Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet VALENTIN
(getauft
am 28.04.2019)
Ende
April 2019 entwickelte sich über Osteuropa ein neuer, eigenständiger
Tiefdruckwirbel, der anhand der Prognosekarte für 12 Uhr UTC bzw. 14 Uhr MESZ des
28.04. auf den Namen VALENTIN getauft wurde. Dieser Wirbel hatte sich über
Weißrussland entlang der sich wellenförmig deformierenden Front des von Island
bis Südskandinavien reichenden Tiefdruckkomplexes THEODOR entwickeln können und
befand sich gegen 00 Uhr UTC des 29.04. mit einem Kerndruck von etwa 1010 hPa
über der Ukraine, westlich von Kiew. Zu diesem Zeitpunkt ging von seinem
Zentrum sowohl eine Warm- als auch eine Kaltfront aus: Die Warmfront reichte
über Warschau und Kopenhagen nach Nordwesten und verband sich über Norwegen mit
der Okklusionsfront eines südlich von Island liegenden Sturmtiefs, während sich
die Kaltfront in südlicher Richtung über Chișinău (Moldawien) bis nach Constanța
(Rumänien) zog. Aufgleitvorgänge im Kernbereich des Tiefs VALENTIN sowie
entlang dessen Frontensystems hatten die Ausbildung eines markanten
Niederschlagsfeldes zur Folge, welches sich im Laufe des 29.04. mit dem Wirbel
nach Süden verlagerte. Aufgrund seiner sehr geringen
Verlagerungsgeschwindigkeit fielen die Niederschläge in einigen Regionen zum
Teil recht ergiebig aus: So wurden beispielsweise während teils gewittriger
Schauer binnen 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des 30.04. in Isjum 12,0 mm, bei Sarny
17,0 mm und in Schytomyr 19,0 mm gemessen. In Kiew brachten Gewitter in der Nacht
innerhalb von 12 Stunden gar bis zu 21 mm mit sich. In den Abend- und
Nachtstunden weiteten sich die Niederschläge auch auf Rumänien aus. Erste
lokale Schauer und Gewitter führten dort zwischen 1,2 und 6,2 mm und in Drobeta
Turnu Severin bis zu 12,4 mm mit sich. Während sich das Tief über Südosteuropa
langsam nach Rumänien verlagerte, schritt dessen Warmfront über Mitteleuropa
mit dichten Wolken und vielerorts sehnlichst erwarteten Regen über Deutschland
in Richtung der Alpen voran. Auch wenn in der Nordhälfte Deutschlands die
Niederschlagsmengen zumeist unter fünf Millimetern lagen, waren sie im Bereich
der östlichen Mittelgebirge Sachsens und Bayerns sowie im Stau der Ostalpen
deutlich intensiver ausgeprägt: 24-stündig wurden in Dresden 12,4 mm, bei Chieming
18,3 mm und auf dem Marienberg 21,3 mm registriert. Auf der Zugspitze konnten
25,5 mm, in Inzell 31,1 mm und im österreichischen St. Pölten bis zu 36,0 mm
registriert werden. Im Gegensatz dazu wurden beispielsweise in Berlin-Dahlem im
selben Zeitraum lediglich 1,1 mm Niederschlag gemessen. Im gesamten Monat April
waren mit diesem an der Station 6,0 mm gefallen, was nur 14,2 Prozent des
mittleren Niederschlags für jenen Monat entspricht. Nach Abzug der Warmfront
lockerte die Bewölkung auf und die Sonne konnte sich sowohl im Norden als auch
im Osten des Landes durchsetzen, wodurch sich die hinter der Warmfront
einfließenden Luftmassen rasch erwärmen konnten. Waren tags zuvor in Schleswig
10,9°C, in Berlin-Dahlem 13,1°C und in Manschnow 14,9°C gemessen worden,
kletterte das Quecksilber im Laufe des 29.04. auf 17,1°C und 17,6°C in
Berlin-Dahlem beziehungsweise in Schleswig sowie auf bis zu 18,9°C im
brandenburgischen Manschnow.
Gegen
00 Uhr UTC des 30.04. hatte das Zentrum des Wirbels VALENTIN Rumänien erreicht
und lag mit einem Druck von weiterhin knapp 1010 hPa nördlich von Bukarest.
Seine vom Zentrum nach Westen reichende Warmfront hatte sich zu einer
Okklusionsfront ausprägen können. Als Okklusionsfront wird dabei eine
Mischfront bezeichnet, die Eigenschaften von sowohl Warm- als auch Kaltfront
aufweist und oftmals durch ergiebigen Regen geprägt ist. Diese zog sich vom
Kern entlang des Karpatenbogens nach Westen und weiter über Wien, Trier und
Brüssel bis zur Nordsee östlich von Norfolk. Die Kaltfront erstreckte sich
hingegen in einem Bogen über Sofia, Thessaloniki und das Mittelmeer in
südwestlicher Richtung bis nach Tunesien und endete, ab Tunesien den Charakter
einer Warmfront annehmend, über dem äußersten Osten Algeriens. Aufgrund der Nähe
zum Schwarzen Meer konnte das Tief zusätzlich an Feuchtigkeit gewinnen, wodurch
dessen Niederschläge entlang der nach Südosten voranschreitenden
Okklusionsfront sowie im Bereich des Zentrums an Intensität noch gewinnen
konnten. Besonders über Rumänien fielen dabei vielerorts Niederschlagsmengen
jenseits der 20-mm-Marke. So brachten Schauer und teils starke Gewitter in
Sibiu 27,0 mm, in Deva 47,0 mm und in Caransebeș 48,6 mm an Niederschlägen mit sich. Östlich von Bukarest konnte während eines starken
Gewitters die Ausbildung eines Tornados beobachtet werden, der bei Drajna Nouă den Boden berührte und nach Meldungen Windgeschwindigkeiten zwischen 250 und 300
Stundenkilometern erreichte. Die nächst gelegenen Wetterstation im knapp 30 Kilometer südlich gelegenem Călărași meldete während
des Durchgangs der Gewitterlinie, entlang derer sich die Windhose hat
entwickeln können,
markante Böen
jedoch ohne nennenswerten Niederschlag: Wurden dort zuvor Windspitzen zwischen
15 und 20 km/h gemessen, erreichte der während der Gewitter von Nordost auf Südwest drehende Wind Spitzengeschwindigkeiten
von 97,3 km/h. Dies entspricht Stärke 10 auf der Beaufortskala, schwerem Sturm.
Nach Durchgang der Gewitterlinie flaute der Wind ebenso rasch wieder ab. An der
Westflanke des Wirbels kam es über einigen Regionen des östlichen Balkans, die
zuvor bereits durch ein regenreiches, sich jedoch auflösendes Tief über Italien
beeinflusst worden waren, erneut zu teils ergiebigen Niederschlägen: Innerhalb
von 24 Stunden wurden aus dem südungarischen Szeged
12,0 mm, aus Dubrovnik 19,2 mm und dem serbischen Sremska Mitrovica 21,0
gemeldet. Auch über dem östlichen Alpenraum hielten die Niederschläge entlang
der sich nach Südwesten verlagernden Okklusionsfront weiter an. In Fürstenzell
konnten 22,5 mm, in der Innenstadt von Wien 33,0 mm und am Flughafen von
Salzburg 38,1 mm gemessen werden. In der niederösterreichischen Gemeinde
Puchberg waren sogar 55,1 mm binnen 24 Stunden gefallen. Wie schon zuvor über
Norddeutschland stellte sich hinter der Okklusionsfront auch über Österreich
ein ruhigerer und sonniger Witterungsabschnitt mit Temperaturen über der
20°C-Marke ein, ehe im Laufe des 02. und 03.05. Ausläufer des Tiefs WERNER mit Zentrum
über Fennoskandinavien erneut Niederschläge mit Regenmengen zwischen einem und
fünf, lokal bis zu zwanzig Millimetern nach Mitteleuropa und in die östlichen
Alpenanlieger brachten. Im Laufe des 30.04 begann das Zentrum des Wirbels
VALENTIN von seiner zuvor eingeschlagenen südlichen Zugbahn nach Nordosten
abzudrehen. Mit ihm verlagerten sich auch dessen durch Gewitter geprägten
Starkniederschläge von Rumänien über die Karpaten in Richtung der Ukraine, die
in Comrat (Moldawien) 9,0 mm, bei Czernowitz 24,6 mm und in Ternopil 36,0 mm
mit sich führten.
Mit
einem um 5 hPa gefallenen Kerndruck befand sich das Zentrum des Tiefs VALENTIN
um 00 Uhr UTC des 01.05. nordwestlich von Chișinău über
Moldawien. Zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich östlich des Kerns eine Warmfront entlang der Schwarzmeerküste über
Odessa und Krasnodar nach Osten, eine ihr folgende Kaltfront reichte über Warna
(Bulgarien) und Athen nach Süden und eine westlich des Kerns liegende
kleinskalige Okklusionsfront erstreckte sich bis Cluj-Napoca (Rumänien).
Entlang dieser Okklusionsfront kam es zunächst noch zu weiteren lokalen
Schauern und kurzen Gewittern, ehe sich auch über Rumänien und den angrenzenden
Regionen im Bereich eines sich von Mitteleuropa nach Südosten verlagernden
Zwischenhochs ein ruhigerer Witterungsabschnitt durchsetzen konnte. Zuvor
wurden jedoch innerhalb von 24 Stunden bei Călărași noch 6,6 mm, in
Iași noch 8,1 mm und in Caransebeș bis zu 15,2 mm gemessen. Während entlang der kaum wetteraktiven Warm- und Kaltfront nur lokal
größere Niederschlagsmengen registriert werden konnten (Odessa 8,0 mm), zog das
wesentlich markanter ausgeprägte Niederschlagsfeld im Kernbereich des Wirbels
mit dem sich allmählich abschwächenden Tief aus Moldawien und der westlichen
Ukraine in Richtung Südwestrussland ab. Durch letzte gewittrige Schauer waren
zuvor binnen 12 Stunden im moldawischen Soroca noch bis zu 8,0 mm gefallen. In
Kiew wurden dagegen durch die neu aufziehenden Niederschläge 24-stündig 14,3 mm
und in Tschernihiw 18,0 mm registriert. Im nahe Kursk gelegenen russischen Liwny
konnten, obwohl die Niederschläge vielerorts allmählich an Stärke verloren,
12,0 mm, im südlich davon gelegenem Woronesch 17,0 mm
und in Nowoanninski, nordwestlich von Wolgograd, gar bis zu 33,0 mm gemessen
werden.
Zum
02.05. war das Zentrum des zunehmend an Intensität verlierenden
Tiefdruckwirbels VALENTIN über die westliche Ukraine hinweg gezogen und lag mit
einem auf 1000 hPa gefallenen Kerndruck gegen 00 Uhr UTC jenseits des Dnepr,
östlich von Kiew. Seine Warmfront reichte von seinem Zentrum über Wolgograd in
Richtung Kasachstan. Die ihr folgende und in Teilen bereits den Charakter einer
Okklusionsfront aufweisende Kaltfront beschrieb hingegen einen weiten Bogen
über Luhansk und Kransodar über das Schwarze Meer in Richtung Ankara. Des Weiteren
erstreckte sich eine schwache und lediglich in der Höhe analysierbare
Okklusionsfront westlich des Kerns ausgehend über Odessa nach Süden auf das Schwarze
Meer hinaus. Bereits in den folgenden Stunden schwächte der sich in Auflösung
befindliche Wirbel soweit ab, dass dieser nachfolgend nicht mehr als
eigenständiges Tief auf der Berliner Wetterkarte analysiert und somit auch
nicht mehr namentlich auf jener verzeichnet werden konnte. Seine Reste wurden
im Tagesverlauf in die Zirkulation des über Finnland liegenden Tiefs WERNER aufgenommen,
dessen weitreichende Ausläufer anschließend sowohl für Mitteleuropa und Skandinavien
als auch für Westrussland wetterbestimmend wurden. Letzte dem Tief VALENTIN
noch zuzuordnende Niederschläge verlagerten sich in Richtung des Urals und
brachten verbreitet fünf und in einigen Regionen bis zu zehn Millimeter mit
sich: Samara meldete 7,0 mm, Niznij Novgorod 8,0 mm, und Arsamas 11,0 mm
innerhalb von 24 Stunden.