Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
TINI
(getauft am
10.02.2014)
Am
10.02. war in der mittleren Atmosphäre, d.h. einer Höhe von ca. 5,5 km, über
dem Nordatlantik eine kräftige und großräumige westliche Höhenströmung
vorherrschend, die von der Ostküste Nordamerikas bis nach Mitteleuropa, meist
parallel zu den nördlichen Breitenkreisen verlief. Im Bereich dieser Strömung
erschien im Bodenniveau über dem Osten der USA ein neues Tiefdruckgebiet,
welches in der Analyse dieses Tages auf den Namen TINI getauft wurde. Tief TINI
hatte einen anfänglichen Kerndruck von etwa 1015 hPa und verlagerte sich mit
der Höhenströmung nach Osten.
Am
folgenden Tag befand sich Tief TINI mit einem Kerndruck von 1005 hPa über dem
östlichen Nordatlantik, wobei der Kerndruck eine rasch fallende Tendenz
aufwies. Dabei konnten vom Zentrum aus eine kurze, nach Südosten reichende
Warmfront und eine langgezogene, nach Südwesten bis zu den Bermuda-Inseln
verlaufende Kaltfront analysiert werden.
Erst
im Laufe des 12.02. erreichte sowohl das Zentrum, mit einem Druck von knapp 980
hPa, als auch das Frontensystem von Tief TINI die Britischen Inseln und das
europäische Festland. Dabei verlief vom Zentrum aus eine kurze, bogenförmige
Okklusion, d.h. eine Mischfront mit Eigenschaften von Warm- und Kaltfront, um
den nördlichen Kernbereich bevor sie sich nur wenige Hundert Kilometer östlich
des Kerns in Warm- und Kaltfront spaltete. Vom dortigen Okklusionspunkt zogen
sich eine Warmfront nach Südosten und eine langgezogene Kaltfront nördlich der
Azoren nach Westen bis zu den Bermuda-Inseln. Das Tiefdruckgebiet TINI
entwickelte sich im weiteren Verlauf zu einem Sturmwirbel. Der Kerndruck
reduzierte sich dabei sehr schnell und erreichte am Mittag über Irland einen
Wert von 955 hPa. Die höchsten Windspitzen wurden im Bereich der Orkanstärke
registriert, z.B. im walisischen Pembrey Sands mit
126 km/h, im südenglischen Plymouth mit 130 km/h und auf Sherkin
Island an der irischen Südküste mit 156 km/h. Die Niederschlagsmengen in Irland
und Großbritannien erreichten vielfach zweistellige Werte innerhalb von 24
Stunden, z.B. in Glasgow mit 21 l/m², in Shannon mit 20 l/m² und in Plymouth
mit 17 l/m². Die Höchsttemperatur lag meist einheitlich bei Werten von 8 bis
10°C. Deutschland erreichten die Ausläufer von Tief TINI in abgeschwächter
Form, sodass nur im Norden 1 bis 2 l/m² registriert wurden. Vor der Front, die
Deutschland von Nordwesten nach Südosten überquerte, erreichten die Höchstwerte
verbreitet 6 bis 9°C und in der Nacht gab es leichten Frost. Unter den dichten
Wolken der Front gingen die Tiefstwerte in der folgenden Nacht nur auf 5 bis
3°C zurück.
Bis
zum 13.02. verlagerte sich das Zentrum der Zyklone TINI über Schottland zur
Nordsee, wobei sich der Kerndruck leicht auf 959 hPa erhöhte. In Schottland
wurden schwere Sturmböen registriert und es regnete verbreitet, Mengen von 10
l/m² innerhalb von 24 Stunden fielen aber nur vereinzelt, z.B. in Stornoway. Im
Laufe des Tages spaltete sich Tief TINI in zwei Teiltiefs auf. Während sich Teiltief
TINI I langsam von der Nordsee zum Europäischen Nordmeer verlagerte und deutlich
abschwächte, bildete sich im Bereich der Okklusionsfront über Frankreich
Teiltief TINI II, welches sich bis zur folgenden Nacht über Brandenburg nach
Polen verlagerte. Besonders ergiebig regnete es im Saarland und in
Baden-Württemberg, wo bis zu 24 l/m² innerhalb von 12 Stunden fielen. In den
höheren Lagen schneite es, sodass sich z.B. auf dem Kahlen Asten die
Schneedecke von 20 auf 30 cm und auf dem Brocken von 30 auf 45 cm erhöhte.
Am
14.02. befand sich Tief TINI I vor der Südwestküste Norwegens, hatte sich aber
auf einen Kerndruck von etwa 970 hPa abgeschwächt. Oslo meldete bei einer
Höchsttemperatur von 1°C eine Niederschlagsmenge innerhalb von 24 Stunden von 3
l/m². Auch Teiltief TINI II mit Zentrum über Polen brachte nur kurzzeitig
intensivere Niederschläge und schwächte sich deutlich ab. Bei einem Kerndruck
von etwa 995 hPa konnte nur noch eine kurze Okklusionsfront analysiert werden,
die sich bis zu den Alpen erstreckte. Wenn Wetterstationen im Bereich von TINI
II Niederschlagsmengen meldeten, lagen diese bei maximal 1 l/m² innerhalb von
24 Stunden, wie z.B. in Kaschau.
Im
Laufe des folgenden Tages wurde das Tief TINI I, welches vor der Küste
Südnorwegens lag, zunehmend in die Zirkulation des von Großbritannien nach
Nordosten ziehenden Sturmtiefs ULLA einbezogen. Die Warmfrontokklusion verlief
entlang der Küste von Norwegen über das Nordkap und die Halbinsel Kola bis über
den Nordwesten Russlands. Auch Teiltief TINI II schwächte sich weiter rasch ab
und wurde mit einem Kerndruck von etwa 1009 hPa über dem Baltikum analysiert.
Hierbei verlief eine kurze Okklusionsfront vom Zentrum aus südostwärts und
teilte sich nach etwa 400 km in eine weiter nach Südosten reichende kurze
Warmfront und eine nach Süden bis zur Krim verlaufende Kaltfront. Die maritime
Polarluft brachte in weiten Teilen Westrusslands geringe Plusgrade, z.B. in
Moskau mit 3°C. Die Niederschlagsmengen im Bereich der Front waren aber kaum
noch messbar.
Am
16.02. wurde das Teiltief TINI II wieder in TINI umbenannt, da der Wirbel TINI
I schließlich vollständig in Tief ULLA aufgegangen war. Der sich weiter
abschwächende Kerndruck betrug noch 1013 hPa. Im Bereich der nur noch schwachen
Fronten von Tief TINI wurde leichter Schneefall, Schneegriesel oder Nebel
beobachtet. Die meist tief hängenden Wolken verhinderten die Ausstrahlung,
sodass neben einstelligen Tagesmaxima kein oder nur leichter Frost verzeichnet
wurde, z.B. in Moskau mit +1°C, in Wolgograd und Odessa mit je -1°C.
Tiefdruckgebiet
TINI erschien am 17.02. über dem nördlichen Ural nach einer Lebensdauer von 8
Tagen letztmalig auf der Bodenkarte der Berliner Wetterkarte und verlagerte
sich im Tagesverlauf nach Osten in Richtung Sibirien.
Geschrieben
von Matthias Treinzen
Berliner Wetterkarte: 14.02.2014
Pate: Kristina Gaster