Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet TILO

(getauft am 30.12.2011)

 

Auf der Bodenwetterkarte der Nacht zum 30.12.2011 zeigte sich vor der Küste Neufundlands über der Labradorsee ein Tiefdruckgebiet. Da es für das europäische Wettergeschehen prägend werden sollte, wurde es noch am gleichen Tag auf den Namen TILO getauft.

Das Tief hatte zu diesem Zeitpunkt ein Kerndruck von ca. 965 hPa. Das Tiefdrucksystem wies eine Okklusionsfront auf, also eine Front, die sowohl Eigenschaften einer Kalt- als auch einer Warmfront mit sich bringt. Diese Front verlief nordwestlich vom Kern ausgehend über Neufundland, beschrieb einen weiten Bogen nach Südosten, wechselte über dem zentralen Nordatlantik den Charakter in den einer Kaltfront und reichte von dort weiter aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte hinaus. Wenig hinter dem Kern spaltete sich eine weitere, kurze Okklusion ab, die sich über der Labradorsee auf der Länge der grönländischen Westküste in Warm- und Kaltfront teilte. Die Warmfront verlief von dort nach Osten über den Atlantik und beschrieb vor der irischen Westküste einen Bogen nach Süden. Die Kaltfront zog sich mittig zwischen Okklusion und Warmfront in einem weiten Bogen nach Süden.

Die Temperaturen in Neufundland lagen in der Nacht weit unter dem Gefrierpunkt und es wurden Windwerte von ca. 35 kn gemessen, was einer Windstärke 8 auf der Beaufortskala entspricht.

Bis zur nächsten Nacht zog die Zyklone TILO weiter Richtung Osten und lag in der Nacht zum 31.12. ca. 100 km vor der Küste Grönlands bei Angmagssalik. Vom Kern des Tiefs ging weiterhin eine Okklusionsfront aus, die über Island bis nach Schottland verlief. Über Schottland spaltete sich die Front in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront erstreckte sich südlich über England und Frankreich bis Bordeaux. Die Kaltfront hingegen beschrieb einen Bogen nach Westen und ging kurz darauf in eine Warmfront eines anderen Frontensystems über. In Reykjavik wurde an diesem Tag bei für diese Jahreszeit recht milden +4°C Schneefall gemeldet. In Edinburgh und London stieg das Thermometer an der Warmfront bis auf 12°C und 13°C. Zum Vergleich, am Vortag erreichte die Temperatur dort jeweils nur 5°C und 8°C.

Im Tagesverlauf zog das Tief TILO nur ein wenig weiter südöstlich und lag in der Silvesternacht auf halber Strecke zwischen Angmagssalik und Reykjavik. Dabei sank der Kerndruck auf 955 hPa. Die Okklusionsfront verlief östlich vom Kern über Nordisland hinweg und verband sich mit einem weiteren unbenannten Tiefdruckgebiet, das direkt östlich von Island lag. Zusammen transportierte dieses System weiterhin milde Luft nach Mitteleuropa. So steig in Deutschland die Maximaltemperatur vielerorts über die 10°C Marke. Der Flughafen Köln/Bonn meldete am ersten Tag des neuen Jahres eine Maximaltemperatur von 14°C, ebenso in Freiburg.

Die Zyklone kam im Tagesverlauf nur langsam voran und lag in der Nacht zum 02.01. nun südlich vor der isländischen Küste. Dabei hatte sich das Tief leicht abgeschwächt und der Kerndruck lag nun bei 960 hPa. Vom Tiefdrucksystem TILO ging eine Okklusion aus, die zunächst nach Norden verlief und dann einen Bogen in Richtung Norwegen beschrieb. Von dort aus erstreckte sich die Front weiter bis zur Polnischen Küste, wo sie sich in eine kurze Warm- und Kaltfront spaltete. Die Temperaturen in Deutschland änderten sich im Vergleich zum Vortag kaum, Freiburg meldete eine Maximaltemperatur von 13°C. In Reykjavik sank die Temperatur von 1°C am Vortag auf -4°C.

Das Tief, das sich immer weiter abschwächte zog weiter Richtung Osten und lag in der Nacht zum 03.01. ca. 200 km südöstlich vor Island auf der Höhe von Trondheim. Der Kerndruck stieg zum Vortag um 10 hPa auf 970 hPa. Die nach Norden verlaufende Okklusionsfront zog sich vor der Küste Grönlands in einem fast kreisförmigen Bogen in Richtung Trondheim und ging in ein über Norwegen liegendes Tiefdruckgebiet über. Am nördlichsten Teil der bogenförmigen Okklusionsfront spaltete sich eine kurze, nach Nordosten reichende Warmfront ab. Das Tief TILO beeinflusste das europäische Wetter an diesem Tag kaum noch, da es von dem vor Irland liegenden Orkantief ULLI verdrängt wurde. In Reykjavik betrug die Maximaltemperatur wie am Vortag -4°C.

In der Nacht zum 04.01. verlagerte sich das Tief TILO weiter nordöstlich, ca. mittig zwischen Island und Norwegen auf der Höhe von Tromsö. Das Tief, mit einem Kerndruck von mittlerweile 980 hPa besaß zwei Okklusionsfronten. Eine war rücklaufend vom Kern über Jan Mayen bis nordwestlich von Spitzbergen und die andere Okklusion reichte vom Kern über Skandinavien bis nach Russland und ging dann in eine Warmfront über, die sich südlich von Moskau in Warm- und Kaltfront teilte.

Im weiteren Verlauf wurde der Wirbel TILO in die Zirkulation des großräumigen Tiefdrucksystems, bestehend aus den Zyklonen ULLI und ANDREA, aufgenommen und konnte daher nicht mehr namentlich auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 

 


Geschrieben von Maria Friedrich

Berliner Wetterkarte: 31.12.2011

Pate: Dieter Scherf