Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet UWE

(getauft am 06.12.2015)

 

Auf der Rückseite des Tiefs SHIGERU bildete sich am 05.12.2015 unterhalb der Südflanke eines Kaltluftvorstoßes in 5,5 km Höhe, welcher als Trog bezeichnet wird, im Bodenniveau ein neues Tiefdruckgebiet aus. Da dieser Wirbel auch Einfluss auf Mitteleuropa nehmen sollte, wurde er am 06.12. auf den Namen UWE getauft.

Um 01 Uhr MEZ dieses Tages befand sich das Tief UWE mit einem Kerndruck von knapp unter 1010 hPa über dem zentralen Nordatlantik.

Vom Kern des Tiefs UWE führte eine Kaltfront nach Südwesten bis etwa auf Länge der Südspitze Grönlands über den Nordatlantik und eine Warmfront reichte nach Nordosten bis zum Rand des Tiefs SHIGERU über Irland. Die Kaltfront überquerte im Laufe des Tages die Inselgruppe der Azoren, wobei bis 19 Uhr MEZ 12-stündig 4 l/m² in Ponta Delgada, 9 l/m² in Lajes und 11 l/m² Niederschlag an der Station Flores Acores fielen.

Bis 01 Uhr MEZ am 07.12. verlagerte sich das Tief UWE unter rascher Verstärkung nach Nordosten und befand sich zu diesem Zeitpunkt mit ca. 985 hPa etwa 1000 km südwestlich von Irland. Der Druckabfall war dabei so ausgeprägt, dass die Entwicklung des Tiefs UWE als sogenannte Bombogenese bezeichnet wird. Vom Kern erstreckte sich eine Warmfront nach Osten über den Süden der Britischen Inseln bis zur Niederlande, wo sie sich erneut mit der Kaltfront des Tiefs SHIGERU verband. Die Kaltfront führte hingegen bogenförmig nach Südwesten über den Atlantik. Beim Durchzug der Ausläufer konnten auf den Britischen Inseln bis 19 Uhr MEZ innerhalb von 12 Stunden Regensummen von 5 l/m² aus West Freugh in Schottland, 8 l/m² aus dem irischen Belmullet und 13 l/m² aus Eskdalemuir gemeldet werden. Hinzu entwickelte sich auf der Ostseite des Wirbels UWE ein starkes Windfeld, welches sich im Laufe des Tages bis auf Sturm-, im Norden und in höheren Lagen auch bis auf Orkanstärke intensivierte. Die stärksten Windböen wurden dabei auf dem Bealach na Ba mit 137,1 km/h, auf dem Aonach Mór mit 153,8 km/h und auf dem Cairngorm mit bis zu 179,8 km/h registriert. Des Weiteren flossen subtropische Luftmassen über den Britischen Inseln ein, die die zuvor herangeführte Subpolarluft verdrängten und dadurch für Temperaturanstiege um 2 bis 3 Grad sorgten, wobei verbreitet Maxima zwischen 12 und 15°C gemessen wurden.

Der südlichen- bis südwestlichen Höhenströmung folgend, zog das Orkantief UWE weiter nach Norden bis etwa 300 km südlich von Island. Der Druck im Kern vertiefte sich weiter rapide und betrug um 01 Uhr MEZ am 08.12. nur noch 950 hPa. Dadurch verstärkte sich das Windfeld im Bereich des Zentrums nochmals und sorgte nun auch in Island für schwere Orkanböen. Selbst in Großbritannien wurden noch in höheren Lagen Orkanböen registriert, wie 131,6 km/h auf dem Aonach Mór oder 172,3 km/h auf dem Cairngorm. Im Bereich des Tiefdruckzentrums der Zyklone UWE begann sich indes das Frontensystem zu okkludieren. Das bedeutet, dass die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt einholt und diese anhebt. Dabei entsteht mit der Okklusion eine Mischfront mit den Eigenschaften beider Frontenarten. Diese Okklusion ging vom Kern nach Westen aus, führte bogenförmig nördlich um diesen herum über Island und spaltete sich östlich des Inselstaats in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront verlief über das Nordmeer nach Südosten und überquerte dabei Südnorwegen, Dänemark und Ostdeutschland bevor sie über dem Süden Polens in die Kaltfront eines anderen Systems überging. Die Kaltfront erstreckte sich hingegen in Richtung Süden über Großbritannien, die Biskaya und den Nordwesten Spaniens. In Island konnten bis 10 Uhr MEZ innerhalb von 15 Stunden 20 l/m² in Eyrarbakki, 36 l/m² in Akurnes und 50 l/m² in Skjaldthingsstadir gemessen werden. Ansonsten wurden entlang der Fronten 12-stündige Werte von 11 l/m² in Thorshavn auf den Färöer, 18 l/m² an der schottischen Station Tulloch Bridge, 19 l/m² in Shap und 21 l/m² im norwegischen Ualand-Bjuland verzeichnet. In Deutschland fiel der Niederschlag geringer aus und summierte sich meist nur auf wenige Zehntel Liter pro Quadratmeter. Lediglich aus Westmarkelsdorf wurden 1,0 l/m² gemeldet.

Im Bereich des Okklusionspunktes entwickelte sich bis zum Folgetag über dem Nordmeer ein zweiter Tiefdruckkern aus, der im Folgenden als Tief UWE II bezeichnet wurde. Dieses befand sich mit einem Druck von ca. 990 hPa südöstlich von Jan Mayen. Von dort verlief eine Okklusion nach Westen über den Norden Islands, wo sie sich mit der Okklusion des Tiefs UWE I verband, das mit 965 hPa über der Danmarkstraße analysiert wurde. Ebenfalls vom Kern des Tiefs UWE II erstreckten sich eine Warmfront über den Norden Norwegens und Schwedens, Finnland und die Ostsee bis zur polnischen Ostseeküste sowie eine Kaltfront über Südnorwegen, Dänemark, Deutschland und die westliche Schweiz bis zu den Pyrenäen. Mit dem Durchzug der Kaltfront wurden in Deutschland die zuvor eingeflossenen gemäßigten Luftmassen durch maritime Subpolarluft verdrängt, wodurch ein Temperaturrückgang um wenige Grad beobachtet werden konnte. Während die Höchsttemperaturen am Vortag noch verbreitet bei 8 bis 15°C lagen, registrierte man nun nur noch Temperaturmaxima im Bereich zwischen 5 und 10°C. Vor allem mit der Kaltfront war weiterhin ein Niederschlagsfeld verbunden, welches 12-stündig mitunter für zweistellige Mengen sorgte. Bis 07 Uhr MEZ wurden dabei am Feldberg im Schwarzwald 11,5 l/m², in Bergen 13 l/m² und in Bodø 17 l/m². Im Süden Norwegens war das Regengebiet stärker ausgeprägt, wodurch im selben Zeitraum sogar je 23 l/m² in Evanger und Modalen sowie 30 l/m² in Fossmark registriert werden konnten. In den darauf folgenden 12 Stunden wurden außerdem noch 6 l/m² im schwedischen Vidsel, jeweils 7 l/m² in Stötten und Thorshavn, 10 l/m² im finnischen Ilomantsi und 27 l/m² im norwegischen Laksfors verzeichnet. Im Bereich des Wirbels UWE I wurden währenddessen in Island bis 10 Uhr MEZ in 15 Stunden 12 l/m² in Stykkisholmur gemessen.

Während sich das Tief UWE I bis zum 10.12. etwa 500 km nach Süden verlagerte und sich dabei auf ca. 990 hPa abschwächte, zog die Zyklone UWE II nach Osten bis über die Halbinsel Kola. Die beiden Tiefdruckzentren waren um 01 Uhr MEZ durch Okklusionsfronten miteinander verbunden, die sich nördlich an Island vorbei über das Nordmeer und den Norden Skandinaviens erstreckten. Vom Kern des Tiefs UWE II verlief dann eine Warmfront nach Südosten über Russland. Die nachfolgende Kaltfront führte nach Südwesten über den Nordwesten Russlands, Weißrussland und Ostpolen bis nach Ungarn. Große Teile Russlands gelangten dadurch in den Warmsektor des Tiefs, welches den Bereich zwischen Warm- und Kaltfront beschreibt. In diesen flossen erwärmte subpolare Luftmassen ein, welche die Arktikluft der vorangegangenen Tage verdrängten. Als Folge konnte ein Anstieg der Temperaturen beobachtet werden. So beispielsweise erhöhte sich das Tagesmaximum in Sankt Petersburg von 3,6°C am Tag zuvor auf nun 7,5°C. Die Niederschläge entlang der Fronten fielen meist schwach aus und befanden sich unterhalb von 1 l/m². Lediglich vereinzelt konnten höhere Mengen gemessen werden, wie im finnischen Värriötunturit, wo bis 07 Uhr MEZ 12-stünidg 6 l/m² zusammen kamen. Ansonsten summierten sich vor allem in höheren Lagen die Niederschläge aufgrund von Staueffekten zu zweistelligen Werten auf. Im selben Zeitraum wie zuvor wurden dadurch am Kasprowy Wierch an der polnisch-slowakischen Grenze auf 1991 m Höhe 15 l/m² und auf dem Lysá hora in Tschechien auf 1324 m sogar 20 l/m² registriert.

Bis zum 11.12. nahm der sich intensivierende Wirbel VANECHKA das Tief UWE I in seine Zirkulation auf, wodurch dieses nicht weiter als eigenständiges Druckgebilde analysiert werden konnte. Das Tief UWE II verlagerte sich hingegen weiter nach Osten und befand sich um 01 Uhr MEZ über dem Delta der Petschora im Norden Russlands. Vom Kern führten eine Kaltfront nach Westen bis nach Karelien und eine Warmfront nach Südosten über den Ural nach Westsibirien. Nennenswerte Niederschläge konnten dabei nicht verzeichnet werden.

Das Tief UWE II zog im Verlauf des Folgetages weiter nach Osten, sodass es den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte verließ und nicht weiter analysiert werden konnte.

 

 

Geschrieben am 27.01.2016 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 09.12.2015

Pate: Uwe Patscheke