Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ULLI

(getauft am 31.12.2011)

 

In der Nacht zum 31.12.2011 bildete sich über der Ostküste der Vereinigten Staaten eine Wellenstörung, die in der Prognose für den Folgetag auf den Namen ULLI getauft wurde. Bis zum nächsten Tag vertiefte sich die Wellenstörung über Neufundland zu einem Tiefdruckgebiet, dessen Kerndruck etwas unterhalb von 1010 hPa lag.

Bis zum 02.01.2012 hatte sich die Zyklone ULLI unter Verstärkung weiter nach Osten verlagert und lag nun mit einem Kerndruck von etwa 995 hPa über dem Westatlantik, östlich von Neufundland. Vom Kern ausgehend zog sich eine Okklusion, also eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, einige hundert Kilometer nach Westen. Die Warmfront verlief vom Kern über den zentralen Atlantik und ging auf Breite der Azoren in die Kaltfront der Zyklone TILO über Island über. Die Kaltfront des Wirbels ULLI beschrieb vom Tiefzentrum ausgehend einen Bogen nach Südwesten und reichte bis außerhalb des Darstellungsbereiches der Berliner Wetterkarte. Nachfolgend kam es zu einer raschen Verlagerung, sowie zu einer deutlichen Vertiefung der Zyklone ULLI zu einem Orkantief. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch eine starke zonale Strömung in der mittleren Troposphäre, was in etwa 5,5 km Höhe entspricht.

Am 03.01.2012 um 00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) lag der Orkanwirbel ULLI mit einem Kerndruck von ca. 970 hPa nordwestlich von Irland über dem Atlantik. Die Warmfront erstreckte sich über Irland und England bis über den Golf von Biskaya. Die Kaltfront verlief über den Atlantik. Eine ausgeprägte Okklusionsfront folgte der Kaltfront über dem Atlantik, was recht häufig bei starken Zyklonen beobachtet wird.

Am Vormittag des 03.01.2012 überquerte das Tief Schottland mit einem Kerndruck von ca. 960 hPa. Dabei wurden sehr starke dreistündige Drucktendenzen beobachtet. Vor dem Durchgang des Kerns fiel der Luftdruck binnen drei Stunden um 16 hPa um nach der Passsage im gleichen Zeitraum um 22 hPa zu steigen, wie an der schottischen Station Teree beobachtet wurde. Im Allgemeinen ist ab einer dreistündigen Luftdrucktendenz von 10 hPa von einer Sturmlage auszugehen. Das Windfeld des Orkans ULLI erfasste am Morgen Nordirland, Schottland und Nordengland. Bereits um 6 Uhr MEZ herrschte an der nordirischen Küstenstation Malin Head eine mittlere Windgeschwindigkeit von 70 kn, dies entspricht mit knapp 130 km/h Orkanstärke. In Böen wurden Windgeschwindigkeiten um 170 km/h gemessen. Drei Stunden später erreichte der Sturm leicht abgeschwächt auch das Binnenland. Im schottischen Drumalbin wurde eine mittlere Windgeschwindigkeit von 55 kn, also ca. 102 km/h gemessen, dies entspricht umgerechnet der Windstärke 10. In Böen wurde die Orkanstärke von 120 km/h mit 155 km/h deutlich übertroffen.

Am Mittag erreichte das Orkanfeld die Nordsee, dort wurde auch der tiefste Druck mit 955 hPa erreicht. Zu diesem Zeitpunkt verlagerte sich der Orkan ULLI relativ langsam, sodass die außergewöhnlichen Drucktendenzen abnahmen.

Am Nachmittag des 03.01.2012 erreichte das Windfeld in abgeschwächter Form auch den Norden Deutschlands. Dennoch wurden bis Mitternacht an einigen Stationen Orkan- oder orkanartige Böen registriert, wie z.B. am Leuchtturm Kiel mit 120 km/h und in Darßer Ort mit 104 km/h. Die stärksten Böen in Deutschland traten jedoch auf dem Brocken mit 170 km/h auf. Auch in Norddänemark gab es mit über 140 km/h in Halstholm starke Orkanböen.

Die Temperatur stieg im Warmsektor, dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, häufig über 10°C an, wie z.B. in Glasgow mit 10°C, Edinburgh mit 12°C und im irischen Valentia mit 9°C. Mit dem Durchzug der Kaltfront kühlte es merklich ab, so lag die Tiefsttemperatur meist nur knapp über 0°C. Während der Sturmpassage fiel in Irland und Schottland verbreitet um 10 l/m² Regen, wie z.B. in Glasgow mit 10 l/m² und in Stornoway mit 9 l/m². In Deutschland stieg die Temperatur innerhalb des Warmsektors verbreitet auf Werte um 9°C, wie z.B. auf Helgoland oder in Lübeck. Die Niederschlagssummen waren aber mit bis zu 20 l/m² deutlich höher. So wurden z.B. in Kiel, Schleswig und auf Norderney 20 l/m² Regen registriert. In List auf Sylt fielen 17 l/m² Niederschlag.

Bis zum 04.01.2012 hatte sich das Orkantief ULLI deutlich abgeschwächt und lag um 00 Uhr MEZ mit einem Kerndruck von rund 965 hPa südlich von Norwegen über dem Skagerak. Vom Kern des Wirbels reichte eine Okklusionsfront bis Stockholm, dort schloss sich die Warmfront an, die sich über das Baltikum und Polen erstreckte. Vom Okklusionspunkt ausgehend erstreckte sich eine teils okkludierte Kaltfront über Polen, Deutschland und Frankreich bis über den Golf von Biskaya. Das Windfeld hatte sich dabei ebenfalls deutlich abgeschwächt. Auf der Rückseite des Tiefs floss sehr milde Luft bis nach Osteuropa, sodass die Temperatur in Moskau auf 2°C stieg. Im Baltikum wurden Maxima von bis zu 6°C, wie in Riga, erreicht.

Nachfolgend verlagerte sich der Wirbel ULLI unter weiterer Abschwächung weiter nach Nordosten und lag am 05.01.2012 über Helsinki. Die Okklusion reichte bogenförmig vom Kern bis nach Zentralfinnland und teilte sich dort in eine Warm- und Kaltfront. Die Fronten des Tiefdruckgebietes erstreckten sich nahezu parallel vom Okklusionspunkt  über dem Osten Finnlands ausgehend in einem weiten Bogen über Westrussland. Die Kaltfront reichte noch über die Ukraine, den Balkan bis über Norditalien, besaß jedoch kaum noch Wetterwirksamkeit.

Bis zum 06.01.2012 erfolgte unter deutlicher Abschwächung eine leichte Verlagerung nach Norden. Der Kerndruck war mittlerweile auf ca. 985 hPa gestiegen. Innerhalb der folgenden 24 Stunden löste sich Tief ULLI über Nordfinnland auf und konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 01.03.2012 von Tobias Mahnkopf

Berliner Wetterkarte: 04.01.12

Pate: Thomas Rothauski (Gutscheine)