Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ULFERT

(getauft am 17.06.2021)

 

Am 17.06.2021 reichte ein Höhentrog, also ein Kaltluftvorstoß nach Süden, westlich von den Britischen Inseln bis zur Iberischen Halbinsel. An der Spitze des Troges entwickelte sich ein Kaltlufttropfen, also ein kaltes Höhentief, über dem Süden Spaniens. Aus der Prognose der Berliner Wetterkarte für den 18.06.2021 12 UTC, bzw. 14 Uhr MESZ, ging hervor, dass sich aus dem Höhentief bis zum Folgetag ein bis zum Boden reichendes Tiefdruckgebiet über Spanien bilden würde. Da dieses Tief im weiteren Verlauf auch noch das Wettergeschehen Mitteleuropas beeinflussen sollte, wurde es von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen ULFERT getauft wurde.

Wie prognostiziert erschien dann Tief ULFERT erstmals namentlich am 18.06.2021 um 02 Uhr MESZ auf der Bodenwetterkarte, wo es sich mit einem Kerndruck von knapp 1015 hPa mittig über der Iberischen Halbinsel befand. Seine Kaltfront verlief vom Kern aus südwestlich über die Meerenge von Gibraltar und dem Westen Marokkos bis zu den Kanarischen Inseln. Die Warmfront erstreckte sich vom Kern aus nach Nordosten und ging nahe der spanisch-französischen Grenze in die Kaltfront des über Westfrankreich befindlichen Tiefdruckgebiets THANANONT über. In Portugal und Spanien kam es zu Gewittern und mäßigen, teils starken Regenschauern. Bis 20 Uhr MESZ wurden Niederschlagshöchstwerte von 45 mm in der spanischen Gemeinde Piornal gemessen. Die über Spanien liegende Kaltfront machte sich auch durch starke Temperaturdifferenzen bemerkbar. Um 17 Uhr MESZ betrug die Temperatur in Lugo, einer Stadt im Nordwesten Spaniens 14°C, während in der Stadt Manresa im Osten Spaniens zeitgleich Temperaturen von 32°C gemeldet wurden.

 

Tief ULFERT verlagerte sich bis zum 19.06.2021 um 02 Uhr MESZ mit zum Vortag nahezu unverändertem Bodendruck bis nach Südfrankreich. Eine Mischfront, die durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht und als Okklusion bezeichnet wird, erstreckte sich vom Nordwesten Spaniens bis zum Okklusionspunkt, also dem Ort an dem Kalt- und Warmfront in Bodennähe aufeinandertreffen, im Kern der Zyklone. Von dort aus verlief die Warmfront in nördliche Richtungen und ging mittig über Frankreich in die Kaltfront des über der Nordsee liegenden Tiefs THANANONT über. Die Kaltfront von Tiefdruckwirbel ULFERT reichte vom Okklusionspunkt Richtung Südost bis nach Mallorca. Im Norden Spaniens und der Westhälfte Frankreichs kam es im Tagesverlauf vermehrt zu mit Gewittern verbundenen starken Regenschauern. So fielen beispielsweise in Paris bis 19 Uhr MESZ 20 mm innerhalb von einer Stunde. Bis 20 Uhr MESZ wurde ein 12-stündiger Niederschlag von bis zu 28 mm in Chartres erreicht. In Gewitternähe erreichte der Wind vereinzelt die Windstärke 7 bis 8 auf der Beaufort-Skala. In der französischen Stadt Brive-la-Gaillarde wurden somit maximale Windgeschwindigkeiten von 89 km/h verzeichnet. In Limoges wurde um 19 Uhr MESZ eine Temperatur von knapp 18°C gemeldet, während nur circa 150 km weiter östlich in Clermont-Ferrand 32°C ermittelt wurden.

 

Bis zum Folgetag um 02 Uhr MESZ verlagerte sich der Kern von Tief ULFERT bis zum Ärmelkanal. Eine Okklusionsfront zog sich von dort aus bis zu einem weiteren lokalen Tiefdruckminima über Belgien, welches auf der Berliner Wetterkarte als ULFERT II bezeichnet wurde. Davon ausgehend verlief die Kaltfront südlich bis zur Schweiz und die Warmfront in östlicher Richtung bis nach Polen. Beide Kerne des Tiefdrucksystems ULFERT verzeichneten einen Kerndruck von knapp 1010 hPa. In Frankreich und der Alpenregion kam es zu großflächigen Niederschlagsereignissen, die teils gewittrig und schauerartig verstärkt wurden. Höchstwerte für den 12-stündigen Niederschlag bis 20 Uhr MESZ wurden in Aubenas im Südosten Frankreichs mit 68 mm gemeldet. Der Wind erreichte im Gebirge in Böen teils Orkanstärke, Spitzenwerte von 157 km/h wurden am Beringer Randenturm, einer Aussichtsplattform in der nördlichen Schweiz, erreicht.

 

Am 21.06.2021 um 02 Uhr MESZ hatte sich eines der Kerne vom Tiefdruckwirbel ULFERT bereits aufgelöst und die verbleibende Zyklone befand sich mit einem Bodendruck von fast 1005 hPa über dem Süden Norwegens. Eine Okklusionsfront zog sich von dort aus nach Osten bis zum Okklusionspunkt über Schweden, wovon ausgehend die Kaltfront in südlicher Richtung bis zur polnischen Küste reichte, und die Warmfront sich Richtung Nordost bis nach Finnland erstreckte. Das sich im Tagesverlauf weiter nach Norden verlagernde Tief brachte vor allem im Norden Schwedens und Finnlands viel Niederschlag mit sich. Bis zu 65 mm wurden bis 20 Uhr MESZ innerhalb von 12 Stunden am Flughafen Rovaniemi gemessen. An der Vorderseite des Tiefs wurden mit einer südlichen Luftströmung heiße Luftmassen bis nach Finnland und Westrussland geführt. So erreichte beispielsweise St. Petersburg eine Tageshöchsttemperatur von gut 34°C. Die finnische Stadt Kuopio verzeichnete eine Temperatur von knapp 32°C.

 

Bis zum 22.06.2021 um 01 Uhr MEZ verlagerte sich Tief ULFERT bis zum Norden der Skandinavischen Halbinsel. Sein Kerndruck betrug noch rund 1010 hPa. Vom Süden Norwegens ersteckte sich eine Okklusionsfront nach Nordosten bis zum Kern des Wirbels und weiter Richtung Südosten, bis östlich von der russischen Hafenstadt Murmansk. Von dem dort befindlichen Okklusionspunkt verlief die Warmfront südöstlich bis über das russische Festland, die Kaltfront ging in südlicher Richtung in die Warmfront des über Südschweden liegenden Tiefdruckgebiets WOLFGANG über. In Finnland und Russland herrschten weiterhin hohe Temperaturen, in Lodeinoje Pole nordöstlich von St. Petersburg wurden knapp 36°C erreicht. Im Einflussbereich der Zyklone ULFERT kam es noch zu leichten bis mäßigen Niederschlagsereignissen, vereinzelt gab es starke Regenschauer, beispielsweise in Taivalkoski Urheilutie, dort wurden um 17 Uhr MESZ innerhalb von einer Stunde 20 mm gemeldet.

 

Mit weiterer Verlagerung nach Norden befand sich Tief ULFERT am 23.06.2021 um 02 Uhr MESZ über dem Nordpolarmeer und hatte keinen Einfluss mehr auf das Wettergeschehen Europas. Auch in den Folgetagen wanderte Tief ULFERT weiter nordwärts, so dass es ab dem 25.06.2021 nicht mehr namentlich auf den Wetterkarten der BWK erwähnt werden konnte, da es sich ab diesem Zeitpunkt außerhalb des Darstellungsbereiches befand.