Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
TILMAN
(getauft am
25.11.2013)
Am
25.11. waren in der mittleren Troposphäre, d.h. in einer Höhe von ca. 5,5 km,
ein kräftiges Höhentief über Neufundland und ein Höhentiefkomplex von der
Barentssee über Nord- und Mitteleuropa bis zum Mittelmeer und Nordafrika im
Analysebereich der Berliner Wetterkarte bestimmend. Dazwischen konnte sich ein
Höhenhoch von den Azoren bis nach Island etablieren. Von der Ostküste der USA
entlang der Küste von Neufundland bis nach Grönland befand sich an diesem Tag
die stärkste Höhenströmung. An ihrem westlichen Ende entwickelte sich im
Bodenniveau ein neues Tiefdruckgebiet, welches noch am gleichen Tag in der
Prognose für den Folgetag auf den Namen TILMAN getauft wurde.
Das
Tief TILMAN verlagerte sich entlang der Südostküste Grönlands nach Nordosten
und erreichte am nächsten Tag die Insel Jan Mayen. Der Kerndruck betrug knapp
unter 995 hPa. Das Tief besaß eine kurze Okklusion, also eine Mischfront mit
Eigenschaften von Warm- und Kaltfront, die sich um den nördlichen Kernbereich
zog. Über Jan Mayen spaltete sich diese Okklusion wieder in eine Warmfront, die
über das Europäische Nordmeer bis nahe Norwegen reichte und eine Kaltfront, die
südwestwärts bis knapp südlich von Island verlief.
An
der Wetterstation in Jan Mayen wurde bis zum Morgen eine 12-stündige
Niederschlagsmenge von 15 l/m² gemessen. Der Niederschlag fiel dabei anfangs
als Regen und ging später in Schneeregen und Schnee über. Die Temperatur nahm
dabei im Zeitraum von 00 Uhr UTC, d.h. 01 Uhr MEZ, bis zum Nachmittag von 1,2°C
auf -3,8°C ab. Gleichzeitig frischte der Wind kräftig auf und erreichte in Böen
Stärke 10. Die höchste Windspitze wurde mit etwa 94 km/h registriert. Beim
Durchgang der Kaltfront von Tief TILMAN über die Färöer-Inseln wurden innerhalb
von 24 Stunden 16 l/m² registriert. Bei Temperaturen um 10°C fiel der
Niederschlag dabei als Regen. Der Wind nahm dort im Tagesverlauf deutlich zu,
erreichte in Böen anfangs Windstärke 8 und stieg bis zur Nacht auf Windstärke
11 an. In Bergen im Südwesten Norwegens kam es zu leichten Stauniederschlägen,
sodass innerhalb von 24 Stunden 25 l/m² Regen gemessen wurden. Der Tagesgang
der Temperatur war kaum ausgeprägt und so lagen die Höchst- und
Tiefsttemperatur bei Werten um 8°C.
Im
Laufe des Tages verlagerte sich der Bereich der stärksten Strömung in der
mittleren Troposphäre weiter nach Nordosten und reichte am 27.11. von der
Südküste Islands bis nach Norwegen. Mit einem Kerndruck von 981 hPa konnte sich
das Tief TILMAN behaupten und bildete den Mittelpunkt eines Tiefdruckkomplexes.
Das Zentrum der Zyklone TILMAN lag über Jan Mayen, während zwei namenlose Tiefs
mit Zentrum über Lappland und vor der Südostküste Grönlands analysiert wurden.
Die zahlreichen Okklusions-, Warm- und Kaltfronten
verliefen ausschließlich auf Breite der Zentren oder südlich davon bis nach
Finnland, Dänemark, Schottland und auf den Nordatlantik hinaus. Obwohl das
Hochdruckgebiet TRAUDE sehr kräftig war und über Mittel- und Westeuropa
wetterbestimmend war, konnte eine Warmfront des Wirbels TILMAN von der Nordsee
her über Deutschland hinweg ziehen und erreichte bis zum Abend eine Linie
Ruhrgebiet-Niederlausitz. Somit konnte das Tief TILMAN mit dem Tiefdruckkomplex
das Hochdruckgebiet im Laufe des Tages nach Süden schieben. Neben leichtem
Regen und Sprühregen, die nur geringe Niederschlagsmengen brachten, wurde milde
Meeresluft herangeführt, welche die Frostluft verdrängte. So wurde es
beispielsweise in Berlin-Dahlem vom Mittag an bis Mitternacht kontinuierlich
wärmer und die Temperatur erreichte gegen Mitternacht 4°C. Der Anstieg setzte
sich bis zum Mittag des folgenden Tages fort, sodass sogar 8°C überschritten
wurden. Auch in Oslo gab es einen markanten Temperaturanstieg. Während der
Tiefstwert in der Nacht noch mit -9°C verzeichnet wurde, lag das Tagesmaxima bei
11°C.
Am
28.11. gingen die beiden namenlosen Tiefdruckgebiete in die Zirkulation des Tiefs
TILMAN auf, welches nun wetterbestimmend für Nord- und Mitteleuropa war. Es
befand sich mit einem Kerndruck von etwa 966 hPa über der Halbinsel Kola. Die
zahlreichen Fronten des ehemaligen Tiefdruckkomplexes blieben aber erhalten.
Vom Zentrum aus verlief eine Okklusionsfront über die Barentssee zur Karasee,
eine weitere über Lappland nach Jan Mayen. Die Front, die von Tief TILMAN den
größten Einfluss auf das europäische Wettergeschehen hatte, erstreckte sich vom
Zentrum aus südwärts, in den ersten 600 km ebenfalls als Okklusionsfront und
teilte sich über der Region Archangelsk in eine Warmfront, die über
Weißrussland und Tschechien zu den Benelux-Staaten verlief, sowie eine
Kaltfront, die über das Baltikum und Dänemark bis nach Schottland reichte. Im
Bereich des Zentrums des Wirbels TILMAN wurde in Murmansk durch zahlreiche
Schneeschauer innerhalb von 24 Stunden eine Niederschlagsmenge von 7 l/m²
registriert. Weitere nennenswerte Mengen im Einflussbereich der Zyklone meldeten
noch Moskau mit 5 l/m², Glasgow mit 9 l/m² und Stornoway mit 5 l/m².
In
Deutschland fielen verbreitet geringe Mengen Niederschlag, dafür im Süden als
Schnee und gefrierender Regen, der für teils gefährliche Glätte sorgte. Hier
erreichten die Tagesmaxima nur 0 bis -1°C. In den Küstengebieten und im
norddeutschen Tiefland wurde dagegen bei einer Höchsttemperatur von meist 8 bis
9°C nur Regen beobachtet. Nordöstlich der Elbe wurden bei geringer Bewölkung 1
bis 6 Sonnenstunden registriert. Hier ging die Temperatur in der Nacht örtlich
bis 0°C zurück, in Niedersachsen war es unter den dichten Wolken mit 5 bis 6°C
etwas milder.
Am
29.11. wurde das Tief TILMAN über der russischen Region Tomi analysiert. Dabei
schwächte sich der Kerndruck leicht auf 975 hPa ab. Alle drei Fronten des Tiefs
TILMAN waren bereits okkludiert und nur noch schwach ausgeprägt. In Königsberg,
Minsk und Moskau fiel jeweils knapp 1 l/m². Die arktische Kaltluft setzte sich
von Norden her in den Nordwesten Russlands durch. In Murmansk stieg die
Höchsttemperatur nur auf -6°C an und auch in Archangelsk blieb es mit -2°C bei
Dauerfrost.
Im
Laufe des Tages verlagerte sich das Zentrum von Tief TILMAN zum Nordural und
befand sich am nächsten Tag über dem Norden der Region Jamal-Nenzen.
Dabei kam die arktische Kaltluft weiter nach Osten voran, sodass beispielsweise
in Archangelsk nur noch -7°C als Tagesmaximum verzeichnet und kein Niederschlag
registriert wurde.
Durch
die weitere Verlagerung in Richtung Sibirien erschien das Tiefdruckgebiet
TILMAN am 30.11. letztmalig auf der Berliner Wetterkarte.
Geschrieben am 28.01.2014 von
Matthias Treinzen
Berliner Wetterkarte: 28.11.2013
Pate: Barbara Taubert