Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet UTA
(getauft
am 12.02.2020)
Mitte
Februar 2020 entwickelte sich über dem Westatlantik ein neuer, eigenständiger
Tiefdruckwirbel, der anhand der Prognosekarte für 12 Uhr UTC des 12.02.2020 auf
den Namen UTA getauft wurde. Dieser Wirbel hatte sich bereits in der Nacht zum
12.02. vor der Ostküste Amerikas entlang der sich wellenförmig deformierenden
Front des von Island liegenden Tiefs TOMRIS entwickeln können. Er befand sich
gegen 0 Uhr UTC zunächst noch ohne Namen und mit einem Kerndruck von etwa 1000
hPa unweit von Boston. Zu diesem Zeitpunkt ging von seinem Zentrum sowohl eine
Warm- als auch eine Kaltfront aus: Die Warmfront zog sich über den Atlantik
nach Osten und verband sich über diesem mit dem Frontensystem des Tiefs TOMRIS,
während die Kaltfront über den Norden der Vereinigten Staaten nach Westen
reichte. Aufgleitvorgänge im Kernbereich des sich unterhalb einer starken
westlichen Höhenströmung nach Osten verlagernden Wirbels UTA hatten die
Ausprägung eines markanten Niederschlagsfeldes zur Folge, welches die
Küstenregionen Neuenglands und Neufundlands jedoch nur noch streifte. In der
kanadischen Ortschaft La Scie (Neufundland) waren so
innerhalb von 24 Stunden 2,9 mm, in Port Hawkesbury
(Nova Scotia) 3,2 mm und im ebenfalls in Nova Scotia liegenden Parrsboro 6,6 mm registriert worden, in Boston und Portland
(Maine) waren dagegen nur vereinzelte Tropfen gefallen.
Gegen
0 Uhr UTC des 13.02. befand sich der sich zu einem Orkantief verstärkende
Tiefdruckwirbel UTA mit einem auf unter 965 hPa gefallenen Kerndruck südlich
von Grönland und östlich von Neufundland. Vom Zentrum aus erstreckte sich
eine Warmfront, die sich im weiteren Verlauf erneut mit dem Frontensystem des
Richtung Irland gezogenen Tief TOMIS verband, über den Atlantik nach Südosten, und eine
Kaltfront nach Westen, die ebenfalls in das Frontensystem eines noch
unbenannten Tiefs mit Zentrum über Kentucky überging. Des Weiteren erstreckte
sich eine kleinskalige, lediglich in der Höhe analysierbare Okklusionsfront vom
Kern nach Westen. Der Tiefdruckwirbel UTA drehte im Tagesverlauf von seiner
zuvor östlichen Zugbahn zunehmend nach Norden ab und
überschritt den Nordatlantik mit Ziel Island
Bis
zum 14.02. war das Zentrum des sich beständig weiter verstärkenden atlantischen
Orkanwirbels UTA vor der Atlantikinsel angelangt. Er befand sich gegen 0 Uhr
UTC mit einem Kerndruck, der in den vergangenen 24 Stunden auf unter 940 hPa
gefallen war, in etwa 750 km südwestlich von Island. Teile seiner Warmfront
waren in der Zwischenzeit von der ihr nacheilenden Kaltfront eingeholt und vom
Boden abgehoben worden, wodurch sich entlang derer eine Okklusionsfront
ausbilden konnte, die Eigenschaften beider Frontensysteme in sich vereinte.
Diese Okklusionsfront reichte östlich des Kerns beginnend in einer Spirale um
das Zentrum herum bis zu ihrem Okklusionspunkt westlich vor Irland. Vom
Okklusionspunkt, der Stelle, an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehend,
zog sich die Warmfront in südlicher Richtung weiter über die Biskaya bis an die
Nordwestspitze Spaniens und die ihr folgende Kaltfront in einem Bogen über den
Atlantik nach Südwesten. Diese verband sich im weiteren Verlauf mit der
Warmfront des von Kentucky in das Seegebiet südlich von Neufundland gezogenen,
tags zuvor noch unbenannten Tiefs VICTORIA. Die regenreichen Ausläufer des
Wirbels UTA hatten in den Morgenstunden sowohl Island als auch die Küsten
Irlands erreicht und überquerten im Laufe des Tages die Britischen Inseln
Richtung Norwegen. Bis 6 Uhr UTC des nächsten Morgens wurden durch diese
Ausläufer binnen 24 Stunden im irischen Mullingar
11,0 mm, bei Glasgow 11,8 mm und in Plymouth 16,0 mm Niederschlag registriert.
Besonders intensiv gestalteten sich die Niederschläge jedoch im Kernbereich des
Wirbels über Island: Im selben Zeitraum waren dort in der Gemeinde Bolungarvík 32,0 mm, an der Station am Hveravellir
34,8 mm und auf der Insel Vestmannaeyjar 42,6 mm
gefallen. Im Bereich des Zentrums, besonders aber über der zwischen Grönland
und Island gelegenen Dänemarkstraße, waren die schauerartig verstärkten Schnee-
und Regenfälle von einem starken Wind begleitet. Die Anemometer westlich der
Dänemarkstraße registrierten an der Station Ikermiuarsuk
126,0 km/h, am Flughafen von Kulusuk 148,3 km/h und
am Prins Christianssund bis
zu 159,4 km/h; auf Island wurden in Vatnsskarð Eystra 180 km/h oder auf dem Skálafell
209 km/h erreicht. Selbst im entfernten Schottland konnte der Wind, wenn auch
nur in besonders exponierten Lagen, noch Orkanstärke erreichen: So wurden auf
dem Cairnwell Böen von 126,0 km/h, auf dem Cairngorm 137,1 km/h und auf dem Aonach
Mòr 157,5 km/h gemessen. In der Nacht zum 15.02.
hatten die Ausläufer die Nordsee überquert und die Küste Norwegens erreicht.
Innerhalb von 12 Stunden waren dort durch teils schauerartig verstärkten Regen
bei Bergen 9,7 mm, in Fossmark 13,8 mm und in Takle
bis zu 17,7 mm gefallen.
Im
Laufe des 14.02. hatte der Orkanwirbel den Höhepunkt seiner rasanten
Entwicklung überschritten. Am nördlichen Rand des ihm folgenden und sich ebenso
rasch zu einem Orkantief verstärkenden Tiefs VICTORIA befand sich das Zentrum
des Tiefdruckwirbels UTA gegen 0 Uhr UTC des 15.02. mit drei eigenständigen
Kernen über dem Seegebiet zwischen Südgrönland und Island. Vom ersten Kern, der
sich mit einem Druck von knapp 935 hPa südlich vom Prins
Christianssund befand, erstreckte sich eine
Okklusionsfront zum zweiten, mit knapp 945 hPa westlich von Reykjavík liegenden
Kern. Dieser war ebenfalls durch eine Okklusionsfront mit dem dritten Kern über
Ostisland verbunden. Von jenem dritten Kern, dessen Druck zu diesem Zeitpunkt etwa
965 hPa betrug, zog sich eine weitere Okklusionsfront in einem Bogen über das
Nordmeer bis zu ihrem Okklusionspunkt vor der Spitze Südnorwegens. Vom
Okklusionspunkt reichte eine Warmfront in südlicher Richtung bis nach Amsterdam
und eine Kaltfront, die über Großbritannien vorübergehend den Charakter einer
Warmfront annahm, in südwestlicher Richtung auf den Atlantik hinaus. Das Tief
verlor im Verhältnis zum dem ihr folgenden und sich zügig annähernden Wirbels
VICTORIA zunehmend an Intensität und hatte sich bereits in der ersten
Tageshälfte soweit abgeschwächt, dass das Tief UTA nachfolgend nicht mehr als
eigenständiges Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte analysiert und somit
auch nicht mehr namentlich auf ihr verzeichnet werden konnte. Seine Reste wurden
bis 18 Uhr UTC in die Zirkulation des Orkantiefs VICTORIA aufgenommen, dessen
weitreichende Ausläufer nachfolgend sowohl für Island als auch für die
Britischen Inseln, Norwegen und Mitteleuropa wetterbestimmend wurden. Letzte
dem einstigen Orkantief UTA zuzuordnende Niederschläge konzentrierten sich mit
ihren höheren Intensitäten noch auf den Nordwesten Norwegens und führten
innerhalb von 12 Stunden am Laksfors, dem wasserreichsten
Wasserfall Europas, 9,0 mm, in Skamdal 12,0 mm und im
nahe gelegenem Seljelia noch bis zu 15,0 mm mit sich.