Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet VALENTIN

(getauft am 23.10.2015)

 

Am 23. Oktober 2015 um 01 Uhr MEZ wurde ein Tiefdrucksystem südwestlich von Island, da es Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa nehmen sollte, auf den Namen VALENTIN getauft. Zu diesem Zeitpunkt war in dem für Meteorologen wichtigen 500-hPa-Niveau, das ungefähr einer Höhe von 5500 m entspricht, ein recht gut ausgebildetes Höhentief zu erkennen. Tiefdruckgebiete im Bodenniveau entstehen in dieser Region durch das Aufeinandertreffen von kälterer Luft aus den höheren Breiten mit wärmeren Luftmassen aus niederen Breiten. Bei Tief VALENTIN traf maritime Arktikluft auf maritime Subtropikluft. Das System VALENTIN bestand dabei aus einer Doppelstruktur bestehend aus zwei Tiefdruckgebieten, die jeweils einen Kerndruck von etwa 985 hPa besaßen. Vom südwestlichen Zentrum, ca. 500 km südwestlich von Island gelegen, führten je eine Okklusion nach Südwesten bzw. Nordosten, wobei letztere in die Okklusion des anderen Tiefzentrums bei Reykjavik überging. Eine Okklusion stellt eine Mischfront dar, die sich aus dem Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront am sogenannten Okklusionspunkt bildet und dadurch Eigenschaften beider Frontenarten in sich vereint. Vom Okklusionspunkt über dem Süden Islands verliefen eine Warmfront nach Südosten bis westlich der Färöer und eine Kaltfront nach Südwesten bis weit hinaus über den Nordwestatlantik. Im Laufe des Tages zog die Zyklone VALENTIN mit ihrem Kern über Island hinweg und brachte in Reykjavik schwachen Wind aus südöstlichen Richtungen. Hinzu fiel teils schauerartiger Regen, der bis 10 Uhr MEZ in 15 Stunden für 15 l/m² in Dalatangi und 19 l/m² in Akurnes sorgte.

Bis zum Folgetag hatte das Tief VALENTIN Island überquert, so dass sich die Zentren am 24. Oktober um 01 Uhr MEZ östlich bzw. nordöstlich von Island über dem Europäischen Nordmeer befanden. Dadurch sorgte das Tief VALENTIN für eine weitere Abkühlung in Island, so dass die Temperaturen niedriger als zum Vortag ausfielen. Die Tageshöchsttemperaturen auf Island sanken verbreitet um 2 bis 3 Grad herab, da hinter den Ausläufern des Wirbels maritime Arktikluft einfloss. Der Wind drehte von Südost auf Nordost und frischte mit Böen der Stärke 5 bis 6 etwas auf. Der Kerndruck nahm um 5 hPa auf 980 hPa ab und die Isobaren, die Linien gleichen Luftdrucks, drängten sich stärker. Beide Tiefzentren waren zu diesem Zeitpunkt durch eine Okklusion miteinander verbunden. Vom östlichen Tief nahe Jan Mayen verlief einerseits eine Warmfront nach Südosten über Norwegen und andererseits erstreckte sich eine Kaltfront nach Südwesten über das Nordmeer, Schottland und Irland bis südwestlich der Azoren. Während in Deutschland noch das Hochdruckgebiet QUINTA auf das Wettergeschehen Einfluss nahm, überquerte die Kaltfront der Zyklone VALENTIN Schottland und Irland und brachte dort auch durchaus ergiebigen Regen von bis zu 30 l/m² mit sich, während in England meist nur noch 2 bis 4 l/m² registriert wurden. So fielen im schottischen Tyndrum zwölfstündig bis 07 Uhr MEZ 34  l/m² Regen. In Skye waren es derweil noch 25 l/m² und auf Valentia im Südwesten Irlands 22 l/m².

Zum darauf folgenden Tag hatte sich das Tief VALENTIN noch weiter über das Nordmeer nach Norden bewegt und lag nun über Spitzbergen. Der Kerndruck hatte bis um 01 Uhr MEZ abermals um 5 hPa abgenommen, so dass noch von 975 hPa gemessen werden konnten. Die Okklusion führte zu diesem Zeitpunkt vom Kern aus nach Nordwesten und spaltete sich dann in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront verlief nach Südosten bis zur russischen Küste und die Kaltfront erstreckte sich in Richtung Südwesten über Norwegen, Dänemark, die Niederlande, Belgien, Frankreich und die Biskaya, bevor sie über dem Nordwesten Spaniens rückläufig wurde und als Warmfront bis nach Madeira reichte. Hinter dieser Front wurde weiterhin maritime Polarluft herangeführt. Vor der Front floss zeitweise Luft der mittleren Breiten, als auch weiter im Süden Subtropikluft sowie erwärmte Subpolarluft im Norden ein. Auf Satellitenbildern konnte sehr gut die frontale Bewölkung der Zyklone erkannt werden. Als in der Nacht die Kaltfront die deutsche Nordseeküste und Nordwestdeutschland erreichte, gab es beispielsweise in Wrixum auf Föhr mit 1,4 l/m² nur noch ganz vereinzelt Regenmengen über einem Liter. Nach Osten fielen meist nur noch wenige Tropfen. Berlin überquerte die Kaltfront gegen 04 Uhr MEZ. Diese dichte Wolkendecke wurde an der bemannten Wetterstation in Berlin Dahlem als eine tiefe Wolkenart klassifiziert, ein sogenannter Stratocumulus, welcher auf einer Höhe von 1110 m  und 1500 m geschätzt wurde. Dabei blieb es in Berlin aber weitestgehend trocken. In Norwegen konnten hingegen deutlich größere Niederschlagsmengen registriert werden. So fielen 24-stündig bis 07 Uhr MEZ dieses Tages 45,9 l/m² in Kvamskogen-Jonshogdi, 46,6 l/m² in Fossmark, 47,1 l/m² in Kristiansand und 52,2 l/m² in Takle.

Zum 26. Oktober zog das Tief VALENTIN noch weiter nach Nordosten und somit auch die Kaltfront weiter in östliche Richtungen, denn das von der Biskaya ziehende Hoch SOPHIE hatte sich nach Mitteleuropa verlagert. Mittlerweile hatte sich die Kaltfront des noch weiter nördlich von Spitzbergen gezogenen Tiefs VALENTIN rasch abgeschwächt. Im weiteren Tagesverlauf zog das Tief VALENTIN aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte hinaus.


Geschrieben am 30.12.2015 von Christian Claus

Berliner Wetterkarte: 25.10.2015

Pate: Werner Poxleitner