Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ULRICH
(getauft am 10.07.2015)
An einer verwellten Kaltfront am Rande
eines Tiefdruckkomplexes kam es über dem Nordosten Nordamerikas durch das
Aufeinandertreffen von polarer Kaltluft und subtropischer Warmluft zur Zyklogenese,
wodurch ein neues Tiefdruckgebiet entstand, welches am 10.07. in der Prognose
für den Folgetag auf den Namen ULRICH getauft wurde.
Am 11.07. befand sich der Kern von Tief
ULRICH über dem zentralen Nordatlantik ca. 2000 km westlich von der Küste
Irlands entfernt. Eine Front, die am Boden den Charakter einer Kaltfront und in
der Höhe den einer Okklusionsfront hatte, führte vom Kern aus nach Westen bis
nach Neufundland. Bei einer Okklusion handelt es sich dabei um eine Mischfront mit
Warm- und Kaltfronteigenschaften, die durch das Einholen der Warmfront durch
die schneller ziehende Kaltfront im Okklusionspunkt entsteht. Außerdem
erstreckte sich vom Kern nach Südosten eine Warmfront. In Richtung Südwesten verlief
eine weitere Kaltfront, die mit der Warmfront eines Wirbels südlich von
Neufundland verbunden war. An der Westküste Irlands wurden stürmische Böen mit
bis zu 72 km/h verzeichnet, wie um 15 Uhr UTC, also 16 Uhr MEZ, in Mace Head
und eine Stunde später in Belmullet. In Mace Head wurde außerdem eine
Tageshöchsttemperatur von 15,6°C erreicht, bis 18 Uhr UTC fielen dabei
innerhalb von 6 Stunden 5,0 mm Regen. In Belmullet stieg die Temperatur nur auf
15,4°C, wobei im selben Zeitraum 6,0 mm Niederschlag registriert wurden.
Am 12.07. befand sich das Tief ULRICH mit
einem Kerndruck von 1000 hPa über dem Nordostatlantik zwischen Schottland und
Island. Dabei erstreckte sich eine Okklusionsfront nach Südwesten über den
Atlantik. Eine weitere führte vom Süden Islands über die Nordsee bis zur
Deutschen Bucht. Eine dritte Okklusion verlief nach Süden über den Osten Irlands
und führte von dort weiter nach Südwesten, wo sie mit dem neu entstandenen Tief
VLADIMIR über dem zentralen Nordatlantik verbunden war. Auf dem Aonach Mor, dem
höchsten Gipfel der Schottischen Highlands, wurde um 01 Uhr UTC die stärkste
Böe des Tages mit 96,4 km/h verzeichnet, der Mittelwind entsprach bei bis zu
61,2 km/h in der Nacht der Stärke 7 auf der Beaufortskala. Die höchsten
Niederschlagsmengen des Tages in England wurden in Pershaw in der Grafschaft
Worcestershire mit 18,6 mm in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC verzeichnet. Im Raum
London wurden verbreitet 3 bis 5 mm gemeldet. In Schottland blieb es an der
Ostküste im Lee der Highlands sogar trocken, während an der Station Tulloch
Bridge in der Nähe von Loch Ness 3,0 mm gemeldet wurden. In Aultbea an der
Küste zum Nordatlantik waren es sogar 6,6 mm im gleichen Zeitraum. Im Laufe des
Tages griffen die Fronten auf Deutschland über, im Süden wurden zunächst jedoch
noch recht hohe Temperaturen registriert. In Regensburg wurden 31°C gemeldet,
in Wien sogar 32°C. Dagegen lagen die Höchstwerte im Westen Deutschlands unter
den Wolken deutlich niedriger, wie beispielsweise in Dortmund mit 18°C. In
Berlin stiegen die Temperaturen immerhin auf 25°C, bevor nachmittags eine
Kaltfront Regen brachte. Die Regenmengen in Berlin lagen zwischen 0,7 mm in
Tegel und 4,6 mm in Schönefeld im Zeitraum von 12 Stunden bis 06 Uhr UTC des
Folgetages. Deutlich mehr regnete es in Niedersachsen, wo z.B. in Dornum aufgrund
von kräftigen Schauern im selben Zeitraum 47 mm registriert wurden.
Am 13.07. hatte sich der Kern von Tief
ULRICH im Vergleich zum Vortag nicht wesentlich verlagert. Der Druck im Kern
hatte sich etwa um 5 hPa erhöht. Die Okklusionsfront erstreckte sich vom Kern
in Richtung Südosten über die Nordsee bis nach Dänemark, wo sie weiterhin mit der
Warmfront des Tiefs VLADIMIR verbunden war. In Dalatangi in Island wurden an
dem Tag 17,4 mm Niederschlag durch die Okklusion registriert, der höchste
Mittelwind entsprach dabei der Windstärke 4. In der Hauptstadt Reykjavik fielen
nur 10,3 mm und der höchste Mittelwind entsprach der Windstärke 3.
Am 14.07. befand sich das Tief ULRICH
südlich von Island, seine Okklusionsfront erstreckte sich über das Europäische
Nordmeer nach Osten über die Skanden bis zum Oslofjord. Der Kerndruck lag unverändert
bei 1005 hPa. Die höchste Temperatur im Süden Norwegens wurde an dem Tag mit
24,0°C in Oslo-Blindern verzeichnet, im rund 180 km nördlich gelegenen
Lillehammer war die Höchsttemperatur 16,6°C. In Oslo-Fornebu fielen an dem Tag
innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC 6 mm Regen. In Lillehammer wurden im
selben Zeitraum sogar 22,2 mm gemeldet.
Am 15.07. wurde das Tief ULRICH südwestlich
von Island mit einem weiter abgeschwächten Kerndruck von 1010 hPa analysiert.
Dabei befand sich eine Höhenokklusionsfront über dem Europäischen Nordmeer
zwischen Island und Norwegen. Im Gebiet der südlichen Skanden wurden verbreitet
größere Niederschlagsmengen registriert. Spitzenreiter war die Wetterstation
auf dem Fokstuhøe im Dovre-Nationalpark mit 23 mm in 24 Stunden ab 00 Uhr UTC.
Im selben Zeitraum fielen in Tingvoll an der Nordmeerküste 16,4 mm und in
Favang in der Provinz Oppland 14,9 mm.
Am 16.07. hatte das Tief ULRICH einen
Kerndruck von 1015 hPa und lag ca. 1000 km südlich von Island. Zugehörige
Fronten konnten nicht festgestellt werden. Auf der Bohrinsel Gullfaks C, der
größten Bohrinsel Norwegens, die in der Nordsee zwischen Norwegen und
Großbritannien stationiert ist, war der Einfluss des Tiefs ULRICH kaum zu
bemerken. Bei teils wolkenlosem Himmel war es fast windstill. Ähnlich
freundlich wurde es in Fungloy auf den Färöer-Inseln, wo bis 06 Uhr UTC noch
Niederschlag, teilweise als Eiskörner, fiel. Im weiteren Verlauf des Tages war
es jedoch wieder heiter bis wolkig.
Am 17.07. bestand das Tief ULRICH südlich
von Island als Randwelle von Tief XAVER, welches sich über Irland befand und im
Laufe des Tages den Wirbel ULRICH in seine Zirkulation aufnahm. Daher konnte
das Tief ULRICH am Folgetag nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte
analysiert werden.
Geschrieben am 25.08.2015 von Sebastian
Kugel
Berliner Wetterkarte: 13.07.2015
Pate: Sylvia Unterkofler