Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ULLA

(getauft am 12.02.2014)

 

Zu Beginn der zweiten Februardekade befand sich über dem Nordatlantik in einer Höhe von ca. 5,5 km ein Bereich einer kräftigen, zonalen Westwindströmung. Begünstigt durch einen Kaltluftvorstoß über dem Osten Kanadas in Richtung Neufundland kam es zu einer Zyklogenese, also der Entstehung eines neuen Tiefdruckgebiets im Bereich des westlichen Nordatlantik. Dieses Tief wurde schließlich am 12. Februar in der Prognose für den Folgetag auf den Namen ULLA getauft. Am nächsten Tag lag der Wirbel mit einem Kerndruck von ca. 1000 hPa mittig über dem Nordatlantik, südlich der Südspitze Grönlands. Vom Kern reichte eine Warmfront nach Osten, bevor sie über den Azoren in ein vorlaufendes Frontensystem überging. Weiterhin zog sich eine Kaltfront vom Zentrum des Tiefs ULLA nach Südwesten Richtung Bermudadreieck.

Am 14. Februar um 00 Uhr UTC, d.h. 01 Uhr MEZ, hatten sich bereits kompakte Wolkenfelder vom Atlantik her in Richtung Biskaya und Frankreich geschoben. Sie gehörten zur Warmfront des Tiefs ULLA, dessen Zentrum sich zu diesem Zeitpunkt 1000 km westlich der Portugiesischen Küste befand. Der Kerndruck war im Verlauf auf unter 970 hPa gesunken, mit weiter fallender Tendenz. In Folge dieser kräftigen Gradientverschärfung beim Luftdruck frischte der Wind zunehmend auf. Zuerst war dies an der Nordwestküste Spaniens spürbar, nachfolgend aber auch in Nordwestfrankreich und Südostengland. Bis zum Abend wurde in weiten Gebieten der Bretagne und Cornwall mit Geschwindigkeiten von mehr als 117 km/h Windstärke 12 erreicht. In Ouessant, in der Westbretagne, wurden sogar Orkanböen von bis zu 152 km/h gemessen.

Im Zusammenhang mit dem Frontensystem erreichten bereits ab den Frühstunden schauerartig verstärkte Niederschläge den Nordwesten Frankreichs, sowie Südengland und breiteten sich weiter nordostwärts aus. Bis zum Abend kamen so beachtliche Regenmengen zustande. In 24 Stunden, hierbei bis 00 Uhr UTC des nächsten Tages, fielen zum Beispiel im englischen Plymouth 26,6 l/m², im französischen La Hague 25,2 l/m² und in Bournemouth waren es sogar 35,2 l/m².

Bis zum 15. Februar hatte sich das Orkantief ULLA auf knapp unter 960 hPa vertieft, was gleichzeitig den Höhepunkt der Tiefdruckentwicklung markierte. Dabei wurde der niedrigste Druck mit 958 hPa in Belfast gemessen, wo sich in etwa auch das Tiefdruckzentrum um 00 Uhr UTC befand. Von dort erstreckte sich zunächst eine Okklusionsfront, also eine Mischfront aus Warm-und Kaltfront, über Nordengland hinweg in Richtung Nordsee. Dort spaltete sie sich in eine Warm- und in eine Kaltfront auf. Während die Warmfront südwärts über den Westen und Südwesten Deutschlands hinweg bis zu den Französischen Alpen reichte, zog sich die Kaltfront in südwestlicher Richtung über die Benelux-Länder, Zentralfrankreich und Spanien hinweg bis zu den Kanarischen Inseln. Im Bereich des Tiefdruckzentrums über den Britischen Inseln blieb es an jenem Februartag weiterhin regnerisch und stürmisch. Bis Mitternacht wurden abermals Regenmengen von durchschnittlich 10 bis 15 l/m² registriert, wobei lokal unwetterartige Regenmengen von bis zu 46 l/m² gemessen wurden, wie zum Beispiel in Capel Curig in Nordirland.

Währenddessen verlagerte sich der Tiefdruckkern unter nur leichter Abschwächung über Schottland und die nördliche Nordsee hinweg in Richtung Norwegen. Mit Annäherung des Tiefs wurde es entlang der norwegischen Küste ebenfalls stürmisch. In exponierten Lagen, wie am Leuchtturm Buholmråsa nördlich von Trondheim wurden orkanartige Böen bis 108 km/h registriert. Der Niederschlag hingegen fiel geringer und nicht mehr ganz so gleichmäßig verteilt, wie etwa in England, aus. Während es zum Beispiel an jenem Tag in Oslo weitgehend trocken blieb, fielen 300 km südöstlich der Hauptstadt in Hovsherad 60 l/m² in nur 24 Stunden bis zum Folgetag 06 Uhr UTC. In Deutschland hingegen kam das Frontensystem von Tief ULLA nur langsam und in deutlich abgeschwächter Form voran, was sich durch tief hängende, meist dichte Bewölkung, aber nur wenig Niederschlag äußerte. Lediglich im Bereich von Schwarzwald und Vogesen sorgten kleinräumige Effekte, wie Wellenbildung und Staueffekte, für örtlich deutlich größere Regenmengen. In Lahr am Oberrhein fielen dadurch bis zu 30 l/m² in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC. Durch den Einfluss des Warmsektors, also dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront des Wirbels ULLA, wurde spürbar mildere Luft aus Südeuropa bis nach Deutschland gelenkt. Dadurch war es in Bayern, begünstigt auch durch Föhneinfluss, vorfrühlingshaft mild, wobei die Temperatur beispielsweise im Raum München bis auf 19,4°C stieg. Im Gegensatz dazu wehte im Flachland ein starker, an den Küsten auch stürmischer Wind, der in Böen Stärke 8 bis 9 erreichte. 

Am 16. Februar um 00 Uhr UTC befand sich Tief ULLA mit Zentrum bereits vor der Westküste Norwegens, etwa 250 km westlich von Trondheim. Mit knapp 975 hPa hatte das Tief begonnen sich langsam abzuschwächen, wobei es gleichzeitig weiter okkludierte. Die Ausläufer des Tiefs erstreckten sich vom Zentrum aus zunächst als Okklusionsfront über Mittelskandinavien und die Ostsee bis zum Rigaischen Meerbusen, wo sie sich aufspaltete. Von dort zog sich die Kaltfront über den Alpenraum hinweg bis zum Golf von Genua. Die Warmfront reichte nach Südosten über Warschau bis nach Sofia. Auf der Rückseite des Tiefs floss hinter der Kaltfront deutlich kühlere Subpolarluft nach Mittel- und Westeuropa, wodurch es tagsüber bei wechselnder Bewölkung zu wiederholten Schauern kam. Allerdings konnte die Kaltfront nicht weiter südwärts vordringen, da die mildere Mittelmeerluft blockierend wirkte. In der Konsequenz entwickelte sich im Grenzbereich ein niederschlagsträchtiges Wellentief über den Ostalpen. Durch dessen Einfluss fielen an der Wetterstation auf dem Passo Rolle im italienischen Trentino bis 18 Uhr UTC 73,4 l/m² in nur zwölf Stunden. Bis zu 190,5 l/m² wurden auf dem Berg Vogel in Slowenien in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages registriert. Zum Vergleich, das ist knapp ein Drittel des durchschnittlichen Jahresniederschlags in Berlin. Im weiteren Einflussbereich des Wirbels ULLA gab es ebenfalls Niederschlag, der teils als Regen, teils als Schnee fiel und Mengen von durchschnittlich 2 bis 5 l/m² in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC brachte. Sturmböen traten dagegen nur noch anfangs entlang der Nordküste Norwegens auf, ehe auch hier der Wind im Tagesverlauf spürbar nachließ.

Am 17. Februar beschränkte sich der Einfluss von Tief ULLA weitgehend auf Nordeuropa, genauer auf den Bereich Fennoskandien. In der Analyse von 00 Uhr UTC war das Zentrum weiterhin vor der norwegischen Küste auszumachen, jedoch etwas nördlicher als noch am Vortag. Dabei hatte sich die Zyklone weiter abgeschwächt, der Kerndruck lag bei etwas unter 985 hPa. Die dazugehörige Okklusionsfront, von Lappland und Finnland über Osteuropa weiter bis zum Balkan reichend, schwächte sich zunehmend ab, was sich zum Beispiel an den nachlassenden Temperatur- und Feuchteunterschieden bemerkbar machte.

Bis zum 18. Februar um 00 Uhr UTC hatte sich Tief ULLA noch etwas weiter nordostwärts verlagert. Mit 995 hPa befand sich das Zentrum bereits nördlich des Nordkaps, in etwa über der Bäreninsel. Weiterhin hatte die Zyklone ein weiteres Zentrum ausgebildet, sodass sich der Einfluss des Tiefdrucksystems ULLA auf Finnland ausweitete.

Bis zum nächsten Tag verlagerte sich der ursprüngliche Kern ULLA I etwas weiter südwärts und der neu gebildete Kern teilte sich erneut, sodass das Zentrum ULLA II nahe Archangelsk und der Kern ULLA III etwas südwestlich von Perm lag. Dabei wiesen alle Zentren einen Druck von ca. 1000 hPa auf.

Am 20. Februar besaß das Tief ULLA wieder nur ein Zentrum, da der ursprüngliche Kern ULLA I langsam in die Zirkulation des Tiefs WALTRAUD aufgenommen wurde und der Kern ULLA III außerhalb des Analysebereiches gezogen war. Damit befand sich nun noch der verbleibende Wirbel ULLA wenige Hundert Kilometer südlich von Archangelsk und wurde schließlich von sich im Norden ausweitenden Hochdruckeinfluss aus dem Darstellungsbereich gedrängt und konnte daher bereits am 21. Februar nicht mehr analysiert werden.

 


Geschrieben von Gregor Pittke

Berliner Wetterkarte: 15.02.2014

Pate: Ursula Schweitzer