Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ULRICH

(getauft am 21.09.2017)

 

Im Laufe des 20.09.2017 entstand auf der Vorderseite eines Höhenwirbels mit Lage über Italien ein neues Tiefdruckgebiet im Bodenniveau. Dieses verlagerte sich zunächst bis zum 21.09. über das östliche Mittelmeer und Griechenland bis über Rumänien am Rande der Karpaten und wurde noch am selben Tag auf den Namen ULRICH getauft.

Um 00 Uhr UTC, d.h. 01 Uhr MEZ, wies das Tief ULRICH einen wenig unter 1010 hPa liegenden Kerndruck auf, sowie ein Frontensystem, welches sowohl aus einer Warmfront als auch aus einer Kaltfront bestand. Die Warmfront verlief in nördlicher Richtung vom Kerngebiet aus über Kiew in Richtung Wolgograd, wo sie in die Kaltfront eines außerhalb des Analysebereiches der Berliner Wetterkarte befindlichen Tiefs überging. Die Kaltfront führte hingegen südwärts über Bukarest, zwischen Istanbul und Athen entlang über Kreta bis an die libysche Küste bei Taucheira. Diese Lage führte in Rumänien zu einer temperaturbedingten Spaltung des Landes. Während westlich des Frontensystems im Kaltluftbereich, wie zum Beispiel in Deva, auch bekannt als Schlossberg, im Laufe des Tages Spitzenwerte der Temperatur von gerade einmal 15,4°C gemessen wurden, konnten in Konstanza am Schwarzen Meer im Warmluftsektor Werte von bis zu 23,5°C registriert werden. Im ukrainischen Shepetivka kam es zu anhaltenden Gewittern, die am Nachmittag einsetzten und bis in die Nacht andauerten. Dabei fielen innerhalb von 24 Stunden bis 18 Uhr UTC 15 l/m².

Sich nach Osten verlagernd hatte am Folgetag, dem 22.09.2017, der Wirbel ULRICH mit seinem Kern das östliche Schwarze Meer erreicht. Bei unverändertem Kerndruck erstreckten sich die Fronten weiterhin in einer Nord-Süd-Ausrichtung. Die Warmfront im Norden erstreckte sich über Kiew, westlich von Minsk und Wilna bis zur lettischen Ostseeküste bei Kolka. Die Kaltfront reichte südwärts in Richtung Zypern vorbei an Eskisehir und Ankara sowie Antalya. Wie schon tags zuvor bescherte das Tief ULRICH entlang seines Frontensystems unstetes Wetter mit teilweise kräftigen Gewittern. Während im Norden in Minsk nach Einsetzen der Gewitter gegen Mitternacht Niederschläge in Summe von nur 2 l/m² gemessen wurden, stiegen je weiter man im Süden in Richtung des Schwarzen Meeres kam, die Niederschlagsmengen deutlich an. Die Stationen im ukrainischen Riwne und Chmelnyzkyj meldeten 12-stündige Regenmengen bei anhaltenden Niederschlägen und Gewittern bis 18 Uhr UTC von 19 bzw. 37 l/m². Ähnliches wurde auch im Bereich der Kaltfront beobachtet. Die Station des Istanbuler Flughafens Sabiha Gokcen verzeichnete Gewitter über einen Zeitraum von fast 27 Stunden seit dem 18 Uhr UTC-Termin des Vortages, wobei für den Vortag Niederschlagssummen von 6,9 l/m² und für den 22.09. von 5,1 l/m² gemessen wurden. Weiter östlich gab es auch in der Türkei nochmals einen deutlichen Anstieg der Niederschlagsmengen. In Giresun wurden in den jeweiligen 12 Stunden Hauptmessintervallen zwischen 06 und 18 Uhr UTC sowie 18 und 06 Uhr UTC des folgenden Tages zunächst 21 l/m² und im zweiten Intervall nochmals 25 l/m² registriert.

Die Zyklone ULRICH verlagerte sich folgend retrograd, das bedeutet entgegen der üblichen Westströmung, in nordwestlicher Richtung, sodass sich ihr Kern am 23.09.2017 zwischen Lwiw und den Karpaten befand. Innerhalb des vorangegangenen Tages hatte sich der Kerndruck nochmals leicht abgeschwächt und betrug nunmehr noch knapp unter 1015 hPa. Die Warmfront der Zyklone verlief dabei in einem Bogen vorbei an Warschau in nördlicher Richtung, entlang der Ostküste der Danziger Bucht über Gotland, das Åland-Archipel bis zum finnisch-russischen Grenzgebiet bei Kuhmo. Die Kaltfront beschrieb hingegen einen zunächst nach Norden gen Kiew führenden Bogen, der bei Melitopol in die Warmfront eines ungetauften Tiefs über der Türkei bei Trabzon überging. Das zum Tiefdruckgebiet ULRICH gehörende Niederschlagsfeld konzentrierte sich auf die Region um das Dreiländereck zwischen Polen, Tschechien und der Slowakei. Die Spitzenwerte wurden dabei für Polen in Bielsko-Biala und Jelenia Góra mit 20,2 l/m² und 19,7 l/m² jeweils innerhalb von 24 Stunden bis zum 06 Uhr UTC-Termin des folgenden Tages gemessen. In Tschechien sah die Lage ähnlich aus. Auf dem Lysá hora mit einer Höhe von 1324 m fielen innerhalb von 12 Stunden verstärkt durch Aufgleiterscheinungen bis 18 Uhr UTC 34 l/m². Im slowakischen Presov wurden rund 27 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis zum 18 Uhr UTC-Termin des 23.09. erfasst.

Während sich das Tief ULRICH bis zum 24.09.2017 in Richtung Südpolen bis zu dem östlich von Krakau gelegenen Rzeszów verlagerte, hatte sich ein zweiter Kern bei Odessa gebildet. Die Warmfront ausgehend vom ursprünglichen Kern beschrieb einen nordwärts gerichteten Bogen, wodurch die Front über Berlin, Stettin, Rügen und Kopenhagen bis nach Südschweden führte. Von diesem Kern verlief zudem eine Kaltfront des Tiefs ULRICH von Rzeszów aus ostwärts und verband sich an den Ausläufern der äußeren Ostkarpaten mit der Warmfront des zweiten Kerns. Dieser wiederum war mittels einer Okklusionsfront, d.h. einer Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, mit dem außerhalb des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte liegenden, ungetauften Tiefdruckgebietes. Dies führte vornehmlich zu Niederschlagsereignissen im östlichen Deutschland sowie dem westlichen Polen. Im polnischen Krakau fielen so nochmals innerhalb von 6 Stunden bis 00 Uhr UTC 19 l/m². In Hoyerswerda wurde der deutsche Spitzenwert bei fast ganztägigem Regen und Sprühregen erreicht, die Niederschläge akkumulierten sich zu 14,3 l/m².

Der 25.09.2017 war schließlich der letzte Tag an dem das Tiefdruckgebiet ULRICH auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte. Um 00 Uhr UTC wurde es zwischen Prag und Katowice verzeichnet. Wie am vorherigen Tag betrug sein Kerndruck wenig unter 1020 hPa. Da sein Auflösungsprozess fast vollständig abgeschlossen war, wies das Tief ULRICH zu diesem Zeitpunkt keine Fronten mehr auf.


 

Geschrieben am 05.12.2017 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte: 23.09.2017

Pate: Ulrich Gehrmann