Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet UDO
(getauft
am 14.04.2015)
Am 14.04. wurde anhand einer Prognosekarte für 12 Uhr UTC, also 14
Uhr MESZ, des darauf folgenden Tages die Entstehung eines Tiefdruckwirbels über
Südschweden vorhergesagt und dieser auf den Namen UDO getauft. Das
Tiefdruckgebiet UDO, welches in der Nacht zum 15.04. aus einer wellenförmig
deformierten Front des nördlich von Island über Jan Mayen liegenden Wirbels
THILO hervorgegangen war, befand sich gegen 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von
knapp unter 1000 hPa östlich von Schottland nahe Edinburgh, knapp 750 Kilometer
westlich zur prognostizierten Position von 12 Uhr UTC. Vom Kern erstreckte sich
zum Zeitpunkt der Analyse zum einen eine Warmfront über die Nordsee und
Dänemark nach Osten, die sich über der Ostsee mit der Kaltfront des Wirbels
THILO verband, und zum anderen eine sich südwestlich von Irland mit dem
Frontensystem eines anderen, unbenannten Atlantikwirbels verbindende Kaltfront
nach Südwesten. Ausläufer des Tiefs STEFAN überquerten in der ersten
Tageshälfte zunächst Dänemark sowie Südschweden und griffen im weiteren
Tagesverlauf auf das Baltikum über. Größere Regenmengen kamen trotz
schauerartig verstärkter Niederschläge aufgrund der raschen Zuggeschwindigkeit
des Wirbels bis auf wenige Ausnahmen zumeist jedoch nicht zusammen. Innerhalb
von 24 Stunden wurden bis 06 Uhr UTC des Folgetages im dänischen Skagen 10,1 l/m², in Riga 15,1 l/m² und im schwedischen Ullared bis zu 21,0 l/m² gemessen. Dänemark und Südschweden
befanden sich zudem in einem kräftigen Windfeld, wobei verbreitet Böen zwischen
53 bis 60 km/h und somit Stärke 7 auf der Beaufortskala erreicht wurden. In
Kopenhagen wurden mit Windspitzen von bis zu 72,3 km/h Böen der Stärke 8 und
mit 79,3 km/h bei Hanö Sturmböen der Stärke 9
beobachtet.
Bis zum 16.04. hatte sich die an Stärke gewinnende Zyklone UDO
rasch nach Osten verlagert und lag gegen 00 Uhr UTC mit einem auf unter 990 hPa
gefallenen Kerndruck über Lettland unweit von Riga. In südöstlicher Richtung
erstreckte sich vom Kern eine Warmfront über Kiew bis über das Schwarze Meer
sowie in südwestlicher Richtung eine Kaltfront über Warschau bis nach Paris,
ehe sie sich über der Bretagne mit der Warmfront eines südwestlich von Irland
über dem Atlantik liegenden Wirbels verband. In den kommenden 24 Stunden
überquerte das zugehörige Niederschlagsband Weiß- und Zentralrussland nach
Osten und hatte bis 06 Uhr UTC das Uralgebirge erreicht. Dabei wurden in Borisov Niederschlagsmengen von 4 l/m², bei Lozova in der Ukraine von 10 l/m² und im russischen Krasnye Baki bis zu 13,8 l/m²
registriert. Der Wettercharakter gestaltete sich entlang des Wirbels und dessen
Ausläufer weiter stürmisch. Verbreitet wurden, wie mit 57,6 km/h in Borisov oder bis zu 86,5 km/h bei Slavgorod,
ebenfalls in Weißrussland liegend, sowie im ukrainischen Lubny
Windspitzen der Stärken 7 bis 9 gemessen. Auf der Rückseite des Wirbels UDO
wurden kühlere Luftmassen subpolaren Ursprungs über die Ostsee in den Norden
Deutschlands geführt. Waren in Rostock-Warnemünde und Hamburg am Vortag noch
ein Tageshöchstwert von 18,8°C beziehungsweise 21,0°C gemessen worden, stieg
das Maximum am 16.04. auf nur noch 10,0°C in Rostock und 11,3°C in Hamburg.
Mit einem Kerndruck von weiterhin etwa 990 hPa war das Wellentief
UDO bis zum 17.04. weiter nach Osten gezogen und befand sich, nachdem es im Laufe
des vergangenen Tages das in Abschwächung befindliche Tief STEFAN in seine
Zirkulation aufgenommen hatte, gegen 00 Uhr UTC östlich von Moskau nahe Kazan.
Eine Okklusionsfront erstreckte sich vom Zentrum nach Süden und endete etwa bei
Saratov. Als Okklusionsfront wird dabei eine
Mischfront verstanden, die sich aus dem Zusammenschluss von Kalt- und Warmfront
bildet und somit Eigenschaften beider Systeme in sich vereint. Die Stelle, an
der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen und eine solche Okklusionsfront
bilden, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Vom Okklusionspunkt bei Saratov erstreckten sich eine Warmfront weiter in südlicher
Richtung nach Kasachstan und eine Kaltfront über die Ukraine und Ungarn bis
nach Süddeutschland, wo sie über Stuttgart in das zugehörige Frontensystem eines
unbenannten Atlantikwirbels überging. Während das dem Tief UDO direkt
zuzuordnende Niederschlagsfeld sich mit dem Wirbel in Richtung des Nordurals
verlagerte, wurden an dessen Rückseite erneut Niederschläge zum Baltikum
geführt, größere Regenmengen wurden hier mit lokalen Ausnahmen jedoch kaum
registriert. Aus Riga wurden nur vereinzelte Tropfen, aus Tilrikoja
in Estland eine 24-stündige Regenmenge 2,2 l/m² und aus Vilnius Niederschläge
von 8 l/m² gemeldet. Über Nordwestrussland hingegen ging der zumeist leichte
bis mäßige Regen vielerorts in Schnee über. Innerhalb von 24 Stunden fielen bei
Vendinga 6 l/m², in Nikolsk
9 l/m² und in Kotlas 13 l/m² Niederschlag.
Das Zentrum des Tiefdruckwirbels UDO befand sich am 18.04. um 00
Uhr UTC mit einem um knapp 5 hPa gestiegenen Druck nördlich von Perm westlich
des Urals. Vom Kern zog sich eine Okklusionsfront über das Uralgebirge nach
Osten und hatte ihren Okklusionspunkt nahe Tobolsk. Von dort reichten die
Warmfront, die sich über Sibirien mit einem anderen Wirbel verband, weiter nach
Osten und die Kaltfront in einem weiten Bogen über Wolgograd nach Westen. Über
der Westukraine ging diese Kaltfront in die Warmfront eines bei Ungarn neu
entstandenen Tiefs über, welches anschließend für den ukrainischen und
südrussischen Raum wetterbestimmend wurde. In der Region um die nördlichen
Ausläufer des Uralgebirges hielten die Niederschläge in Form von Regen oder
Schnee an. In 24 Stunden registrierten die Messgeräte in Tobolsk 2 l/m², in Syktyvkar 12 l/m² und bei Vonegan
14 l/m². Die anhaltenden und teils schauerartig verstärkten Schneefälle führten
in Njaksimvol bis 03 Uhr UTC zur Ausbildung einer 16
Zentimeter hohen Schneedecke, in Vonegan addierten
sich diese zusammen mit der bereits bestehenden Altschneedecke von 33 auf 40
Zentimeter.
Auf seiner Zugbahn nach Osten hatte das sich allmählich
abschwächende Tiefdruckgebiet UDO zum 19.04. das Uralgebirge überquert und konnte
mit einem auf circa 1000 hPa angestiegenem Druck nördlich von Surgut analysiert werden. Im Laufe der folgenden Stunden
verließ das Tief UDO rasch den von der Berliner Wetterkarte erfassten
Analysebereich in Richtung Nordsibirien, sodass der 19.04 zugleich der letzte
Tag war, an dem dieses namentlich verzeichnet werden konnte.
Geschrieben am 25.05.2015 von Christian Ulmer
Berliner Wetterkarte: 16.04.15
Pate: Udo Menschel