Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ULRIKE

(getauft am 14.04.2020)

 

Im Laufe des 14.04.2020 entwickelte sich über Skandinavien entlang des Frontensystems eines östlich von Grönland liegenden Tiefs ein neuer Tiefdruckwirbel, der anhand der Prognosekarte für 12 Uhr UTC des darauffolgenden Tages auf den Namen ULRIKE getauft wurde. Entgegen der Prognose, welches das Zentrum bei Åre, mittig zwischen Östersund und Trondheim vorhersagte, konnte der Kern des Wirbels bereits um 00 Uhr UTC mit einem Druck von knapp 995 hPa nordwestlich von Luleå im Norden Schwedens analysiert werden. Vom Zentrum aus erstreckte sich zu diesem Zeitpunkt eine Okklusionsfront in südlicher Richtung bis zu ihrem Okklusionspunkt nahe Sundsvall. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss einer Warmfront mit der ihr nachfolgenden Kaltfront hervorgeht und häufig durch ergiebige Niederschläge gekennzeichnet ist. Die Stelle, an der Warm- als auch Kaltfront ineinander übergehen wird dabei als Okklusionspunkt bezeichnet. Von jenem Okklusionspunkt nahe der Küstenstadt Sundsvall reichte eine Warmfront weiter über Stockholm und Malmö bis nach Kiel und die ihr nacheilende Kaltfront über Oslo bis nach Bergen, wo sie in die Warmfront eines unbenannten atlantischen Tiefs überging. Eine weitere Okklusionsfront verband den Kern des Wirbels ULRIKE mit dem Zentrum des über dem Seegebiet zwischen Grönland und Spitzbergen liegenden Tiefdrucksystems, aus dem er hervorgegangen war. Aufgleitvorgänge entlang der Frontensysteme sowie im Kernbereich des Wirbels führten zur Entwicklung dichter Wolkenfelder mit teils ergiebigen Niederschlägen. Während Norwegen weitgehend im Einflussbereich des Nordmeerwirbels bei Grönland verblieb, der kontinuierlich feuchte Luftmassen an dessen Küsten führte, wurde Tief ULRIKE für den nördlichen und zentralen Ostseeraum wetterbestimmend. Innerhalb von 24 Stunden brachten seine Regenbänder, die im Tagesverlauf zunehmend in Schnee übergingen, in Junsele 6,3 mm, bei Järnäsklubb 9,8 mm, und an der, nahe der norwegischen Grenze, gelegenen Station Storlien-Storvallen 10,8 mm. Von Schweden aus verlagerten sich die Niederschläge anschließend über Finnland und die Ostsee auch in Richtung des Baltikums. Mit Annäherung an die Ostsee konnte das Tief zusätzlich an Feuchtigkeit gewinnen wodurch die Niederschläge zwischenzeitlich noch zusätzlich an Intensität gewannen. Am ergiebigsten gestalteten sie sich im Bereich des Finnischen Meerbusens. Verbreitet konnten durch Regen- oder Schneeschauer über 10 mm binnen 24 Stunden registriert werden: Aus Tallinn wurden 12,8 mm, aus Helsinki 13,6 mm und aus Tapiola 15,6 mm gemeldet. Über dem Westen Russlands verlor das Niederschlagsfeld jedoch rasch an Stärke und löste sich auf seinem Weg nach Osten weitgehend auf. In Deutschland machte sich der Tiefdruckwirbel ULRIKE nur am Rande bemerkbar. Seine nach Südosten voranschreitende Warmfront führte teils dichte Wolkenfelder in den Nordosten des Landes, Niederschläge brachten diese jedoch nicht. Die übrigen Regionen Deutschlands waren dagegen durch hohen Luftdruck geprägt. Von hohen Schleierwolken abgesehen und einer Tageshöchsttemperatur um 18°C schien die Sonne dort, wie in Köln oder München, zumeist zwischen 11 und 13 Stunden. Im Nordosten gestaltete sich der Wettercharakter trotz der teils kompakten Wolken dennoch nicht unfreundlich: Bei Temperaturen um 15°C schien die Sonne zwischen 6,3 Sonnenstunden in Greifswald und 9,5 Stunden bei Frankfurt (Oder).

Gegen 00 Uhr UTC des 16.04. befand sich das Zentrum des Tiefs ULRIKE mit einem auf unter 990 hPa gefallen Kerndruck über Åland, mittig zwischen Stockholm und Helsinki. Eine Warmfront reichte über Tallinn und Riga bis nach Minsk und von da, den Charakter einer Okklusionsfront annehmend, in nordöstlicher Richtung weiter bis nach Moskau. Ihr folgte eine Kaltfront, die sich von Åland in einem Bogen entlang der Ostsee über Malmö und Edinburgh in westlicher Richtung auf den Atlantik hinaus erstreckte. Südlich von Island nahm diese den Charakter einer Warmfront an. Vom Kern des Tiefs reichte des Weiteren eine Okklusionsfront nach Norden, die sich über Norwegen mit der Okklusionsfront des nunmehr zwischen Grönland und Spitzbergen liegenden unbenannten Wirbels verband. Über der Ostsee angelangt konnte das Tief und mit ihm dessen Niederschläge erneut an Feuchtigkeit und somit an Intensität gewinnen. Es begann von seiner zuvor südlichen Zugbahn nach Osten abzudrehen und verlagerte sich im Tagesverlauf über das nördliche Baltikum nach Westrussland. Sein zugehöriges Niederschlagsfeld konzentrierte sich dabei im Wesentlichen auf den Bereich entlang seines Zentrums. Während beispielsweise in Tallinn ein 24-stündiger Niederschlag von 8,1 mm, in Tilrikoja von 12,8 mm und in Kunda von bis zu 18,0 mm gemeldet wurde, waren in Lettland als auch im äußersten Süden Finnlands allenfalls lokal über 4 mm gefallen. Zumeist wurden unter einem Millimeter registriert. In Litauen blieb es trotz des nördlich vorbeiziehenden Wirbels bei wechselnder Bewölkung fast gänzlich niederschlagsfrei. Nach Abzug aus dem Baltikum weiteten sich die Niederschläge auf den gesamten Westen Russlands aus, verloren dabei aber kontinuierlich an Intensität. Der teils schauerartig verstärkte Regen führte in Toropez 16,0 mm, bei Cholm 15,4 mm und in Moskau 5,6 mm mit sich. In Deutschland kündigte sich in den Abendstunden die von Norden aufziehende, jedoch nur schwach ausgeprägte Kaltfront des Tiefs ULRIKE an. Ähnlich wie zuvor die Warmfront machte auch sie sich im Wesentlichen nur im äußersten Norden durch dichte Wolken ohne jegliche Niederschläge bemerkbar. Die übrigen Regionen waren im Einflussbereich des sich nach Südosteuropa verlagernden Hochs NIKOLAS verblieben. Bei Tageshöchstwerten, die in Süddeutschland vielerorts die 20°C-Marke deutlich überschritten, wurden dort erneut bis zu 13 Sonnenstunden registriert. Während beispielsweise in Nürnberg bei einer Sonnenscheindauer von 12,9 Stunden ein Tageshöchstwert von 23,1°C erreicht wurde, konnten in Greifswald bei gerade einmal 4,5 Stunden Sonnenschein maximal 13,4°C gemessen werden. In Rostock-Warnemünde vermochte das Quecksilber nicht über 11,2°C zu steigen, dagegen wurde es in Geilenkirchen mit bis zu 25,9°C gar sommerlich warm.

Am Tageswechsel zum 17.04. befand sich das Tief ULRIKE bereits östlich von Moskau, direkt südlich des mit seinem Zentrum bei Archangelsk liegenden Wirbels TANJA. Sein Kerndruck war bei knapp 990 hPa verblieben. Teile der Warmfront des Tiefs ULRIKE waren von der ihr folgenden Kaltfront eingeholt worden. Die daraus resultierende Okklusionsfront reichte vom Zentrum in südöstlicher Richtung bis zu ihrem Okklusionspunkt nahe Saratow. Von dort zog sich die Warmfront weiter über Wolgograd in Richtung Kaukasus und die Kaltfront in einen weiten Bogen über die südliche Ukraine, Prag und Köln bis nach Boston. Über Deutschland machte sich die weiter nach Süden voranschreitende Kaltfront kaum bemerkbar. Bis auf lokale Ausnahmen wurden landesweit zwischen 10 und 13 Sonnenstunden registriert. Lediglich die hinter ihr einfließende kühle Meeresluft subpolaren Ursprungs machte sich im Temperaturgefälle bemerkbar: Direkt an den Küsten stieg der Tageshöchstwert selten über 10°C, etwas weiter im Inland wurden zumeist um 15°C und in der Mitte des Landes knapp 18°C gemessen. Ganz im Süden wurden weiter Tageshöchstwerte um oder über 22°C erreicht, in Regensburg waren es gar bis zu 26,3°C. In den höheren Luftschichten gelangten an der Westflanke des Wirbels ULRIKE im Zusammenspiel mit dem nördlich von ihr liegendem Tief TANJA arktische Luftmassen über Skandinavien und das Baltikum nach Westrussland, die dort die Ausbildung von teils auch gewittrigen, wenn auch im Verlauf an Intensität abnehmenden Schauern begünstigte. In Moskau brachten Regen- und Schneeregenschauer binnen 24 Stunden 3,0 mm, in Kirov anhaltender Regen 5,0 mm und Regenschauer in Samara 10,0 mm. Aus einigen Regionen, wie in Gagarin oder Tula, wurden auch Hagelschauer gemeldet. Unterhalb der in der Höhe einfließenden Kaltluft verblieben die Tageshöchstwerte im Westen Russlands flächendeckend bei Werten, die nur vereinzelt 8°C überschritten: In Tallinn, Helsinki und Moskau war ein Höchstwert von jeweils knapp 7°C, in St. Petersburg von 6,3°C und in Samara von maximal 8,8°C gemessen worden, in Nordrussland waren es kaum 2°C. Im Gegensatz dazu betrug der Tageshöchstwert im südwestlich von Samara gelegenem Wolgograd, das an jenem Tag in den zwischen Warm- und Kaltfront aufgespannten Warmluftsektor gelangte, 16,7°C. Tages zuvor stieg auch dort das Quecksilber nur auf maximal 9,7°C.

Unterhalb des stationär bei Archangelsk verbliebenen Tiefs TANJA war der Wirbel ULRIKE weiter nach Nordosten gezogen und befand sich gegen 00 Uhr UTC des 18.04. mit einem auf knapp 995 hPa leicht angestiegenem Kerndruck westlich von Perm. Eine Okklusionsfront erstreckte sich von seinem Zentrum in einem Bogen nach Kasachstan und weiter, den Charakter einer Kaltfront annehmend, Richtung Westen. Nahe Wolgograd verband sie sich anschließend mit dem Frontensystem eines unbenannten Tiefs mit Zentrum über Ungarn. Über den Weiten Russlands verloren die dem Tief TANJA zuzuordnenden Niederschläge im Tagesverlauf zunehmend an Intensität und begannen sich allmählich aufzulösen. Regenschauer brachten zuvor in Samary noch 3,5 mm, Regen- und Schneeregenschauer in Perm 4,0 mm und teils gewittrige Schauer in Werchoturje noch bis zu 6,0 mm mit sich. Deutschland blieb dagegen weiter zweigeteilt: Während sich in der Nordhälfte leichter Zwischenhocheinfluss durchsetzen konnte, wirkten sich in der Mitte und im Süden die Ausläufer eines Atlantiktiefs mit Zentrum über der Keltischen See aus, die zusammen mit dem Tief über Ungarn eine quer über Mitteleuropa reichende Tiefdruckrinne bildeten. Dieses sich von der keltischen See zügig nach Deutschland verlagernde Tief führte dichte Wolken sowie teils ergiebige Niederschläge in die Mittelgebirge und an die Alpen. Im Norden Deutschlands stellte sich hingegen ein überaus sonniger sowie weiterhin trockener Wettercharakter ein. Gleichzeitig hielt zwischen dem Tiefdruckkomplex ULRIKE-TANJA und dem Nordmeerhoch ODILO die Zufuhr kühler Luftmassen subpolaren Ursprungs an, wodurch der Tageshöchstwert am Leuchtturm von Kiel trotz bis zu 13,8 Stunden Sonnenschein auf maximal 10,3°C stieg. Abseits der Küsten erwärmte sich die Luft zumeist auf Werte zwischen 14 und 16°C. In Cottbus und Düsseldorf betrug die Höchsttemperatur dagegen bereits 19,0°C, während in Geisenheim oder in der Innenstadt von München trotz teils dichter Bewölkung und einsetzendem Regen 24,9°C beziehungsweise 25,2°C gemessen werden konnten. Anhaltender Regen brachte innerhalb von 24 Stunden in Eisenach 5,5 mm, bei Carlsfeld 12,0 mm und auf dem Kahlen Asten bis zu 27,2 mm. Auch hier wurden trotz Regens Tageshöchstwerte zwischen 17,7°C in Carlsfeld und 19,7°C in Eisenach gemessen.

Zunehmend an Stärke verlierend drehte das Tief ULRIKE an der Ostflanke des sich auflösenden, ihn zuvor steuernden Wirbels TANJA nach Norden ab. Sein Zentrum befand sich um 00 Uhr UTC des 19.04. mit einem um 10 hPa gestiegenen Kerndruck über dem Nordural, südlich von Workuta. Eine im Verlauf Kaltfrontcharakter annehmende, jedoch nur noch geringfügig wetteraktive Okklusionsfront zog sich vom Kern in einem weiten Bogen nach Süden und ging über Kasachstan in die Warmfront eines Tiefs nördlich des Kaukasus über. Zwar hielten im Einflussbereich des Tiefs TANJA die Niederschläge zunächst noch an, brachten aber bis auf lokale Ausnahmen kaum noch nennenswerte Niederschlagsmengen mit sich: Während in Perm nur vereinzelte Tropfen fielen und es in Workuta gänzlich trocken blieb, führten Schauer bei Urengoi 8,0 mm und in Nojabrsk 11,0 mm mit sich. Seinen Einfluss auf Mitteleuropa hatte der Tiefdruckkomplex ULRIKE-TANJA derweil verloren. Für den Norden Deutschlands war bereits am Vortag das sich nach Norwegen verlagernde Hoch ODILO und für die Mitte und den Süden des Landes das sich von der Keltischen See über die Mittelgebirge hinweg ziehende unbenannte Atlantiktief Wetterbestimmend geworden. Dieses zog im Laufe des 19.04. rasch nach Südosteuropa ab, sodass sich nach letzten morgendlichen Niederschlägen auch dort ein freundlicher Wettercharakter einstellte. Lediglich direkt am Alpenrand hielten sich bis in den Abend noch teils dichte Wolkenfelder. Nennenswerte Niederschläge brachten diese jedoch keine. In der von hohem Luftdruck dominierten Nordhälfte blieb es dagegen fast gänzlich wolkenlos. In Berlin-Dahlem wurde 13,4 und am Kap Arkona bis zu 14,0 Sonnenstunden registriert, auf der von Wolken umschlossenen Zugspitze kam die Sonne dagegen nur 120 Minuten zum Vorschein. Die Zufuhr subpolarer Luftmassen in den Nordosten hielt zunächst noch weiter an, sodass auch in Berlin-Dahlem nur noch ein Tageshöchstwert von 13,7°C und in Cottbus von 14,9°C gemessen werden konnte, wohingegen die Temperatur aufgrund der blockierenden Wirkung des nach Südosteuropa abziehenden unbenannten Tiefs als auch des ausgeprägten Mittelmeerwirbels VERA die Temperatur in Düsseldorf erneut auf 19,1°C und in München auf 21,2°C steigen konnte.

Sich weiter abschwächend und zunehmend auflösend war das Tiefdruckgebiet ULRIKE zum 20.04. vom Nordural über Nowaja Semlja auf die nördliche Barentssee hinausgezogen. Mit einem Druck von knapp 1000 hPa befand sich sein Zentrum gegen 00 Uhr UTC mittig zwischen der Nordinsel Nowaja Semljas und dem Franz-Josef-Land, einer Inselgruppe am Rande des Nordpolarmeeres, und damit am äußersten Rand des von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereichs. Diesen verließ es auf seiner nördlichen Zugbahn alsbald, sodass Tief ULRIKE nachfolgend nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte. Letzte, dem Tief noch direkt zuzuordnende Niederschläge konnten über Nowaja Semljas, dem Franz-Josef-Lands als auch über dem äußerten Norden Russlands in der Region um Workuta beobachtet werden. Sie waren in leichten Schneefall übergegangen, brachten jedoch keine größeren Niederschlagsmengen mehr mit sich. In Workuta wurden innerhalb von 24 Stunden noch 0,7 mm und an der Station Vajda-Guba im Süden Nowaja Semljas 0,3 mm gemessen.