengland gezogenen Tiefs verband. Die dem Tief TILL direkt zuzuordnenden Niederschläge konzentrierten sich im Wesentlichen noch entlang des nach Osten voranschreitenden Zentrums und hatten sich bis etwa 20 Uhr UTC nahezu vollständig aufgelöst. Bis 18 Uhr UTC wurden zwölfstündig in Moskau 1 mm gemessen, mit Gewittern durchsetzter Regen brachte in Tambow 4 mm und durch wiederholte, leichte Schauer wurden in Brjansk noch 5 mm gemessen. Für weite Regionen Westrusslands wurde zunehmend ein aus Richtung Kasachstan nähernder Tiefdruckwirbel wetterwirksam, der besonders im Wolgaraum teils erhebliche Regenmengen mit sich führte. Beispielsweise wurde in Uljanowsk eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 118 mm gemessen.

Am 06.07. lag das sich fast vollständig in Auflösung befindliche Tief TILL gegen 00 Uhr UTC nördlich von Saratov über Russland, am südlichen Rande eines aus Richtung Kasachstan herangezogenen, kräftigen Tiefdrucksystems mit Zentrum nahe Kasan. Vom Kern erstreckte sich eine kaum wetterwirksame Okklusionsfront über Wolgograd bis nach Rostov. Ab Rostov, den Charakter einer Warmfront annehmend, zog sich diese Offlusionsfront anschließend weiter bis nach Ivano in der westlichen Ukraine, über der sie sich mit dem Frontensystem des über der Bretagne liegenden Tiefs UWE verband. Der Tiefdruckwirbel TILL wurde in den folgenden Stunden vollständig in die Zirkulation des bei Kasan liegenden Tiefs aufgenommen, sodass Tief TILL am 07.07. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel analysiert und somit auch nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 10.09.2017 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 04.07.2017

Pate: Anita und Gerd Till