Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
UTTO
(getauft
am 26.02.2013)
Ende Februar zeigte das wetterbestimmende 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von
ca. 5,5 km entspricht, eine straffe von Grönland über Nordskandinavien hinweg
bis nach Nordwestrussland verlaufende Strömung. Entlang dieser Strömung
entwickelte sich im Tagesverlauf südlich der Spitze Grönlands ein neues
Tiefdruckgebiet. Dieses wurde am Morgen des 26. Februar in der Prognose für den
Folgetag auf den Namen UTTO getauft.
Am Morgen des 27.02. lag Tief UTTO mit
etwas unter 995 hPa über der norwegischen Insel Jan Mayen. Die Warmfront von Tief
UTTO reichte ausgehend vom Tiefdruckzentrum südostwärts über Mittelskandinavien
hinweg bis nach Südfinnland, wo sie in die Kaltfront eines über dem Nordural gelegenen
Tiefs überging. Die insbesondere auf dem Satellitenbild gut ausgeprägte
Kaltfront des noch jungen Tiefs hingegen erstreckte sich vom Kern südwestwärts
über das Nordmeer und die Färöer-Inseln bis auf den östlicher Nordatlantik
hinaus, bis circa 500 km westlich von Irland. Dazwischen befand sich der
Warmluftsektor, in dem milde Meeresluft bis nach Mittelskandinavien gelangen
konnte. So stieg die Temperatur zum Beispiel im schwedischen Hultsfred, in der Provinz Smaland
bis auf 11,4°C. Selbst in Nordskandinavien machte sich diese Luftmasse mit Temperaturen
von 5 bis 9°C noch bemerkbar. Weiterhin
wies der Wirbel UTTO eine Okklusionsfront auf, die in eine Okklusion bei
Grönland befindenden Tiefs überging. Bei dem Prozess der Okklusion hat die
schnellere hintere Kaltfront die Warmfront eingeholt und es ist eine
Mischfront, die Okklusionsfront, entstanden. Die damit verbundenen
Niederschläge fielen zumeist in fester Form, waren aber von nur leichter
Intensität, sodass sich die Schneedecke nur um wenige Zentimeter erhöhte.
Ergiebiger fielen die Niederschläge im Stau des skandinavischen Gebirges
entlang der mittelnorwegischen Küste aus. Hier sorgte die feuchte Atlantikluft
für zwölfstündige Regenmengen von durchschnittlich bis zu 15 mm bis zum Abend,
so wie beispielsweise in Tromsö mit 14 mm.
Im weiteren Verlauf bis zum nächsten Tag hatte sich die Zyklone in zwei Kerne
aufgespalten. Das Zentrum UTTO I befand sich etwa zwischen der Bäreninsel
und den Lofoten, mit unverändertem Luftdruck von leicht unter 995 hPa. Zyklonal,
also gegen den Uhrzeigersinn gerichtet, wurde um den Kern herum Kaltluft polaren
Ursprungs südwärts geführt, was sich in Form mehrerer Kaltfronten über dem
nördlichen Europäischen Nordmeer bemerkbar machte. Vom Zentrum der Zyklone UTTO
I ausgehend erstreckte sich zum einen eine Okklusionsfront bogenförmig nach
Nordwesten. Eine weitere Okklusion mit Warmfrontcharakter reichte über Lappland
und ging bei Karelien in die Okklusion des Kerns UTTO II über. Am Okklusionspunkt,
im Bereich der Onegabucht, wo sich der Kern von Tief
UTTO II befand, verzweigten sich wieder Warm- und Kaltfront. Während die
Warmfront südwärts über den Moskauer Raum bis nach Weißrussland reichte,
erstreckte sich die Kaltfront vom St. Petersburger Raum bogenförmig über
Südfinnland und Mittelschweden weiter westwärts bis vor die westnorwegische
Küste.
Ganz anders hingegen gestaltete sich der
Wetterverlauf im Bereich des Okklusionspunktes und der Teilzyklone UTTO II,
welche mit 998,4 hPa analysiert wurde. Dieser verlagerte sich im Tagesverlauf
zügig ostwärts entlang der oberen Wolga in Richtung Uralgebirge. Im Bereich der
Zugbahn dieses Kerns kam es in einem einige Hundert Kilometer breiten Streifen
zu mäßigen, teils auch starken Schneefällen. Hier erhöhte sich die ohnehin
schon 40 bis 60 cm mächtige Schneedecke nochmals um durchschnittlich 5 cm.
Weiter nördlich davon, im Nordrussischen Tiefland, strömte hingegen eisige
kontinentale Arktikluft ein, wobei die Höchstwerte
örtlich nicht mal über -20°C hinaus kamen. So meldete zum Beispiel die Station Konjas ein Maximum von lediglich -21°C. Währenddessen
gelangte der Moskauer Raum vorübergehend in den Bereich des Warmsektors, hier
stieg das Thermometer auf bis zu 5°C und in Minsk waren es 6°C.
Bis zum nächsten Tag verlagerte sich Tief UTTO
I unter leichter Verstärkung vom Nordkap über Lappland und Finnland hinweg
süd-südostwärts und war zum Monatswechsel mit Schwerpunkt über den Petersburger
Raum. Dort wurde am 01. März um 00 UTC, was
01 Uhr MEZ entspricht, ein Luftdruck von 988,8 hPa ermittelt. Die zuvor noch über dem Nordmeer analysierten
zwei Kaltfronten hatten sich zu einer vereinigt, die sich bogenförmig über das
Baltikum entlang der Pommerschen und Mecklenburgischen Küste, weiter zur
Nordsee und noch bis nach Schottland erstreckte. Deutschland überquerte sie in den
Früh- und Vormittagsstunden und brachte hauptsächlich dichte Bewölkung aus der
jedoch nur geringer Regen oder Sprühregen fiel. Im Bereich des
Tiefdruckzentrums hingegen kam es aus
der Nacht heraus bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in rascher Abfolge und
auf engem Raum begrenzt zu Schneeregen, Schnee, oder auch Graupelschauern, die
bei St. Petersburg sogar von einem Gewitter begleitet waren.
Der Kern von
Tief UTTO II hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöst. Die Okklusionsfront,
die zuvor noch beide Kerne miteinander verband, hatte wieder Warmfrontcharakter
angenommen. Sie verlief in etwa in einer Linie von St. Petersburg bis zur
Wolgastadt Kasan, um dort in eine Okklusionsfront über zugehen, die weiter
ostwärts bis zum Uralvorland, nahe Perm, verlief. In der Nähe von Kasan
spaltete dich eine Warmfront ab, die südwärts bis etwa Wolgograd reichte. Die
Temperaturunterschiede nördlich und südlich dieser Luftmassengrenze waren
weiterhin beachtlich. In arktischer Luft im Bereich des Nordrussischen Tieflandes
lagen die nächtlichen Minima häufig unter -30°C, zum Beispiel in Archangelsk
mit -32,0°C, bei 54 cm Schneehöhe. Im Warmsektor südlich davon stiegen die
Temperaturen jedoch trotz einer, ebenfalls durchschnittlich einen halben Meter
mächtigen Schneedecke in den leichten Plusbereich. Im Übergangsbereich kam es
zu weiteren Schneefällen, leichter bis mäßiger Intensität.
Am 02.
März hatte sich der kräftige Wirbel UTTO rasch weiter ostwärts von
Karelien zum Oberlauf der Wolga verlagert. So wurde um 00 UTC im Zentrum bei
Kasan ein Luftdruck von 986 hPa gemessen. Die Warmfront verlief in etwas bis
Tscheljabinsk. Die Kaltfront hingegen, die tags zuvor noch Deutschland
überquert hatte, zeichnete sich kaum noch am Boden, sondern meist nur noch in
der Höhe, ab. Auf den Bodenkarten verlief sie ausgehend vom Zentrum in einem
weiten Bogen entlang der kasachisch-russischen
Westgrenze über das Schwarzes Meer, Rumänien und Ungarn bis zu den Ostalpen. Rückseitig des Wirbels
konnte sich die sehr kalte arktische Luft von Nordrussland weiter südwärts
ausbreiten. In Moskau zum Beispiel betrug das Tagesmaximum nur noch -8°C,
nachdem am Vortag noch bis zu +1°C gemessen wurden. Da die advehierte Luftmasse
jedoch recht trocken war, kam es im frontalen Bereich nur zu einzelnen,
schwächeren Schneeschauern. Stärkere Schneefälle beschränkten sich vorwiegend
auf das Gebiet zwischen südlichem Uralgebirge, sowie dem Uralvorland bis zur
mittleren Wolga.
In den folgenden Stunden sollte sich Tief
UTTO weiter nordostwärts über das Uralgebirge weiter über das westsibirische
Tiefland verschieben. Bis zum 03. März hatte sich die Zyklone schließlich weiter
ostwärts verlagert, sodass sie nicht weiter in der Berliner Wetterkarte
analysiert werden konnte.
Geschrieben von Gregor Pittke
Berliner Wetterkarte: 28.02.2013
Pate: Utto Reugels