Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet TORSTEN
(getauft am 27.04.2013)
Am 27.04. bildete sich über der Iberischen
Halbinsel entlang einer langgezogenen Frontalzone ein neues Tiefdruckgebiet,
welches am selben Tag auf den Namen TORSTEN getauft wurde. Diese Frontalzone
erstreckte sich ausgehend vom Tief RANDOLF I, welches sich über dem Baltikum
befand, über Deutschland bis zur Iberischen Halbinsel bevor sie einen Bogen
beschrieb und weiter hinaus auf den Atlantik führte. Der Grund für diese
Entwicklung lag in der mittleren Troposphäre, also in einer Höhe von etwa 5,5
km, wo ein kräftiger Hochkeil, also ein Vorstoß warmer Luft nach Norden, über
dem Nordatlantik, der sich bis nach Island ausgedehnt hatte. Gleichzeitig
reichte ein Kaltlufttrog, der dazugehörige Vorstoß kalter Luft nach Süden, von
Skandinavien bis zur Iberischen Halbinsel. Dadurch verlief die Höhenströmung
von Neufundland über den Süden Grönlands, Irland, die Iberische Halbinsel,
nordöstlich über Frankreich, Deutschland und das Baltikum nach Westrussland.
Durch das Einfließen kalter subpolarer Luftmassen entwickelte sich das
Tiefdruckgebiet TORSTEN an der Grenze zu subtropischer Warmluft über der
Iberischen Halbinsel und besaß am Tag seiner Taufe einen Kerndruck von etwa
1015 hPa.
Diese großräumige Höhenströmung wurde am
28.04. über der Nordsee zwischen den Niederlanden und Großbritannien
unterbrochen. Die Kaltluft in der Höhe über der Iberischen Halbinsel wurde
durch einen sogenannten Cut-Off-Prozess von der Zufuhr neuer kalter Luftmassen
abgeschnitten, wodurch sich ein abgeschlossenes Höhentief bildete, welches man
als Kaltlufttropfen bezeichnet. Es stellte sich eine zyklonale
Zirkulation ein, die entgegen dem Uhrzeigersinn gerichtet ist. Dieser
Zirkulation folgte auch das Tief TORSTEN am Boden und befand sich somit 24 Stunden
nach seiner Taufe um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, mit einem
Kerndruck von nun 1005 hPa über der Südostküste Spaniens. Vom Tiefzentrum aus
erstreckte sich eine kurze Warmfront in nordöstliche Richtung bis südlich der
Balearen und ging dann in eine Kaltfront eines sich über den Westalpen
befindlichen Tiefdruckgebiets über. Des Weiteren verlief eine Kaltfront vom
Kern der Zyklone TORSTEN aus mehrere Hundert Kilometer in südwestliche Richtung
bis zu den Kanaren. Mit Durchzug der Kaltfront gingen die Temperaturen in
Südspanien im Verlauf bis zum nächsten Tag stark zurück. So beispielsweise in
Málaga, wo am Vortag eine Höchsttemperatur von 26°C und an diesem Tag bei
leichtem Regen nur noch 18°C gemeldet wurden. Ein ähnliches Bild zeigte sich auch
in Sevilla. Hier fiel die Tageshöchsttemperatur von 23°C auf 17°C. Das Tief
TORSTEN verlagerte sich bis zum 29.04. in nördliche Richtung und befand sich um
00 Uhr UTC mit seinem Zentrum und einem Kerndruck von rund 1009 hPa über der
Ostküste Spaniens auf Breite Valencias. Von diesem Tiefdruckkern aus verlief
eine sogenannte Okklusionsfront, also eine Mischfront
mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, bis zu den Balearen. Im Südosten dieser
Inselgruppe spaltete sie sich am Okklusionspunkt in
eine Warmfront, welche mehrere Hundert Kilometer in nordöstliche Richtung bis
zur Südostküste Frankreichs reichte und in eine Kaltfront auf. Diese verlief in
Richtung Südosten. In Valencia, also in Nähe des Tiefdruckzentrums, wurden im
Laufe des Tages und vor allem in der Nacht bei wolkigen bis stark bewölkten
Himmel Regen und Nebel gemeldet. Bis 06 Uhr UTC an diesem Tag fielen innerhalb
von 24 Stunden 15 l/m² Niederschlag. In Palma auf Mallorca fielen im selben Zeitraum sogar 21
l/m² Regen.
Auch bis zum 30.04. verlagerte sich der
Tiefdruckwirbel TORSTEN unter nahezu gleich bleibendem Druck nur wenig und
befand sich
um 00 Uhr UTC über der Nordostküste Spaniens nahe den Pyrenäen, nordöstlich von
Barcelona. Von ihm aus verlief einerseits in westlicher Richtung eine Okklusionsfront, welche bis nach Zentralspanien reichte und
andererseits eine Warm- sowie Kaltfront. Die Warmfront verlief zunächst nach
Norden, beschrieb dann aber über Südfrankreich einen Bogen nach Osten. Nach
einigen Hundert Kilometern ging die Warmfront über Nordösterreich in eine
Kaltfront über, welche sich über Osteuropa erstreckte. Die Kaltfront von Tief
TORSTEN führte vom Kern aus über das Mittelmeer in Richtung Süden und ging über
dem Norden Algeriens in die Warmfront eines anderen Tiefdruckgebietes über. Der
Durchzug der Warmfront brachte in Teilen Frankreichs eine deutliche
Temperaturerhöhung mit sich. In Lyon und Clermont-Ferrand
stiegen die Höchsttemperaturen von kühlen 9°C am Vortag auf 17°C an diesem Tag.
Durch einströmende feuchte, maritime Subpolarluft kam es hier zu starker
Bewölkung und Niederschlag. So fiel innerhalb von 24 Stunden bis
06 Uhr UTC eine Niederschlagsmenge von 10 l/m² in Lyon und 7 l/m² in Clermont-Ferrand.
In den folgenden Tagen verlagerte sich der
Tiefdruckwirbel TORSTEN nur wenig. Das Tiefzentrum befand sich während dieser
Zeit über dem Süden bzw. dem Südwesten Frankreichs. Der Kerndruck schwächte
sich dabei etwas ab und lag bei ca. 1020 hPa. Unter dem Einfluss von Tief
TORSTEN kam es in der Südhälfte Frankreichs zu Niederschlägen. So fielen bis
zum 01.05. um 06 Uhr UTC innerhalb von 24 Stunden in Clermont-Ferrand
15 l/m² und in Bordeaux 19 l/m². Bis zum darauffolgenden Tag kamen noch einmal
4 l/m² in Clermont-Ferrand und 1 l/m² in Bordeaux
hinzu.
Im weiteren Verlauf begann der
Kaltlufttropfen sich aufzulösen. Bereits am 02.05. war dieser soweit
abgeschwächt, dass er sich wieder der zonalen Strömung anschloss. Dadurch wurde
das Tief TORSTEN vom Ligurischen Meer nach Mitteleuropa transportiert.
Somit befand sich das Tiefdruckgebiet
TORSTEN am 03.05. um 00 Uhr UTC mit seinem Zentrum nordwestlich von Budapest.
Von diesem ging eine mehrere Hundert Kilometer lange Warmfront in nordöstliche
Richtung aus und reichte bogenförmig bis über die westliche Ukraine. Außerdem
erstreckte sich eine kurze Kaltfront vom Kern in südwestlicher Richtung bis
nach Nordkroatien. Der Kerndruck verstärkte sich gegenüber dem Vortag und lag
nun bei etwa 1012 hPa. Am Plattensee fielen innerhalb der letzten 24 Stunden
bis zum Morgen dieses Tages 15 l/m² Niederschlag. Die Meldungen der Station Siofok, welche direkt am Plattensee gelegen ist, zeigen,
dass in der Nacht zuvor durch die herannahende und durchziehende Kaltfront
Schauer und Gewitter auftraten, welche diese Niederschläge mit sich brachten.
In den darauffolgenden zwei Tagen
verlagerte sich die Zyklone TORSTEN angetrieben durch die Höhenströmung weiter
über Südosteuropa in Richtung Osteuropa, sodass es sich mit seinem Zentrum am
05.05. um 00 Uhr UTC südwestlich von Moskau über Westrussland befand. Von diesem
Zentrum aus, welches einen Kerndruck von 1010 hPa besaß, verlief eine Warmfront
in nordöstlicher Richtung bis nach Zentralrussland. Außerdem reichte eine
Kaltfront nach Süden, beschrieb einen Bogen und erstreckte sich in einem
südwestlichen Verlauf bis Kroatien. In Kiew sank die Temperatur mit Durchzug
der Kaltfront merklich ab. Obwohl am Vortag bei leichter Bewölkung noch eine
Maximaltemperatur von 29°C gemessen wurde, betrug die Höchsttemperatur an
diesem Tag bei teilweise stark bewölktem bis bedecktem Himmel 22°C. Auch in der
moldawischen Hauptstadt Chişinău machte sich der
Kaltfrontdurchzug bemerkbar. Hier sank die Temperatur von 28°C am Vortag auf
23°C. Diese, insbesondere vor dem Durchgang der Kaltfront, hohen saisonalen
Temperaturen entstanden durch den abgeschwächten Kaltlufttropfen, welcher sich
weiter in östliche Richtung verlagert hatte und sich nun über dem Mittelmeer
befand. Somit wurden sehr warme subtropische Luftmassen nach Südost- und
Osteuropa geleitet. Erst mit der Kaltfront gelangten von Westen her schließlich
kältere Luftmassen aus subpolaren und gemäßigten Breiten nach Osteuropa.
Am 06.05. befand sich das Tief TORSTEN mit
einem weiter verstärkten Kerndruck von 1005 hPa bereits über Zentralrussland.
Eine Warmfront führte vom Tiefdruckkern aus mehrere Hundert Kilometer in
südöstliche Richtung weiter über das Landesinnere. Des Weiteren erstreckte sich
eine Kaltfront in südwestliche Richtung vom Tiefzentrum aus in einem Bogen über
das Asowsche Meer bis zur Halbinsel Krim. Mit Durchzug der Kaltfront kam es im
Laufe des Tages verstärkt zu Schauern und Gewittern im Einflussgebiet. So
beispielsweise in der russischen Stadt Ufa, welche die Kaltfront am Vormittag
dieses Tages überquerte. Durch die Höhenströmung angetrieben, verlagerte sich
die Zyklone weiter in nordöstliche Richtung und lag am folgenden Tag östlich
des Uralgebirges über dem Westsibirischen Flachland. Der Kerndruck hatte sich
noch einmal verstärkt und lag nun bei 1000 hPa. Vom Tiefzentrum aus verlief
eine Okklusionsfront mit Kaltfrontcharakter am Boden
über mehrere Hundert Kilometer in südliche Richtung. Vom Zentrum ging außerdem
eine weitere kurze Okklusion aus, welche einen
Halbkreis beschrieb und östlich vom westsibirischen Tobolsk
in die Warmfront eines weiteren Tiefdruckgebietes überging. Mit anhaltender
Lebensdauer ließ nun die Wetterwirksamkeit der Zyklone langsam nach. In Khanty-Mansiysk im Kernbereich von Tief TORSTEN kam es
dabei beim Durchzug des Wirbels zu leichtem Regen und Sprühregen sowie
Regenschauern. Auch beim Durchgang der Fronten wurden in Jekaterinburg noch
leichte Regenschauer gemeldet. Die Tageshöchsttemperatur fiel hierbei von 23°C
am Vortag auf 12°C ab.
Dies war auch der letzte Tag an dem das
Tief TORSTEN auf der Berliner Wetterkarte erschien. Bis zum nächsten Tag
verlagerte sich das Tiefdruckgebiet weiter in nordöstliche Richtung und
verschwand somit nach einer für Tiefdruckgebiete beachtlichen Lebensdauer von
11 Tagen aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte.
Geschrieben
von Sebastian Wölk
Berliner
Wetterkarte: 01.05.13
Pate:
Torsten Schreiter